Freitag, 5. November 2010

Noctambule: Rückblick - Adaliz erschafft Armand

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Toulouse 1189

Schmerzen rissen ihn aus der Dunkelheit. In ihm brannte ein so heftiges Feuer, dass er sich stöhnend zusammenkrümmte. In seinen Adern schien ätzendes Gift zu fließen, das ihn von innen heraus zu zerfressen schien. Sein Magen rebellierte und seine Muskeln zuckten unkontrolliert, so sehr er auch versuchte, sich zu beherrschen.
Zähneklappernd vor Schmerzen mühte er sich ab, die Augen zu öffnen, doch er erkannte nur verschwommene Schatten. Kalter Schweiß stand ihm auf der Stirn und rann brennend in seine Augen.
In einem neuen Krampf brüllte er auf und warf sich herum. Seine Knochen fühlten sich an, als wäre jeder einzelne mehrfach gebrochen. Seine Zähne schmerzten, die Kiefer fühlten sich an, als wären sie ausgerenkt. Er wusste nicht, wo er war. Es war ihm auch egal, aber trotzdem registrierte er unbewusst, dass er auf Teppich zu liegen schien.
Eine sanfte, kleine Hand legte sich auf seine Stirn. Die Berührung verhieß Trost, obwohl sie ihm seine Schmerzen nicht nehmen konnte. Verzweifelt versuchte er wieder, durch Blinzeln schärfer zu sehen. Aber er ließ er schöpft den Kopf wieder zurückfallen.

"Armer… schöner.. Armand." säuselte diese unglaublich weiche Stimme. Er kannte sie.
"Adaliz!" Der Schock der Erinnerung klärte seinen Blick. Das süße Gesicht lächelte auf ihn herunter, umrahmt von feuerroten Locken.
"Ja?" Wieder krümmte er sich. Es schüttelte ihn so heftig, dass seine Zähne wieder auf einander schlugen.
"Hilf.. mir.." Er konnte kaum reden. Seine Stimme war heiser und schwach, er schien keine Luft zum atmen zu haben, obwohl er röchelnd und mit pfeifenden Lungen Luft einsog.
"Ich kann dir helfen. Aber willst du das wirklich?" Nach mehreren Anläufen schaffte er es zu nicken. Egal was sie tun würde, egal was es kosten würde, die Schmerzen sollten einfach nur aufhören.
"J..aa… Hilf.." Er hasste es, so zu betteln. Undeutlich hörte er ihr leises Lachen. Zu seinem Erstaunen griffen diese zierlichen Hände nach seinen Schultern und zwangen ihn auf den Rücken, obwohl ein neuer Anfall ihn wieder herumwarf. Hilflos starrte er zu ihr herauf und erkannte die scharfen Zähne, die sie nun zu blecken begann.
Was war das? Was für ein Vieh war diese kleine Schönheit? Sie hatte ihn gebissen! War sie verantwortlich für diese Qual? Würde sie ihm jetzt helfen, indem sie ihn tötete?
Sie griff nach seinem Handgelenk und hob es an ihren Mund. Mit einer Bewegung, die er gar nicht hatte verfolgen können, jagte sie ihre Reißzähne in seinen Unterarm und ließ ihn vor Schmerz aufschreien.
Verzweifelt starrte er sie an, unfähig, seinen Augen zu trauen.
Denn nun nahm sie ihr eigenes Handgelenk und biss sich selbst! Dunkles Blut floss aus ihrer Wunde ebenso wie aus seiner. Sie sog das Blut von seiner Verletzung und ließ ihres auf seine Wunde tropfen.
Verständnislos sah er ihr zu. Was sollte das werden? Dann griff sie nach seinem Kiefer und drehte seinen Kopf zu ihrem Gesicht. Ohne zu zögern presste sie ihre Wunde auf seinen Mund. Er schmeckte den typisch metallischen Geschmack von Blut und versuchte verzweifelt, den Kopf wegzudrehen.
Angewidert spürte er, wie sie seine Kiefer auseinander zwang und das Blut in seine Kehle rann.
"Trink!" herrschte sie ihn an. Verwirrt blinzelte er. Ihre Stimme war so weich, betörend und trotzdem befehlend, aber nicht nur das, sie schien von überall her zu kommen, selbst aus seinem eigenen Kopf.
Ohne seinem eigenen Willen folgen zu können starrte er sie an und trank.
Erneut überfiel ihn eine heftige Übelkeit. Sie ließ ihn los, entzog ihm ihre Hand und trat einen Schritt zurück. Wieder krümmte er sich zusammen und schrie seine Schmerzen heraus, bis die Erschöpfung endlich zu einer gewissen Lethargie verhalf.
Atemlos hechelnd lag er auf dem Boden, spürte wie ihm der Schweiß über das Gesicht rann und sich endlich, endlich die Muskeln zu entspannen schienen.
Suchend glitt sein verschwommener Blick durch den Raum, bis er Adaliz entdeckte. Sie lümmelte in einem schweren Ledersessel und beobachtete ihn mit funkelnden grünen Augen. Noch während er darüber nachdachte, ob sie amüsiert wirkte, verschwamm ihr Bild wieder vor seinen Augen und gnädige Dunkelheit tauschte seine grausame Hilflosigkeit in erholsamen Schlaf.

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