Dienstag, 14. August 2012

15th Avenue Ecke 43th Street

Dies ist eine Fortsetzungsgeschichte. Für eine Inhaltsübersicht zu bisherigen Inhalten schaut doch bitte hier: Übersicht Nadja

Der Polizist sah seinen Kollegen etwas ratlos an. "Klingt ausländisch.", meinte er trocken und zuckte die Schultern. "Ich kenne den Namen.", beharrte der andere nun. "Ich kenne auch jede Menge Namen. Was willst du mir damit sagen?" "Das ist ja nun nicht grad ein Name den man täglich liest.", entschuldigte er sich nun etwas. Mykola hatte das Schauspiel etwas verdutzt verfolgt. Was die Männer geredet hatten, hatte er nicht wirklich verstanden. Er befürchtete ein wenig, es könnte mit seinem Pass ein Problem geben. "Ich suche meine Tochter.", erklärte er so gut er konnte auf Englisch.

Jetzt zuckte der Polizist zusammen. "In die Klasse meiner Tochter geht ein Mädchen mit genau diesem Nachnamen. Ein ganz reizendes Ding. Und sie wohnt mit ihrer Mutter zusammen.", raunte er leise. "Und die hat den gleichen Nachnamen wie dieser Mann?", hakte der Kollege etwas ungläubig nach. "Wenn ich's dir doch sage. Und er hier sucht seine Tochter." Mykola folgte der Unterhaltung so gut er konnte. Doch die Polizisten hatten leise gesprochen und so war der Sinn der Worte wieder auf der Strecke geblieben.

"Hier ist Schlafen verboten.", widmete sich der Kollege nun wieder dem eigentlichen Thema. Mykola deutete etwas ungläubig auf die Parkbank. "Hier nicht schlafen?", hakte er verdutzt nach. Ein Nicken war prompt die Antwort. Dann deutete der Mann mit dem Arm eine Richtung an. "Dort liegt das Obdachlosenheim. Sie können dort schlafen." "Dort schlafen?", hakte Mykola nach und ärgerte sich maßlos, dass er nicht verstand, was der Bulle ihm erklärte. Der zog nun kurzerhand einen Zettel aus der Tasche. '15th Avenue/43th Street', notierte er darauf und drückte ihn Mykola in die Hand. "Gehen sie dort hin. Dort schlafen.", erklärt er eindringlich.

Mykola stutzte. Schnell war ihm klar, dass dies eine Adresse sein musste. Aber was dort liegen sollte, war ihm nicht klar. Er zog seinen Stadtplan aus der Tasche und entfaltete ihn. Der Polizist rollte mit den Augen und der Kollege, der den Namen erkannt hatte, musste spontan lachen. "Ein Penner mit einem Touristenvisum und einem Stadtplan. Sachen gibts." Reflexartig hatte der Polizist den Stadtplan angeleuchtet und Mykola versuchte nun eifrig die Adresse zu finden, die der Polizist ihm aufgeschrieben hatte. "Hier.", verkündete er dann und legte seinen Finger auf eine Stelle. Beide kontrollierten sie das Suchergebnis und nickten Synchron.

"Dorthin gehen. Dort schlafen.", erklärte der Wortführer nun wieder und diesmal nickte Mykola. Ein wenig erwartete er nun, dorthin gebracht zu werden. Doch die Polizisten machten keine Anstalten ihn anzufassen. "Jetzt!", setzte der Polizist noch nach. Mykola faltete den Stadtplan wieder zusammen und löste die Schnur von seiner Tasche. Dann schließlich verpackte er noch schnell die Decke und war abmarschbereit. Zögerlich stand er auf. "Da lang!", leuchtete ihm der Polizist mit der Taschenlampe den Weg. "Nicht im Park schlafen.", setzte der Kollege dann noch nach und Mykola ging zögerlich los.

Die Polizisten setzten ihre Streife in die andere Richtung fort, drehten sich aber immer wieder mal um, um zu kontrollieren, dass der Mann auch weiter ging. "Das Mädchen lebt nur mit ihrer Mutter zusammen. Ich kenne sie von den Elternversammlungen in der Schule." "Und du glaubst da gibt's einen Zusammenhang?" "Ich werde sie jedenfalls morgen mal anrufen.", erklärte er dann ruhig.

4 Kommentare:

  1. Die Ärmste bekommt einen Schock.
    Aber wenigstens sind Mutter und Tochter dann vorgewarnt.

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  2. oh je, man kann wohl leider nicht weit genug von dem Mistkerl weg sein. Hoffentlich geht das gut aus. Aber mit Sicherheit nicht. Sonst wäre es ja langweilig. Ich will meeeeehr lesen. Kann der Autor nicht auch noch mittags eine Geschichte schreiben? :P *frech frag*

    LG
    Claudi H.

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  3. Lelya wird nicht nur schockiert sondern wohl auch peinlich berührt sein. Immerhin besteht nun die Gefahr, dass in der Schule bekannt werden könnte, dass der Vater als Penner durch die Stadt wankt.

    Das Obdachlosenheim ist eine feine Adresse für Mykola. Dort ist die Gefahr beklaut zu werden, angenehm hoch und so manche Laus oder mancher Floh könnte überspringen. Schließlich bekommt man nciht oft ukrainisches Blut zu probieren :-)

    Mich überrascht, wie genügsam und brav Mykola ist. Man könnte beinahe eine gewisse Demut dahinter vermuten, aber ich bin noch immer nicht geneigt, dem Kerl zu trauen. Zudem er immer nur von einer Tochter redet, obwohl er ja schließlich zwei hat. Das ist herzlos.

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  4. Und wieder eine Wendung die wir alle nicht erwartet haben^^. Also waren das doch andere Polizisten als die die bei Nadja und Joe waren. Hoffentlich vergisst der nette Polizist nicht Lelya anzurufen und ihr von der Begegnung zu erzählen. Klar ist es vielleicht etwas peinlich, dass ihr Ex als Penner im Park schläft, aber dann ist sie wenigstens vorgewarnt.
    Der Weg zum Obdachlosenasyl ist vielleicht ja noch weit und nachts auf den Strassen kann ja noch so viel passieren^^. Wie wäre es denn mit der Bekanntschaft einer "netten" kleinen Strassengang die auf der Suche nach Streit ist? *hust*

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