Dienstag, 21. Juni 2011

Noctambule II: Qualvolles Warten

Dies ist ein Kapitel aus KayGees Noctambule Band Zwei. Für eine Inhaltsübersicht zu bisherigen Inhalten schaut doch bitte hier: Inhaltsübersicht Noctambule II

Armand kehrte aufgewühlt zu Sergej zurück, der sich gerade aufgerappelt hatte und nun seine Kleidung wieder ordnete. Die Schwellung an seiner Wange war bereits zurückgegangen und außer den zerzausten Haaren war ihm die Prügelei von eben nicht mehr anzusehen. Er sah fragend auf, als Armand mit langen Schritten hereinkam und auf das Sofa sank.

"Und?" Sergej betrachtete seinen Freund skeptisch. Er wurde leicht unruhig, als dieser sich nun vorbeugte und seine langen Finger in die schwarzen Haare grub.
"Sie ist weg." murmelte er leise. Sergejs Braue hob sich.
"Wie, sie ist weg? Wo ist sie denn?" Armand hob kurz den Kopf so weit, dass er durch die Hände einen genervten Blick zu seinem Freund werfen konnte.
"Wenn ich das wüsste, wäre ich wohl nicht hier bei dir! Sie ist verschwunden!" knurrte er. Sergej stutzte und schüttelte ungläubig den Kopf.
"Sie wird sich frisch machen. Frauen sind so." erklärte er ein wenig ratlos und wusste schon vor Armands Kopfschütteln, dass er falsch lag.
"Da habe ich nachgesehen. Ihr Mantel ist auch weg." Sergej zog einen Stuhl heran, der noch nicht zertrümmert war und setzte sich vor Armand.
"Na, dann hatte sie vielleicht Hunger?" Er überlegte krampfhaft. Mit Frauen kannte er sich nicht besonders gut aus. Sie machten Spaß beim Sex. Manchmal zumindest. Aber ansonsten hatte er sich lieber seine Freiheit bewahrt und eine Beziehung vermieden. Bisher war ihm auch noch nie ein Mädchen wie Miriam untergekommen. Sie war irgendwie anders. Verzweifelt wühlte er in seinen Erinnerungen nach einer Möglichkeit.
"Naja, du weißt doch wie schwangere Frauen sind. Die Menschenfrauen fressen dann Süßigkeiten, wenn sie Kummer haben, richtig?" Armand blickte erneut zweifelnd auf, schwieg aber.
"Vielleicht hatte sie ja wirklich Hunger!" machte Sergej seine Gedanken deutlich. Armand ließ die Hände fallen.
"Hast du mal hinaus gesehen? Es ist hell!" Sergej zuckte mit den Schultern.
"Nicht so wirklich. Wir beide waren schon bei wesentlich sonnigerem Wetter unterwegs." konterte er gelassen. Je mehr er über seine Idee nachdachte, desto überzeugter wurde er.
"Warte doch einfach noch den Einbruch der Nacht ab. Bis dahin sollte sie wieder zurück sein." Schlug Sergej vor. Armand nickte seufzend und sank in das Sofa zurück.

Die beiden Freunde verbrachten den Tag im Wohnzimmer. Beide schliefen nicht wirklich, manchmal dösten sie ein wenig. Maurice störte sie nur einmal, indem er sich abmeldete, um seinen Auftrag in Marseille auszuführen. Armand nickte zustimmend und scheuchte Maurice mit einer Handbewegung davon.
Armand machte sich heftige Vorwürfe. Er war sicher, dass er Anya zu einer Kurzschlussreaktion getrieben hatte und jede Faser in ihm schrie danach, sie sofort zu suchen. Die Vernunft seines Freundes hielt ihn nur zurück, weil sein Verstand sich gerade mit der Abneigung zu Tageslicht verbündet hatte. Dennoch wurde er mit jeder Stunde, die verging, unruhiger.
Am frühen Nachmittag kehrte Maurice zurück. Er war bis auf die Knochen durchnässt, ließ es sich aber nicht nehmen, nach einem kurzen Abrubbeln seiner Haare und einem raschen Kleiderwechsel seinen Herrn aufzusuchen. Er fand zwei Männer vor, die in mehr als lässiger Kleidung in dem immer noch zertrümmerten Wohnzimmer herumlümmelten. Bei beiden schien die Stimmung eher getrübt zu sein. Er räusperte sich vorsichtig.
"Ich habe einige Einkäufe getätigt, Monsieur." berichtete er. Armand nickte. Einkäufe interessierten ihn nicht. Dass Maurice sich irgendwie ernähren musste, war ihm bewusst und es war ihm völlig egal im Moment, ob Maurice von den Äpfeln des Hofes lebte oder sich eine Kuh kaufte. Er musterte Maurice mit gesenktem Kopf, als wolle er ihn jeden Moment anspringen. Maurice räusperte sich kurz und grübelte, womit er den Unmut Armands ausgelöst haben könnte.
"Dann habe ich das Haus aufgesucht. Aber es wird nach wie vor bewacht. Auch wenn die Wachen verringert wurden und die Moral der Soldaten mehr als lässig ist. Die würfeln lieber in geselliger Runde direkt vor dem Eingang." verkündete er weiter. Armand nickte nur knapp, was Sergej veranlasste, den Blick zu heben.
"Danke Maurice. Du bist nicht zufällig Mademoiselle begegnet?" fragte er an Stelle seines Freundes. Armand hob den Blick interessiert. Aber Maurice schüttelte erstaunt den Kopf.
"Ist sie nicht zuhause?" Armand senkte die Lieder wieder und erneut antwortete Sergej.
"Nein. Leider wissen wir nicht, wo sie ist." Maurice legte die Stirn in Falten. Er schien nicht zu wissen, was er davon halten sollte.
"Vielleicht besucht sie ihre junge Freundin. Die Comtesse de Moureaux." Er schaute ratlos, aber Armand sah nun deutlich wacher zu ihm auf.
"Das wäre eine Idee." murmelte er und versank wieder ins Grübeln. Maurice wartete einen Moment ab. Dann zog er sich ratlos in seinen Bereich zurück.
Erneut legte sich Schweigen über den Raum. Armand brütete vor sich hin, Sergej langweilte sich einfach. Für Sergej war es eine Selbstverständlichkeit, seinem besorgten Freund nun beizustehen. Allerdings machte ihn die Langweile träge, aber er lümmelte weiter vor sich hin, hing seinen Gedanken nach und beschloss, einfach Armands nächste Handlung abzuwarten.

1 Kommentar:

  1. Einmal mehr wird klar, dass Madame Dubres sicherlich weit hinten auf der Liste der Personen steht, bei denen die Zwei nach Anya suchen würden.

    Sergej ist leider keine sonderliche Hilfe. Ich bin gespannt, wie sie es am Tag angehen, wenn sie Anya suchen. Denn spüren können sie sie ja eh nicht.

    Sie werden wohl bei Miriam auftauchen und hoffen, irgendetwas zu hören.

    Und wenn Anya wieder gescheit zu sich gekommen ist, wird ihr klar werden, dass es vielleicht nicht die beste Idee ihres Lebens war, der größten Klatschtante von Marseille zu erzählen, dass sie schwanger ist und das auch noch von ungewisser Herkunft.

    Liebe Grüße
    Joe

    AntwortenLöschen

Bitte beim Kommentieren höflich bleiben. Es gibt hier die Möglichkeit Anonym zu kommentieren, aber denke bitte kurz nach ob du das wirklich möchtest. Unterzeichne deinen Kommentar doch mit einem Pseudonym oder deinen Initialen, dass man weiß, welche Kommentare alle von dir sind. Oder noch besser, du nutzt nicht die Auswahl "Anonym" sondern "Name/URL" und lässt das Feld für die URL einfach frei. Dann wird dein Kommentar mit deinem selbst gewählten Namen angezeigt.

Vielen Dank.