Mittwoch, 4. Mai 2011

Noctambule II: Die Zeit wird kommen...

Dies ist ein Kapitel aus KayGees Noctambule Band Zwei. Für eine Inhaltsübersicht zu bisherigen Inhalten schaut doch bitte hier: Inhaltsübersicht Noctambule II

George spürte Armands und Sergejs Anwesenheit, seitdem er Marseille erreicht hatte. Dass er Anya nicht wahrnahm, wunderte ihn inzwischen nicht mehr. Aber er hätte alle Eide geschworen, dass sie nicht von Armands Seite gewichen war.
Dass sie ihn ebenso entdeckt haben mussten, war ihm gleichgültig. Er selbst hatte sich weitestgehend erholt und nur manchmal plagten ihn noch leichte Kopfschmerzen. Sein Pech schrieb er Armand und seinen Kumpanen zu. Er hatte auf ganzer Linie verloren. Wie jedes Mal hatte Armand schließlich doch das Glück und den Sieg auf seiner Seite gehabt. Diese Gedanken schürten seinen Hass noch weiter.

George machte sich schon seit langem keine Gedanken mehr über den Ursprung seines Hasses. Er war da, er brodelte in ihm und schrie nach Genugtuung. Jede Chance, die vertan war, schürte ihn noch. Dass er im Dreck unter Leichen gelegen hatte, dass seine Kleidung zerrissen und schmutzig war und sogar dass er sich die ersten Tage in Marseille nur im Hafenviertel aufzuhalten wagte, das alles schrieb er Armand zu und vergrößerte seinen Zorn noch.
Dafür hatte er aber den Gesprächen betrunkener Soldaten lauschen können, die ihren Feierabend in den Kneipen und Bordellen verbrachten.
Von ihnen hatte er erfahren, dass Armands Haus überwacht wurde und man ihn für einen Verbrecher hielt. Die Leichen, die George stets achtlos hatte liegen lassen, wurden also Armand zugeschrieben und offenbar hatte man im Haus schreckliche Folterinstrumente gefunden.
George amüsierte sich immer noch.
Der Zufall spielte ihm in die Hände. Er wusste, dass Armand in den meisten Fällen seine Beute sorgfältig versteckte, damit sie nicht zu schnell gefunden wurde. Möglichst gar nicht. George kümmerte sich weniger um solche Dinge. Aber ihm gefiel nun der Gedanke, dass er indirekt die Menschen auf Armand hetzen konnte. Sie waren ja schon aufmerksam geworden. Er musste es nur noch ein wenig voran treiben und er wusste bereits wie.

Die süße Kleine, die ihm direkt in die Arme gelaufen war, kam gerade richtig. Er hatte seinen Spaß mit ihr gehabt, auch wenn er sie beim ersten Biss beinahe getötet hätte. Wirklich gewehrt hatte sie sich leider nicht mehr, aber ihre Angst hatte ihm gut getan und da er nicht wirklich hungrig gewesen war, hatte er sich eben einen Tag lang mit ihr in seinem Versteck vergnügt, bevor er das sie endlich erlöst hatte.
Nach seiner schweren Verletzung hatte er unbedingt herausfinden wollen, ob seine Fähigkeiten wieder komplett zurückgekehrt waren. Die Bestätigung hatte ihm gut getan. Er manipulierte sie ganz nach seinem Geschmack, suggerierte ihr Lust und Angst, machte sie willig und dann wieder unwillig.
Er wusste, dass viele Artgenossen ihrer Beute gerne das Gefühl der Lust vermittelten, wenn sie starben. Das lag ihm gar nicht. Er ließ sie lieber in zappelnder Angst sterben und bei Sofie blieb dieser Ausdruck sogar noch nach dem Tod im Gesicht haften. Sie war perfekt.
Eine Stunde lang hatte er in der Dunkelheit die vier Soldaten beobachtet, die nach dem Wachwechsel sofort eine bequeme Stellung suchten, um die langweiligen Stunden irgendwie zu überstehen. Er wollte sie nicht töten, auch wenn das eine leichte Aufgabe für ihn gewesen wäre. Einem nach dem anderen konnte er mit Leichtigkeit den heftigen Wunsch nach Schlaf vermitteln. Bis auf einen. Den brauchte er für sein Spiel.
George hatte keine große Geduld für ausgedehnte Spiele. Nachdem die drei anderen friedlich schlummerten, kletterte er auf das Dach von Armands Haus und achtete darauf, von Pierre gesehen zu werden. Der Tölpel reagierte wie erhofft. Er schlug nicht Alarm sondern versuchte, sich von dem zu vergewissern, was er zu sehen geglaubt hatte. Mit Leichtigkeit wechselte er seinen Standort und holte Sofies schmächtigen Körper.

Ohne jedes Bedauern ließ er die Leiche vom Dach des Hauses rutschen und lauschte auf Pierres Reaktion. Der Alarmschrei kam sofort. Zufrieden zog sich George auf das Nebengebäude zurück und kauerte sich hinter einen Schornstein. Während auf der Straße die drei Kameraden aus dem Schlaf hoch schreckten und zu Pierre liefen, wanderte Georges Blick zu der Fensterfront des gegenüberliegenden Hauses.
Erst jetzt wurde ihm bewusst, wie nah er Armands Gegenwart spürte. Mit schmalen Augen wurde ihm klar, dass sein Feind direkt gegenüber sein musste.
Reglos kauerte George auf dem Dach, geduckt wie ein Raubtier, das zum Sprung ansetzte. Seine Augen wanderten über die Fensterfront des Hauses ihm gegenüber. Irgendwo da drin stand Armand und starrte zu ihm hoch, darauf hätte er schwören können. Er hoffte nur, dass er ihn nicht sehen konnte.
Ein Kampf käme ihm nun ungelegen. Er selbst war noch nicht vollständig erholt und litt hin und wieder unter leichten Kopfschmerzen. Über Armands Zustand konnte er nichts sagen aber er vermutete stark, dass seine beiden Helfer ihn regelmäßig mit neuer Beute versorgt hatten. Dadurch konnte Armand viel schneller wieder gesunden während er selbst auf die Jagd hatte gehen müssen.
Er musste also davon ausgehen, dass er Armand noch nicht gewachsen war. Er gab ohnehin nur ungern zu, dass der viel größere und stärkere Mann ihm in jeder Hinsicht überlegen war. George brauchte andere Wege. Sein größter Vorteil war, dass er diese Wege auch zu gehen bereit war. Armand, dieser ach so ehrenhafte Tölpel, hatte zu viele Skrupel.
George stieß ein unwilliges Fauchen aus und trat lautlos den Rückzug an. Für Armand und Anya würde die Zeit bald kommen. Mit etwas Glück könnte er sogar Anya noch einmal in seine Finger bekommen. Man würde es sehen. Bis dahin musste er sich still zurückziehen. Armand war gewarnt. Das musste im Moment genügen.

2 Kommentare:

  1. George wird listig und tatsächlich sogar ein wenig geduldig. Das verspricht interessant zu werden. Was die Wachen jetzt wohl machen? Finden sie Armand und Anya im Haus? Schauen wir einfach mal.

    Und schade, dass er sich jetzt zurückzieht. Es wäre die Chance das ein für alle Mal zu beenden.

    Gruß
    Joe

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  2. ne der george muss schon noch bleiben ohne bösen wäre ja jede geschichte schnell langweilig aber die beiden sollten jetzt möglichst schnell verschwinden wenn sie gesehen werden ist das gar nicht gut ;)

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