Donnerstag, 14. April 2011

Noctambule II: Rückblick - Verkauft wie Vieh

Dies ist ein Kapitel aus KayGees Noctambule Band Zwei. Für eine Inhaltsübersicht zu bisherigen Inhalten schaut doch bitte hier: Inhaltsübersicht Noctambule II



Blauauge brachte sie in das Zelt am Ausgang ihres Pferches und stellte sie vor einen Spiegel.
"Kämmen und sauber machen!" befahl er ihr knapp. Mit zitternden Händen kämmte sie hastig ihre kurzen, blauschwarzen Locken, was aber kaum einen Unterschied zu vorher brachte. In einer Waschschüssel reinigte sie noch einmal ihr Gesicht und trocknete sich hastig ab.
Dabei musterte sie sich im Spiegel. Die lange Reise hatte sie dünn werden lassen. Ihre hohen Wangenknochen waren zu deutlich zu sehen, ihre großen Augen glänzten dunkel und wenn sie lächelte, blitzten ihre gesunden Zähne weiß aus dem dunkelbraunen Gesicht.


Blauauge riss sie aus ihren Betrachtungen, indem er ihr ein Schild an einem langen Band umhängte. Ebru konnte nicht lesen und wusste nicht, dass nur eine Zahl darauf stand. Sie errötete, weil sie sich plötzlich wie ein Stück Vieh fühlte, dass man in ihrer Kindheit auf dem Markt verkauft hatte.
Blauauge zerrte sie ungeduldig an ihrem Arm aus dem Zelt hinaus und drängte sie einige Stufen auf ein Holzpodest hoch. Als sie die vielen Menschen sah, die sich vor ihr drängten und zu ihr aufsahen, begann sie mit den Zähnen zu klappern. Jetzt hatte sie richtig Angst.

Die vielen Eindrücke, die auf Ebru einprasselten, überforderten sie. Vor der Kulisse des großen Hafens im Fackelschein tummelten sich unzählige Menschen. So viele hatte Ebru noch nie gesehen und alle schoben sich lärmend, lachend und drängelnd durch die verschiedenen Sklavenstände.
Überall gab es Podeste wie ihr eigenes, auf dem sie nun neben Signore stand, der noch nie so freundlich gelächelt hatte wie jetzt gerade. Bruchstückhaft verstand sie, dass er ihre Schönheit und Jugend anpries, und da er nicht wusste, wie alt sie war, behauptete er einfach, es wären neunzehn Jahre.
Da sie selbst nicht genau wusste, wie alt sie war, nahm sie die nichtssagende Zahl einfach hin und drehte sich artig um sich selbst, als seine Hand ihre Schulter herumzog.
Als sie sich zweimal gedreht hatte, entdeckte sie einen Mann in der Menge, der sie sofort in seinen Bann zog. Dabei stand er ganz ruhig da, viel größer als alle anderen und ohne mit den Händen herumzufuchteln oder irgendetwas zu brüllen. Er lachte nicht und machte keine anzüglichen Gesten. Er stand einfach da und betrachtete sie interessiert aus seinen tiefschwarzen Augen.
Ebru verlor sofort jede Angst, als sie in seine Augen sah. Der Lärm um sie herum schien hinter einer Wand aus Watte nur noch gedämpft ihre Ohren zu erreichen. Es war, als würden die restlichen Mensch um ihn herum in den Hintergrund treten und zu verblassen.
Ebru ließ zu, dass Signore ihre Arme nacheinander hob und ihr Gesicht leicht hin und her drehte. Sie spürte, dass er durch ihre wuscheligen Haare strich und ihr locker fallendes Kleid in ihrem Rücken straffte, damit es sich eng an ihren schmalen Körper schmiegte und ihre zarte Figur betonte.
Wie alle dunkelhäutigen Mädchen hier war Ebru sehr klein, ihre schlanke Figur jedoch äußerst weiblich mit ausladendem Gesäß und festen, spitzen kleinen Brüsten. Doch hatte die viele Arbeit auf den Feldern ihrer Eltern überraschende Kräfte in ihr aufgebaut und alleine die Tatsache, dass sie mit sechs anderen Geschwistern ihre Kindheit überlebt und auch die Reise gut überstanden hatte, garantierte schon eine gewisse Zähigkeit und Gesundheit.

Der große Mann war ausgesprochen blass, was seine Lippen noch mehr zur Geltung brachte. Seine breiten Schultern und die gerade Haltung vermittelten Stolz und Kraft. Als er sich nun zu seinem Begleiter beugte, brach der Bann und Ebru blinzelte verwirrt. Jetzt erst bemerkte sie, dass auch der Begleiter sehr blass war. Andere hatten sich massenweise weißes Zeug ins Gesicht geschmiert, sodass Ebru der Gedanke kam, die Weißen wollten einfach noch weißer sein. Der große Mann hob kurz die Hand und nun wurde Signore lebhaft.
Schnatternd und gestikulierend redete Signore auf die Menschen ein, immer noch Ebrus Arm festhaltend. Ebru verstand nur Bruchstücke, weil Signore so schnell sprach, aber er forderte einen höheren Preis, nannte sie schön und brav. Stumm und mit weichen Knien blieb Ebru stehen, ihren Blick fest auf den großen Mann geheftet. Ein anderer hob nun ebenfalls die Hand, der große Mann daraufhin auch wieder. Ebru verstand, dass der Große bereit war, mehr für sie zu bezahlen und der andere Mann nun einen Preiskampf begann. Ebru kannte das von früher, wenn Männer sich darum stritten, wie viel nun wer für eine Kuh zahlen sollte. Sie wurde hier also verkauft wie eine Kuh und dieser beschämende Gedanke ließ sie betreten den Kopf senken.
Endlose Minuten schien der Handel zu dauern, dann klatschte Signore in die Hände und Blauauge zog sie vom Podest herunter. Ebru schaute hilflos auf und fand sofort die lächelnden Augen des großen Mannes, der ihr zunickte. Jetzt erst begriff sie, dass der Handel zu Ende war. Sie gehörte nun einem fremden Mann und hatte sich nicht mehr von Siti verabschieden können. Tränen traten in ihre Augen und sie blickte über die Schulter, um ihre Schwester irgendwo zu sehen. In diesem Moment zog man Siti auf das Podest und in Ebru brach eine kleine Welt zusammen.
"Siti!! Siti!" Weinend streckte sie die Hand nach ihrer Schwester aus, doch Blauauge zerrte sie davon. Sie hörte den klagenden Ruf ihrer Schwester noch und wollte zurück, doch ein derber Schlag zwischen ihre Schultern trieb sie nach vorne in ein Zelt, wo ihr das Schild vom Hals genommen und ihre Nummer in ein Buch eingetragen wurde. Der Zelteingang schloss sich und Siti verschwand aus ihrem Blickfeld.

3 Kommentare:

  1. Jetzt muss Armand die Zeichen richtig deuten. Ob er versteht, dass die zwei zusammen gehören? Sicherlich, oder? Ob er ein interesse daran hat, sie beide zu bekommen? Oder ob ihm eine weinerliche Sklavin lieber ist?

    Ach ich weiß es nicht. Auf jeden Fall scheint die Auktion ja noch nicht zu Ende zu sein. Ebru kann also noch hoffen. Signore wird wohl auch den Rest seiner Sklaven noch verkaufen.

    Ist übrigens auch ein schöner Einblick in die Psyche derer, die keine Wahl haben bzw. hatten. Wie es sein kann, dass andere sich der eigenen Person bemächtigen und simpel entscheiden, dass man verkauft wird. Dass man Eigentum von jemand anderem sein soll. Eine unglaublich grausame Vorstellung.

    Gruß
    Joe

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  2. die beiden vampis wollten doch eh je eine sklavin haben nicht das es zu futterneid kommt :) ... und da siti bestimmt auch hübsch ausschaut werden sie die schon nehmen.

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  3. Ich finde Sklaverrei schrecklich ich finde es unmenschlich andere Menschen so herzlos zu behandeln und Familien auseinander zu reißen
    H. B.

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