Dienstag, 24. Mai 2011

Noctambule II: Rückblick - Angriff

Dies ist ein Kapitel aus KayGees Noctambule Band Zwei. Für eine Inhaltsübersicht zu bisherigen Inhalten schaut doch bitte hier: Inhaltsübersicht Noctambule II

Sie hatten den Krieg tatsächlich eröffnet. Die Mongolen zeigten klar und deutlich, wie ernst es ihnen mit ihren Ansprüchen war. An einem der heißesten Tage im Sommer 1346 veränderte sich plötzlich der Rhythmus der Trommeln. Erst schien es nur wenigen aufzufallen, doch bald merkte jeder, dass der Takt schneller geworden war.
Besonders Ebru reagierte darauf empfindlich. Sie rannte unruhig auf und ab, schien kaum einmal ruhig sitzen bleiben zu können und wurde im Laufe des Tages immer fahriger. Als Siti ihre Schwester ausschimpfte, wurde Ebru weinerlich.


"Dass du so ruhig bleiben kannst! Merkst du denn nicht, wie dein Herz schneller wird? Die Trommeln verändern deinen Herschlag! Ich fühle mich, als wäre ich zwei Tage lang nur gerannt!" Siti war verblüfft. Das Unwohlsein hatte sie auf ihre Angst zurückgeschoben, doch hatte Ebru definitiv recht.
Man hatte sich an den Takt so gewöhnt, dass er etwas Beruhigendes hatte. Alleine das neue Tempo machte schon unruhig und tatsächlich schien das Herz sich anpassen zu wollen. Oder es war auch nur einfach der Stress.
Mit Einbruch der Dämmerung wurden die Trommeln plötzlich sehr langsam. Dumpfe Schläge hallten durch die Stadt und die Bürger rückten besorgt näher zusammen. Dann, pünktlich mit der Dunkelheit verstummten die Trommeln plötzlich. Ebru kroch in die Arme Armands, als sie im Garten standen und auf die Stadtmauer starrten.
"Was passiert jetzt?" flüsterte Ebru bang. Armand streichelte ihre Schulter und seufzte leicht.
"Ich habe keine Ahnung. Aber ich denke, sie werden angreifen." erklärte er ihr ruhig. Er hatte kaum zu Ende gesprochen, als ein fauchendes Geräusch zu hören war.
Ein feurig roter Lichtschein näherte sich schnell, dann fauchte das erste Brandgeschoss über Armands und Ebrus Köpfe hinweg. Ebru drückte quietschend ihr Gesicht an Armands Brust, der ganz ruhig dem Geschoss hinterher sah. Es war viel zu hoch und zu schnell über sie hinweg geflogen, um eine direkte Gefahr darzustellen.
Ein schreckliches Krachen und laute Schreie brachen den Bann. Überall flogen nun Steine und Feuerbälle über die Mauer in die Stadt. Der Schein verschiedener Brände erhellte bald den Nachthimmel über Kaffa, Schreie und Befehle, Alarmglocken und das laute Krachen und Knistern der Brände lösten Panik aus.
Aber die Stadt blieb nichts schuldig. Die Katapulte hinter den Mauern antworteten. Fauchend flogen nun Felsbrocken und Feuerbälle in die andere Richtung. Soldaten brüllten Befehle, rhythmische Ausrufe begleiteten das mühsame Spannen der Katapulte. Mitten in diesem Desaster stand Armand noch immer in seinem Garten, hoch aufgerichtet und die Arme um seine zitternde Sklavin gelegt. Mit steinerner Miene betrachtete er den Feuerschein über der Stadt und lauschte dem Chaos.

Die erste Angriffswelle sollte für diese Nacht auch die letzte bleiben. Armand beschloss, seine Jagd auf die nächste Nacht zu verschieben, denn seine kleine Ebru wollte sich einfach nicht von ihm trennen. Sie klebte an ihm wie eine kleine Klette und ihr schönes, dunkles Gesicht war blass geworden.
Die Wahl des Hauses nahe der Stadtmauer hatte sich bisher als goldrichtig erwiesen. Die Mongolen richteten ihre Katapulte auf die Stadtmitte aus um dort mit Feuerherden das größtmögliche Unheil anzurichten. Allerdings konnte es zu üblen Problemen führen, wenn sie die Mauern selbst beschießen würden. Dann erst wären sie in massiver Gefahr, von Geschossen oder herabfallenden Trümmern getroffen zu werden. Das bereitete Armand schon eine geraume Zeit Kopfzerbrechen.
Die Mädchen schliefen sehr unruhig in dieser Nacht und jedes drängte sich ängstlich an die Seite ihres Herren. Am nächsten Tag zogen sie müde in die Stadt und kehrten schockiert mit den neuesten Nachrichten heim. Es hatte viele Opfer gegeben. Menschen waren von Trümmern erschlagen worden oder verbrannt. Manche Brände hatte man erst in den Morgenstunden in den Griff bekommen und ein Lager war gerade eben noch rechtzeitig geräumt worden, bevor es den Flammen zum Opfer gefallen war.

Sergej erkannte die Taktik der Mongolen. Sie hatten einen aufkommenden starken Wind von der Wasserseite ausgenutzt und die Brandgeschosse so weit wie möglich in die Stadt katapultiert. Der Wind verstreute die Funken nun und sorgte dadurch für Folgebrände. Allerdings war die Stadt gut organisiert. Im Vorfeld schon hatte man ein Heer von Feuerknechten rekrutiert und ausgebildet und genug Löschwagen gebaut, um sicher zu stellen, gleichzeitig an verschiedenen Bränden aktiv werden zu können.
Kaffa hatte die erste Angriffswelle gut überstanden und erfolgreich zurück gebissen. Die Katapulte der Stadt hatten einige Katapulte des Gegners getroffen und vernichtet. Kalk- und Brandgeschosse hatten schreckliche Verwüstungen im Heer zur Folge und auch dort leckte man heute seine Wunden.
Doch war der größte Teil des Heeres weit genug entfernt von der Reichweite der Katapulte aufgebaut worden. Für Armand stellte sich nun die Frage, ob die Mongolen die Stadt verwüstet übernehmen wollten oder so intakt wie möglich. Er befürchtete inzwischen, dass der Feind bereit war, Kaffa dem Erdboden gleich zu machen, um die Genueser endgültig zu vertreiben. Und so langsam bereute er es, den Mädchen nicht die Strapazen einer Flucht zugemutet zu haben.
Er konnte nicht wissen, dass eine viel schrecklichere Gefahr bereits draußen vor der Stadt lauerte und nur darauf wartete, die wehrhaften Mauern zu überwinden.

1 Kommentar:

  1. Tjaa - Alte Soldatenweisheit: Wenn der Feind in Schussweite ist, bist du es auch. Das kann jetzt noch eine Weile so hin und her gehen!

    Aber nun gibt es endgültig keine Flucht mehr aus der Stadt. Es sei denn mit einer List. Aber keiner der Vier sieht ja auch nur annähernd aus, wie ein Mongole? Da werden sie jetzt durch müssen.

    Aber es lauerte eine schrecklichere Gefahr als die Mongolen vor den Toren der Stadt? Eine Horde Vampire? :)

    Gruß
    Joe

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