Montag, 13. Juni 2011

Antragsgeschichte

Dies ist eine Fortsetzungsgeschichte. Für eine Inhaltsübersicht zu bisherigen Inhalten schaut doch bitte hier: Übersicht Nadja

Joe hatte in jeder freien Minute Heiratsanträge gegoogelt und Videos davon angesehen. Immer noch hoffte er auf die zündende Idee, wie er es denn nun machen sollte. Doch die meisten Ideen, welche er fand, waren ungeeignet oder kitschig. Unglaublich viele Leute schienen es zu bevorzugen einen Antrag in aller Öffentlichkeit zu machen, zum Beispiel in Sportstadien während der Spielpausen. Es gab auch viele Videos, die sich darüber lustig machten, wenn jemand, der es auf diese Weise Versucht hatte, stehengelassen wurde.

Doch soetwas kam für Joe ohnehin nicht in Frage. Die meisten anderen Videos waren schlichtweg kitschig. Kreischende Frauen und ihre Freundinnen schienen auch bei Anträgen im kleinen Rahmen an der Tagesordnung zu liegen. Joe seufzte. So hatte er sich das auf keinen Fall vorgestellt. Und auch eine andere Tatsache bedrückte ihn noch zusätzlich. Es gab auch eine ganze Menge Videos von abgelehnten Anträgen. Unter dem Stichwort 'Just don't do it', gab es sogar Botschaften, die dazu aufriefen, niemals zu heiraten. Was, wenn Nadja diesen Standpunkt vertrat und überhaupt nicht heiraten wollte?

Ratlos widmete Joe sich für den Rest des Tages wieder seiner Arbeit. Doch der Gedanke ging ihm nicht aus dem Kopf. Am Nachmittag als er mit einem Kaffee in der Hand aus dem Fenster hinausstarrte, sprach Brenda ihn an: "Sie wirken heute etwas grübelnd, Sir. Ist alles in Ordnung?" Sie legte eine Unterschriftenmappe auf den Schreibtisch und sah ihren Chef kritisch an. Joe drehte sich herum und lächelte. "Ja, es ist alles in Ordnung. Ich bin nur etwas in Gedanken." "Lassen sie mich wissen, wenn ich helfen kann.", meinte Brenda mit einem Zwinkern und wollte sich zurückziehen. Doch jetzt hakte Joe ein.

Auf Brenda war 100%ig verlass. Auch ihr gegenüber hatte er zwar niemals zugegeben, wie es um ihn und Nadja stand, aber er war sicher, dass sie es wusste. Sie war einfach zu nah am Geschehen. Und die Geschichte mit der Austauschschülerin, die er aufnähme, hatte ihr Verfallsdatum ohnehin längst überschritten. "Sie sind doch verheiratet.", stellte Joe fest. "Seit 21 Jahren, Sir. Aber ich verstehe nicht ganz..." Joe nickte nur. "Würden sie mir verraten, wie ihr Mann ihnen einen Antrag gemacht hat?"

Brenda zögerte kurz, dann zog ein Grinsen über ihr Gesicht, dass sie sofort professionell zu verbergen suchte, doch Joe hatte es längst gesehen und lächelte auch. Eine unausgesprochene Wahrheit stand gerade zwischen ihnen. "Gern.", nickte Brenda nun. "Wir waren noch gar nicht so lang zusammen, mein Mann und ich. Und wir hatten auch beide keine besonders guten Jobs, somit natürlich auch nicht sonderlich viel Geld. Aber an dem Abend, wo er mich gefragt hat, hatte er sich mächtig ins Zeug gelegt. Er holte mich mit seinem klapprigen Wagen von zu Hause ab. Er trug seinen besten Anzug, in dem er immer ein bisschen verloren wirkte. Und er führte mich ins beste Restaurant aus, dass er sich leisten konnte." Brenda schaute verträumt. Die Erinnerung an diesen Abend war da, als wäre es gestern gewesen. Der Moment dieses Antrages war für sie so schön gewesen, wie die Hochzeit selbst.

"Und da hat er sie gefragt?", lächelte Joe. "Er hat beim Dessert meine Hand genommen und tief in meine Augen geschaut. Das war der erste Augenblick wo er nicht nervös war. Den ganzen Abend vorher hatte er gezittert vor Aufregung. Dann hat er mir erzählt, wie sehr er mich liebt und mir ganz vorsichtig den Ring an den Finger gesteckt. Das war ein unglaublich toller Ring, ein Erbstück aus seiner Familie. Dabei hat er gefragt, ob ich seine Frau werden möchte. Und dann habe ich ihn umarmt und ja gesagt." Immer noch hatte Brenda den etwas abwesenden Blick aber nun fing sie sich wieder. "Ja so ist das gewesen.", bestätigte sie. Sie fühlte sich kurz ein wenig unwohl ihrem Boss eine so intime Geschichte erzählt zu haben. Aber als sie Joes Lächeln sah, verging das Gefühl. "Danke, Brenda. Vielen Dank.", meinte Joe und es kam von Herzen. "Gern, Sir." Das war für Joe die brauchbarste aller Informationen gewesen.

1 Kommentar:

  1. Hach, was für eine anrührende Geschichte, die Brenda da erzählt!
    Und was halt Joe nn geholfen? Dass es keiner Superidee bedarf, sondern nur dem ehrlichen Gefühlsausdruck? Hm.. Für Nadja wäre nämlich das tollste Restaurant nichts besonderes mehr und Joe steckt immer im Anzug. Oder kehrt er das um und zieht Pennerklamotten an, um ihr unter einer Brücke den Antrag zu machen?
    Ich will das jetzt wissen!

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