Montag, 6. Juni 2011

Noctambule II: Aufgebrachte Anya

Dies ist ein Kapitel aus KayGees Noctambule Band Zwei. Für eine Inhaltsübersicht zu bisherigen Inhalten schaut doch bitte hier: Inhaltsübersicht Noctambule II

Sie hörten beide, wie sich die Tür öffnete und wieder schloss. Sekunden später betrat Sergej das gemütliche Wohnzimmer, sank zufrieden in einen Sessel nahe dem Kamin und musterte die beiden Turteltauben auf dem Sofa. Armand betrachtete ihn träge und Anya schmunzelte. Sie tippte an ihren Mundwinkel.

"Du hast schon wieder beim Essen gekleckert." meinte sie verspielt. Sergej wischte sich mit dem Handrücken über den Mundwinkel und zuckte mit den Schultern.
"Wenn man eine Frau glücklich gemacht hat, wird man halt sehr hungrig." meinte er grinsend. Armands Blick veränderte sich nicht. Gelassen musterte er seinen Freund durch halb gesenkte Lider. Anya dagegen kicherte leicht und schüttelte kaum merklich den Kopf.
"Das wollen wir gar nicht wissen, Sergej." erklärte sie und rieb sich verstohlen ihr Hinterteil. Armand schmunzelte, als er das bemerkte. Offenbar hatte Anya ihre Lektion über Neugierde gelernt.
"Maurice wird heute Erkundigungen einziehen. Er hatte gehört, dass viele Adlige ihre Sommerhäuser verkaufen wollen. Die liegen meist schön abgelegen auf dem Land und sicher ist etwas passendes für uns dabei." erklärte Armand nun. Anya schob den Kopf in den Nacken, um ihn anzusehen.
"Warum verkaufen sie die Häuser?" Sergej schaltete sich ein.
"Die Unruhen in Paris greifen langsam aufs Land über. Bevor irgendwelche aufgebrachten Leute ihnen die Häuser abfackeln, machen sie lieber Geld daraus." erklärte er Anya. Sie seufzte. Armand hatte ihr auf der Reise nach Marseille damals bereits viel über die Politik des Landes erklärt. Und wie es aussah, begann der Mob aus Arbeitern und Bauern nun handgreiflich zu werden und unverschämte Forderungen an den Adel und damit die Reichen des Landes zu stellen. Anya verstand nicht viel davon. Es interessierte sie auch nicht wirklich.
"Aber wenn die dann unser Haus anzünden, ist das auch nicht gerade witzig." lenkte sie pragmatisch ein. Armand lachte leise.
"Da hast du Recht. Es sei denn, man macht ihnen klar, dass wir keine reichen Schnösel sind und einfach nur unsere Ruhe haben wollen." meinte er träge. Er war faul, müde und eigentlich in der Stimmung zu diskutieren. Sergej erging es wohl ähnlich.
"Was immer ihr euch aussucht, plant mich nicht mit ein. Ich werde wohl mal wieder mein Leben aufgreifen." Anya wurde schlagartig wieder wacher, während Armand nur zustimmend nickte. Freundschaft hin oder her, er hatte auch gerne mal wieder seine Ruhe und wollte mit Anya alleine sein.
"Oh? Hast du etwas Besonderes vor?" fragte sie und fing sich einen mahnenden Druck von Armands Arm ein. Sofort verstummte sie. Offenbar war sie schon wieder zu neugierig. Sergej zuckte mit den Schultern.
"Möglicherweise. Vielleicht hole ich auch ein Mädchen zu mir. Sie ist ganz süß und ziemlich verliebt in mich." er grinste und betrachtete seine Fingernägel. Anya platzte fast vor Neugier. Sie starrte den Freund mit großen Augen an, wagte aber keine Frage mehr. Sergej bemerkte das und schwieg genüsslich.
"Sergej!" fuhr es Anya empört heraus. Sergej lachte und warf seinem Freund einen langen Blick zu.
"Du hast deine Kleine nicht besonders gut im Griff, mein Alter." meinte er. Armand nickte langsam und senkte seinen Blick auf Anyas Kopf.
"Das wird sich ändern." murmelte er und bemerkte zufrieden die kleine Gänsehaut, die sich kurz in ihrem Nacken bildete. Aber Sergej stillte Anyas brennende Neugier.
"Ich werde mich nach einer netten Unterkunft für zwei Personen umsehen. Und das so schnell wie möglich, bevor Miriam in die Kolonien entführt wird." Armand konnte deutlich fühlen, wie heftig Anya zusammenzuckte. Auch er hob erstaunt eine Braue.
"Miriam? Unsere Miriam? Die Comtesse? DIE ist in dich verliebt?" wisperte Anya ungläubig. Sergej betrachtete sie in einer Mischung aus Verblüffung und Verärgerung.
"Ist das so schwer vorstellbar, dass sich eine Frau in mich verliebt?" patzte er zurück. Anya richtete sich etwas auf und funkelte ihn an.
"Absolut nicht! Aber Miriam ist noch keine Frau! Und sie hat doch keine Ahnung, was du wirklich bist!" Sie geriet in immer stärkeren Aufruhr und fragte sich gleichzeitig, warum sie sich so darüber aufregte.
Miriam schien das gleiche Schicksal zu blühen wie ihr auch. Und sie war glücklich dabei. Was also sollte sie daran stören, wenn nicht die Tatsache, dass Miriam noch viel jünger war als sie und in ihrer Stellung so viele Möglichkeiten hatte, ihr Leben zu genießen. Anya war selbst überrascht, dass sie gerade im Begriff war, sich schützend wie eine Glucke vor Miriam zu werfen.
"Oh doch, sie ist eine Frau." Sergej grinste anzüglich und warf Armand einen bezeichnenden Blick zu, der auch Anya nicht entging. Sie verstand sofort und hielt den Atem an. Das also war das Rendezvous gewesen! Er musste in Miriams Zimmer geklettert sein und sie verführt haben. Anya war sicher, dass Sergej über genug Erfahrung verfügte, um ein ahnungsloses Mädchen damit in den gesellschaftlichen Ruin zu treiben. Selbst wenn er sie nicht manipuliert hatte.
Zorn baute sich in ihr auf.
"Du….!" Ohne nachzudenken sprang sie mit geballten Fäusten und einem angrifflustigen Fauchen auf und wollte sich auf Sergej stürzen. Armand war viel zu überrascht, um sie aufzuhalten, doch Anya hielt mitten in ihrer Bewegung inne. Sie begann zu taumeln, schnappte nach Luft und verdrehte die Augen. Sergej und Armand sprangen gleichzeitig auf, aber es war Armand, der die stürzende junge Frau auffing. Anya war bewusstlos geworden.

1 Kommentar:

  1. Anya muss sich schon noch klar werden, was sie für ihre Freundin Miriam möchte. Vor allem kann ich mir vorstellen, dass sie sie vielleicht lieber in der Nähe hätte?

    Aber wieso wird sie denn jetzt ohnmächtig? Setzen die Tage bei Vampiren anders ein?

    Liebe Grüße
    Joe

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