Mittwoch, 22. August 2012

Noctambule III - Rückblick: Der wütende Mob

Dies ist ein Kapitel aus KayGees Noctambule Band Drei. Für eine Inhaltsübersicht zu bereits veröffentlichten Inhalten schaut doch bitte hier: Inhaltsübersicht Noctambule III

Armand konnte durch das Inferno hindurch die vielen Schatten sehen, die sich auf Brid und Agnes warfen. Kurz entschlossen wählte er das Fenster des Schlafzimmers, dessen Läden gerade Feuer fingen. Er hielt die Luft an, denn der Raum war bereits mit dicken Rauchschwaden gefüllt, zog den Kopf ein und sprang.


Sein Körper durchbrach das brennende Holz der Fensterläden und flog weit aus dem Haus.
Er fühlte, dass er im Sprung einen Mann mitgerissen hatte, rollte sich geschmeidig ab und war sofort auf den Beinen. Immer mehr Männer stürmten heran. Stumm ging Armand zum Angriff über. Er pflügte förmlich durch die Männer, viel zu schnell, um ihnen eine Möglichkeit der Reaktion zu geben. Das Dach des Hauses brach stellenweise ein, Funken flogen und die frische Luftzufuhr ließ die Flammen heller auffauchen. Auch Armand machte das Tageslicht zu schaffen.
Seine Haut rötete sich massiv, die Helligkeit blendete seine lichtempfindlichen Augen, die Sorge um Brid und Agnes hinderten ihn am konzentrierten Kampf. Er warf einen Blick über die Schulter und entdeckte Brid, die gerade einen Körper gegen drei andere warf. Ihre wilden Locken flogen herum, grüne Katzenaugen voller Schmerz und Zorn trafen seine schwarzen. 

Eine Sekunde später weiteten sich ihre Augen plötzlich und ein erstaunter Ausdruck huschte über ihr schönes Gesicht. Sie blickte an sich herunter und sah die scharfe Spitze einer Sense aus ihrer Brust ragen, ehe ihr Mörder sie wieder zurück riss und erneut zuschlug. Dann übermannte sie der Schmerz.
Armand brüllte und stürmte los. Männer, die sich auf ihn stürzen wollten, flogen reihenweise durch die Luft, Armand duckte sich instinktiv unter Knüppeln, Beilen und Heugabeln hinweg. Die letzten Meter flog er fast waagerecht, zerrte drei Männer zu Boden und kniete nur einen Lidschlag später neben der gestürzten Brid. Sie starrte ihn traurig an und öffnete den Mund, doch Armand wurde von einem Schlag in den Rücken getroffen, ehe er ihre Worte hören konnte. 

Er schrie vor Schmerz und stürzte über Brids Körper.
Mit aller Kraft befreite er sich von einem Mann, der sich über ihn geworfen hatte. Der gellende Schrei von Agnes holte ihn wieder auf die Beine. Zwei Männer hielten die strampelnde Agnes an Armen und Beinen und schwenkten ihren Körper, um sie in die Flammen zurück zu werfen. Blut lief über ihr Kinn von einem Schlag auf die Wange, der ihre Haut aufgerissen hatte. Armand packte das Genick des einen Mannes und riss dessen Kopf zurück. Knirschend brach die Wirbelsäule und er sackte lautlos zusammen. Armand ließ ihn los und riss Agnes aus den Fängen des zweiten. Er warf sich das Mädchen über die Schultern und rannte einfach los.
Seine Sprünge waren auch mit der Last auf der Schulter länger und schneller als die eines Menschen. Wäre er alleine gewesen, hätte er längst das Weite gesucht, dachte er verbittert, als er zwei Männer aus dem Weg schleuderte. Doch nun hatte er nur Agnes retten können. Eine geworfene Axt surrte an seinem Kopf vorbei und er schlug einen Haken. Fauchend entdeckte er den Priester, der in sicherer Entfernung Gebete vor sich hin murmelte. Doch Armand verzichtete auf einen Angriff. Die Kapuze war längst von seinem Kopf gerutscht und seine Gesichtshaut begann schmerzhafte Blasen zu werfen. Er musste aus dem Sonnenlicht heraus und hechtete auf den Wald zu. Hinter ihm johlte die Menge triumphierend, als das Dach des Hauses komplett einstürzte.
Armand warf einen Blick über die Schulter zurück und blieb stehen. Er sah die blonden Locken von Brid und die Kehle schnürte sich ihm zu. Vier Männer hatten ihren Körper aufgehoben, nachdem sie wild auf ihn eingestochen hatten. Brids Gesicht war aus der Ferne nicht zu erkennen, doch das Blut auf ihrem Körper machte Armand klar, dass ihr Schicksal besiegelt war. Stöhnend sah er, wie der schlanke Körper seiner Geliebten in das Feuer geworfen wurde.
Eine große Gruppe von Männern nahm die Verfolgung von Armand auf. Er warf sich herum und floh über die Wiesen auf den Wald zu, gedanklich völlig gelähmt. Sein Instinkt leitete ihn in den erlösenden Schatten der Bäume, doch noch gönnte er sich keine Ruhe. Agnes schien das Bewusstsein verloren zu haben, was ihn für den Moment beruhigte. Er hörte den Lärm der Männer, die sich Befehle und Richtungsangaben zubrüllten und wich unbewusst Bäumen und Ästen aus, die seinen Weg kreuzten.
Die Richtung, die er einschlug war ihm egal. Er hatte sich nicht orientiert auf seiner Flucht und hoffte nun, nicht direkt auf die waldfreie Stadt zuzulaufen. Doch das Schicksal meinte es diesmal gut mit ihm. Er rannte, bis der Schweiß seine Kleidung durchtränkt hatte und er kaum noch Luft bekam. Selbst dann hielt er nur inne, um neue Kraft zu schöpfen und floh dann weiter.
Wie lange er gelaufen war, wusste er nicht. Irgendwann hatte der Lärm hinter ihm aufgehört und eine große Strecke weiter kroch er zitternd vor Schwäche in ein Dickicht, legte dort Agnes vorsichtig auf den Boden und fiel einfach um. Keuchend pumpte er Luft in seine brennenden Lungen und ließ zu, dass seine Beine unkontrolliert zitterten. Er hatte überlebt. Vor wenigen Stunden noch hatte er glücklich neben seinen beiden Frauen gelegen. Nun dachte er an Brid und seine Tränen liefen über das Gesicht und sickerten in den Boden.

1 Kommentar:

  1. Ich hatte ja schon den Unkenruf geäußert, dass diese Dreierbeziehung nicht dauerhaft gut gehen wird.

    Doch damit hatte ich nicht gerechnet.

    Brid hat ihre Kopflosigkeit und den Beschützerinstinkt für Agnes mit dem Leben bezahlt.
    Aber Armand und Agnes werden auch noch ihren Preis zu zahlen haben.

    Armand ist also davongekommen mit einer bewusstlosen Agnes über der Schulter. Die beiden werden erstmal verarbeiten müssen, was da geschehen ist.
    Tags zuvor noch hat Brid ihre Überlegenheit an Agnes demonstriert und ihr einen kleinen Schrecken einjagen wollen. Und nun musste sie bitte erkennen, welche Gefahr Menschen in Masse ausmachen.

    Doch was wird nun?

    Wie verfährt Armand weiter mit Agnes? Er hat ja definitiv etwas für das Mädchen übrig. Doch hat er die gleiche Inbrunst bei ihrer Beschützung wie Brid? Wird er sie zu seiner Gespielin machen und sie erleidet das Gleiche Schicksal wie Inga, vor nicht allzu langer Zeit?
    Wird er sie verwandeln?

    Oder schickt er sie davon?

    Auf Agnes wartet jedenfalls noch ein wehr ungewisses Schicksal. Sie ist keineswegs gerettet.

    Lg
    Joe

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