Dienstag, 5. April 2011

Noctambule II: Unruhige Miriam

Dies ist ein Kapitel aus KayGees Noctambule Band Zwei. Für eine Inhaltsübersicht zu bisherigen Inhalten schaut doch bitte hier: Inhaltsübersicht Noctambule II

Miriams behütetes Leben war aus den Fugen geraten. Ihre neue Freundin war verschwunden und auf Grund der seltsamen, äußerst brutalen Todesfälle hatte ihr besorgter Vater ihr Hausarrest erteilt, den sie nur mit lautstarkem Protest hinnahm. Die Tatsache, dass auch der Herzog ums Leben gekommen war, beunruhigte nicht nur Miriams Eltern. Die leitende Position des Herzogs bei der Garde musste dringend ersetzt werden, um die mysteriösen Vorfälle zu klären. Bis dahin hatte der Comte stellvertretend sein altes Amt wieder übernommen. Täglich schwirrten bei dem Comte de Moureaux Besucher mit Neuigkeiten ein und aus, die Miriam beim Abendessen mit atemloser Neugierde aus ihrem Vater herausquetschte. Aber weder von Anya noch von Armand gab es irgendeine Nachricht.


Nach zwei Wochen Hausarrest hielt sie es kaum noch aus und schickte eines der Dienstmädchen zu Armands Haus, um nachfragen zu lassen. Aber sie kam unverrichteter Dinge zurück. Der Butler hatte ihr erklärt, dass die Herrschaften noch nicht zurückgekehrt seien und er keine Nachricht habe, wann sie ankommen würden. Seufzend versuchte sich Miriam mit langweiligen Dingen wie Sticken, Knüpfen oder Tanzunterricht abzulenken. Aber das alles füllte sie lange nicht so aus wie die täglichen Ausflüge mit Anya.
Ihre Mutter zu überreden gab sie schnell wieder auf.
"Wenn Papa das bestimmt hat, dann wird es seinen Grund haben, Kind. Füge dich einfach seinen Anweisungen." kam die abgeklärte Antwort, die Miriam nicht im Mindesten akzeptieren konnte. Sie suchte ihren Vater auf.
"Papa, wieso darf ich denn immer noch nicht hinaus? Alle Dienstboten dürfen! Und ihnen geschieht gar nichts!" Mit flehenden Augen sah sie ihren besorgten Vater an.
"Nein, Kind, sie dürfen nicht, sie müssen! Schließlich muss ja jemand auf den Markt und allerlei Kram einkaufen, damit wir leben können, nicht wahr? Schließlich wird ja nicht alles ins Haus geliefert!" Miriam stampfte auf.
"Aber das ist doch Unfug! Mir ist auch früher nichts passiert und da gab es auch schon Verbrechen!" Als sie bemerkte, dass sich die Lippen ihres Vaters schmal zusammenpressten, verlegte sie sich mit großen Augen aufs Betteln. Das hatte bisher fast immer funktioniert und sie wusste, dass er ihr kaum etwas abschlagen konnte.
"Bitte, Papa." Aber er blieb stur und schüttelte den Kopf.
"Miriam, du bleibst zu Hause! Das ist mein letztes Wort!" Er seufzte, als sich in ihre Augen ein feuchter Schimmer legte und wurde ein wenig sanfter.
"Kind, es ist schlimmer, als du denkst. Das ist eigentlich nichts für Frauen, trotzdem werde ich dir ein wenig mehr berichten. Seit dem grausamen Mord am Herzog haben wir die ganze Stadt durchgekämmt und die Menschen befragt. Wir bekommen immer mehr Hinweise auf vermisste Menschen. Einige wurden sogar gefunden und sie waren ebenso schrecklich zugerichtet wie der Herzog und die Leiche im Hafen!" Miriam drückte ihre Hände an die Wangen. Mit großen Augen lauschte sie ihm.
"Wir glauben keineswegs an ein Tier, das solche Dinge tut. Zumal die Toten immer nur in den Randgebieten der Stadt auftauchen und bis auf den Fischer niemals in der Innenstadt. Es ist zu geordnet, verstehst du? Bisher waren es nur einfache Menschen, die sterben mussten. Mit dem Herzog wurde alles anders. Warum sind Monsieur Sartous und seine Schwester plötzlich verschwunden? Kein Mensch glaubt an einen Urlaub. Sie haben nichts dergleichen angekündigt." Wieder seufzte er. "Alles sehr seltsam. Wir haben beschlossen, das Haus der Beiden zu überwachen. Wenn sie nicht bald auftauchen, werden wir eine Durchsuchung durchführen."
Miriams Herz stockte. Sollte sie von der Entführung berichten? Aber sie hatte damals diesem Freund von Armand ihr Wort gegeben. Was, wenn sie das Wort einem Mörder gegeben hatte? Aber wieso lebte sie selbst dann noch? Hatte der Mann vielleicht Armand und Anya beide getötet?
Ihr Vater führte Miriams plötzliche Blässe auf seinen schrecklichen Bericht zurück und schalt mit sich selbst. Er hätte einem zarten Wesen wie seiner jungen Tochter solche Dinge nicht zumuten dürfen. Fürsorglich tätschelte er ihre Wange.
"Ruh dich ein wenig aus, mein Kind. Sicher siehst du nun ein, warum ich mir zu große Sorgen mache, als dass ich dich irgendeiner Gefahr aussetzen würde." Miriam war durcheinander. Die vielen Gedanken, die nun in ihrem Kopf herum schwirrten, überforderten sie. Ruhelos wanderte sie in ihrem Zimmer auf und ab. Sie konnte und wollte sich nicht vorstellen, einer Lüge aufgesessen zu sein. Und dass Anya den Herzog umgebracht hatte, war in ihren Augen völlig unmöglich. Das würde ja bedeuten, dass sie auch die anderen getötet hätte. Könnte Armand das alles gewesen sein? Ein wenig unheimlich war er ihr ja immer gewesen. Aber warum?
Je länger Miriam nachdachte, desto unruhiger wurde sie. Wenn Armand der Mörder war, dann hatte er vielleicht auch Anya getötet? Oder war er mit ihr einfach auf und davon gelaufen? Für Miriam stand plötzlich der Entschluss fest. Sie musste noch mal zu Armands Haus und Anya warnen. Irgendwie musste sie sich heimlich hinaus schleichen. Am Besten nachts, wenn alles schlief. Und sicher würde ihre Zofe ihr dabei helfen.
Nachdem sie ihren Entschluss gefasst hatte, fühlte sie sich besser. Energisch setzte sie sich an ihren verzierten, kleinen Sekretär und zupfte ein Blatt heraus. Konzentriert begann sie, einige Zeilen an Anya zu schreiben. Der Butler würde sie bestimmt an Anya irgendwie weiterleiten können.

1 Kommentar:

  1. Jetzt fragt sich nur noch, wann Miriam diesen Besuch veranstaltet.

    Auch sagt mir irgendwas, dass Armand und Anya Nachts daheim ankommen werden. Vielleicht trifft man sich ja direkt vor der Türe.

    Und ich hoffe, dass die Zofe keine olle Petze ist, die für einen Souvereign von der Herrschaft die arme kleine Verpfeift.

    Gruß
    Joe

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