Samstag, 18. August 2012

Noctambule III: Wer bin ich?

Dies ist ein Kapitel aus KayGees Noctambule Band Drei. Für eine Inhaltsübersicht zu bereits veröffentlichten Inhalten schaut doch bitte hier: Inhaltsübersicht Noctambule III

Miriam öffnete die Augen und blinzelte, denn sie blickte genau auf ein kleines Fenster. Eine hübsche Gardine blähte sich leicht in einem Windhauch, der den Duft von frischem Gras herein wehte. Sie konnte tiefblauen Himmel erkennen, an dem keine noch so kleine Wolke sich blicken ließ und hörte das fröhliche Gezwitscher einiger Vögel.


Als Miriam den Kopf drehte, um das Zimmer zu erspähen, zuckte ein heftiger Schmerz durch ihren Kopf, der sie zu langsamen Bewegungen zwang. Das Zimmer war klein, aber sehr sauber und offenbar vor nicht allzu langer Zeit frisch gestrichen. Außer ihrem Bett befand sich nur ein Spiegel an der gegenüberliegenden Wand und eine hübsche Kommode in dem Raum, auf der eine kleine Tonvase mit frischen Wiesenblumen stand.
Benommen schloss Miriam die Augen und versuchte sich zu erinnern, wie sie hier her gekommen war. Es gelang ihr nicht und der Kopfschmerz hinderte sie daran, in tieferes Grübeln zu geraten.
Als sie die Hand zur Schläfe hob und dem Schmerz hinterher tastete, fühlte sie eine verschorfte Stelle unter den Haaren, was sie die Stirn runzeln ließ. Wieder öffnete sie die Augen und befühlte das Bettzeug. Die Wäsche roch sauber und fühlte sich recht weich an. Der Stoff selbst war grob, aber weich und die Decke dick genug, um sie angenehm warm zu halten.
Als sie mit vorsichtigen Bewegungen an sich herunter sah, erkannte sie das schlichte Nachthemd, das sie trug. Sie kannte dieses Nachthemd nicht und hatte keine Ahnung, wer es ihr angezogen hatte. Alleine der Gedanke, dass ein Mann sie ausgezogen und in die Nachtwäsche gesteckt hatte, färbte ihre Wangen dunkelrot vor Scham.
Sie schloss die Augen wieder und versuchte, die beschämenden Gedanken dadurch los zu werden, indem sie auf Geräusche in dem Haus und gleichzeitig dem Gesang der Vögel lauschte, der ihr das Gefühl von Frühling vermittelte. Miriam befand sich in einem seltsamen Schwebezustand, der nur hin und wieder durch einen stechenden Schmerz im Kopf unterbrochen wurde. Schließlich dämmerte sie wieder ein und wurde durch den pelzigen Geschmack in ihrem Mund wieder wach.

Der Durst war plötzlich gekommen und mit solcher Heftigkeit, dass sie unruhig wurde. Als sie sich aufrichtete, pochte es so heftig in ihrem Kopf, dass sie leise stöhnte. Sie fühlte sich durch und durch erhitzt an und ihre Glieder waren schwer wie Blei. Aber der Drang nach Wasser war stärker als die Schmerzen im Kopf und so schlug sie die Decke zurück und schob vorsichtig ihre nackten Beine aus dem Bett.
Die Holzdielen unter ihren nackten Füßen waren kalt, aber das tat Miriam genau so gut wie die erfrischende Kühle, die sie nun am Körper spürte. Vorsichtig stand sie auf und machte einen Schritt, doch sofort wurde ihr schwindlig. Stolpernd stieß sie an die Kommode, doch ihre Hände rutschten kurz ab und fegten die Vase von der Kommode. Klirrend zerbrach sie auf dem Boden und die hübschen Blumen verstreuten sich auf dem Holz.
Miriam biss sich auf die Lippen und schloss kurz die Augen. Von draußen näherten sich eilige Schritte, die Tür öffnete sich und eine Frau kam herein. Sofort fühlte sich Miriam zu ihre hingezogen. Graue Haare waren zu einem ordentlichen Zopf geflochten und bildeten einen Kranz um ihren Kopf. Blaue Augen leuchteten besorgt aus einem rundlichen Gesicht, das besonders durch die kleinen Lachfalten um die Augen geprägt wurde. Das einfache Kleid war so sauber, wie ihre Schürze feucht und schmutzig war.
Die Frau sah auf die Tonscherben und schlug die Hände erschreckt zusammen. Hastig kam sie zu Miriam und griff stützend um ihre Taille.
"Kind, du musst doch nur einfach rufen! Du hättest stürzen können! Nein, du legst dich sofort wieder hin! Pass auf und schneid dich nicht an den Scherben, Kind." Miriam starrte sie blinzelnd an, ließ sich aber verwirrt und ohne Gegenwehr wieder zum Bett führen. Mit leisem Stöhnen sank sie auf die Matratze, deren fest gepresstes Stroh leise knisterte.
"Es tut mir so leid." murmelte sie verstört, aber die Frau strich ihr nur liebevoll über die Haare.
"Ach, Papperlapapp! Ist doch nur eine Vase. Leg dich hin.. vorsichtig.. so ist gut." Sie zwang Miriam sanft zurück auf das Kissen und zog fürsorglich die Decke wieder über sie. Dann richtete sie sich auf und musterte Miriam aufmerksam.
"Sicher hast du Durst? Warte, ich hole dir frisches, klares Brunnenwasser, das wird dir gut tun!" Mit einem ermunternden Lächeln huschte sie hinaus, achtlos über die Tonscherben steigend. Nicht einmal eine Minute verging, ehe sie mit einem Tonbecher und einem Krug zurückkehrte und sich auf Miriams Bettkante setzte. Miriam richtete sich halb auf, stützte sich auf einem Arm ab und griff dankbar nach dem Becher. Das Wasser war kalt und schmeckte köstlich. Mit jedem Schluck verspürte Miriam mehr Durst und der Becher war viel zu schnell leer. Lächelnd füllte die Frau den Becher wieder und sah schweigend zu, wie Miriam auch diesen in einem Zug leerte.
Als sie nun den Becher absetzte und die fremde Frau fragend betrachtete, nickte diese nur und nahm ihr den Becher aus der Hand, damit Miriam sich wieder hinlegen konnte.
"Wo bin ich hier? Und warum bin ich hier?" fragte Miriam schließlich scheu. Die Frau stellte Becher und Krug auf den Boden und faltete die Hände im Schoß.
"Meine Söhne haben dich am Fluss unten gefunden. Du hast im Wasser gelegen und kannst Gott dankbar sein, dass du nicht ertrunken bist, Kind. Sie haben dich heraus gefischt und nach Hause gebracht. Du hast uns allen einen mächtigen Schreck eingejagt, das glaub mir ruhig! Du hattest sehr hohes Fieber und warst einen ganzen Tag und die ganze Nacht bewusstlos!" berichtete sie nun, lächelte aber dabei und legte fragend den Kopf schief. Miriam lauschte ihr, als hörte sie ein fremdes Märchen. Sie fand keine Erklärung dafür, in einen Fluss gefallen zu sein.
"Verzeih, ich bin richtig unhöflich. Natürlich muss ich mich vorstellen, nicht wahr? Ich bin Caterine Chevrier." riss die Frau sie nun aus ihren Gedanken.
"Magst du mir nicht deinen Namen sagen?" Miriam starrte Caterine mit großen Augen an, in denen sich mehr und mehr Verzweiflung breit machte.
"Ich.. ich weiß meinen Namen nicht." hauchte sie verstört.

1 Kommentar:

  1. Ich hatte es schon beim Namen des Kapitels befürchtet!

    Es geht so gut los. Miriam wacht im Bett auf micht nichts als einer heftigen Gehirnerschütterung und einer verheilten Platzwunde. Ich denke es könnte sich noch eine saftige Erkältung dazugesellen. Aber für den Unfall den sie gehabt hat, ist das schon so ziemlich das Optimum. Naja .. wäre!!!

    Ihren Namen weiss sie nicht. Aber was weiß sie denn noch?

    Es wird schwierig werden zu dem Landgut zu kommen, wenn sie nicht einmal mehr weiß, dass sie dort hinwollte.

    Und Sergej wird dort vergeblich auf sie warten.

    Miriam ist genau in der falschen Umgebung. Sie kennt das Haus nicht, die liebevollen Leute nicht und nicht einmal die Gegend von Marseille dürfte sie kennen.
    Doch wird sie etwas brauchen, dass sie kennt um ihre Erinnerung zurück zu bekommen.

    Hoffentlich findet sie Sergej und hoffentlich reicht das um sich zu erinnern.
    Und ich hoffe genauso, dass sie nicht in irgendeinem Wahn alles über die Vampire ausplaudert!

    Ach man.. Das ist wirklich eine hochkomplexe Wendung.

    LG
    Joe

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