Samstag, 4. Juni 2011

Noctambule II: Der Schläger

Dies ist ein Kapitel aus KayGees Noctambule Band Zwei. Für eine Inhaltsübersicht zu bisherigen Inhalten schaut doch bitte hier: Inhaltsübersicht Noctambule II

Batiste knöpfte seine Hose zu, während er die Straße betrat. Dann lockerte er mit breitem Grinsen seine Schultern und sah die Straße hinunter. Das Weib da drin hatte seinen Dienst gut gemacht. Jetzt war er den Druck los und hatte mächtig Durst. Hier im Hafen gab es genug Kneipen und vielleicht auch noch eine feine Schlägerei. Dazu war er jetzt in Stimmung.


Mit festen, entschlossenen Schritten begann er seine Suche nach einer vernünftigen Kneipe. Die waren erst dann vernünftig, wenn sie voll waren, laut und hübsche Bedienungen hatten. Das alles sprach für eine gute Kneipe, guten Rum und für mächtig viel Spaß.
Vor Prügeleien brauchte sich Batiste nicht zu fürchten. Er war groß, breitschultrig und seine Oberarme hatten Umfänge, die denen der Oberschenkel der feinen Pinkel entsprachen, die sich ihre Haare puderten.
Er machte alle Jobs, die sich ihm anboten und die meisten davon waren mit Kraft verbunden. Er liebte es, seine Stärke einzusetzen aber er scheute auch nicht vor dubiosen Geschäften zurück, die im Gefängnis enden könnten. Hauptsache, man bekam ein bisschen Geld dafür und konnte gut leben.
Im Hafenviertel war nachts immer viel los. Die Huren flüsterten ihn aus dunklen Nischen heraus an, manche spazierten auch ganz offen über die Straßen. Immer wieder saßen Gruppen zusammen, die entweder gemeinsam soffen oder ihr Geld mit Würfelspielen oder Wetten aus dem Fenster warfen.
Das alles lag Batiste nicht. Ein guter Hahnenkampf gefiel ihm und er kannte hier einen Club, der regelmäßig Boxkämpfe veranstaltete, bei denen es keine Regeln gab. Dort hatte er schon gutes Geld verdient, was man seiner Nase auch ansehen konnte.
Kurz stutzte er und überlegte. Dann änderte er seine Richtung und näherte sich dem Club. Er fühlte sich gerade wie neu geboren und ein guter Boxkampf würde dieses Gefühl noch verstärken. Der Sieg und das Geld waren eine zusätzliche Verlockung.
Als Batiste in eine kleine Nebengasse einbog, die zu dem verborgen liegenden Club führte, prallte er gegen einen Mann, der fast einen Kopf kleiner war als er und griff nach dessen Schulter, um ihn friedlich beiseite zu schieben.
"Aus dem Weg, Kleiner." knurrte er dabei. Er mochte es nicht, wenn man ihn von einem Ziel abhielt. Aber der Mann ließ sich nicht wegschieben. Verblüfft schaute Batiste ihn an und versuchte es noch einmal. Aber er war nicht in der Lage, den kleineren, schlankeren Fremden wegzuschieben. Genauso gut hätte er versuchen können, einen Berg zu versetzen. Seine Braue wanderte nach oben und er ballte die Fäuste.
"Versuchst du gerade, mich zu ärgern?" vergewisserte er sich. Der Fremde wirkte seltsam. Er war kreidebleich und hatte ein fast ebenmäßig schönes Gesicht. Die Augen schienen seltsam zu funkeln und als er nun begann zu grinsen, entblößte er erschreckend lange Zähne. Batiste stierte auf das Raubtiergebiss. So etwas hatte er sein ganzes Leben noch nicht gesehen. Das Gesicht vor ihm verzerrte sich zu einer bösartigen Grimasse und das Fauchen, das Batiste nun zu hören bekam, hätte jeden anderen in die Flucht geschlagen.
Batiste floh nicht. Das Fauchen weckte ihn aus seiner Schreckstarre. Er senkte den Kopf und die Adern an seiner Stirn schwollen an.
"Du willst Streit, Zahnfratze? Du hast ihn schon!" Trotz seiner Größe konnte Batiste schnell sein. Er war kampferprobt und angstfrei. Wenn es schmerzte, dann war das eben so. Batiste sorgte lieber dafür, dass es seinem Gegner noch mehr weh tat.
Er holte mit der linken Faust aus und täuschte einen Schlag vor, dem der Fremde geschickt mit dem Kopf auswich. Seine Rechte drosch sofort danach zielsicher und einem Vorschlaghammer gleich in die kurzen Rippen.
Der Fremde wurde zurück geworfen und taumelte quer über die Straße an die Hauswand. Batiste blähte die Wangen vor Zorn auf, als er sah wie sein Gegner sich sofort wieder aufrichtete und ihm näherte. Schnell sah er sich um und griff nach einer Metallstange, die in dem Gerümpel neben den Mülltonnen gelegen hatte. Er war nicht bereit, so ohne weiteres das Feld zu räumen und diese Fehlgeburt vor ihm würde bald Fersengeld geben.
Batiste duckte sich leicht und hielt die Stange angriffsbereit vor sich.
"Na komm schon, du Nagetier! Komm her!" knurrte er. Der Angriff kam so schnell und überraschend, dass Batiste nur im Reflex reagieren konnte. Er traf seinen Gegner irgendwo, wurde aber selbst mit so großer Wucht zurückgeschleudert, dass er ins Taumeln kam und mit der Schulter schmerzhaft an die Wand prallte. Batiste verstand gar nichts mehr. Woher hatte das Früchtchen solche Kräfte? Und wieso schüttelte der nur den Kopf leicht benommen von seinem Treffer? Anderen hätte er mit diesem Schlag den Schädel gespalten!
Noch während Batiste sich sammelte und fester seine Eisenstange umgriff, kam der nächste Angriff. Wieder hatte er die Bewegungen gar nicht richtig sehen können. Ein rasender Schmerz verteilte sich in seinen Eingeweiden, ihm fehlte plötzlich Luft und er verlor das Gleichgewicht. Er glaubte, seine eigenen Rippen brechen zu hören, während er zur Seite kippte und auf den Boden stürzte.
Sprachlos starrte er in das weit aufgerissene Maul vor sich, hörte noch ein lautes Fauchen, dann jagte ein neuer Schmerz durch seinen Körper. Batiste war sicher, dass sein eigenes Blut gerade so warm seinen Hals herunter lief. Aber der Schmerz hörte plötzlich auf, er fühlte sich leicht und eine Art Freudentaumel packte ihn während es schwarz vor seinen Augen wurde. Nur einmal klärte sich sein Blick kurz und er blickte direkt in die funkelnden Augen seines Angreifers. Dann verlor er endlich das Bewusstsein.

George hatte mehr Kraft benötigt, als er jemals zugegeben hätte, um den schweren Körper Batistes in seinen Unterschlupf zu zerren. Er hatte keine Sorge gehabt, gestört zu werden. Hier hätten ohnehin die meisten weggesehen. Nun saß er zufrieden in seinem Sessel, die Beine übereinander geschlagen und ein Glas Wein in der Hand, während Batiste vor ihm auf dem Boden lag und mit den Zähnen klapperte.
Der grobschlächtige Bursche war genau das, was George lange gesucht hatte. Schwer, stark, ohne jeden Skrupel und nicht besonders mit Klugheit gesegnet war Batiste der ideale Mann, der Georges Aufträge würde ausführen können.
Batiste war in all den vielen Jahren seines Lebens der erste Mensch, den er zu einem Vampir machte. Er war unsicher, ob er dabei alles richtig gemacht hatte. Aber wenn Batiste sterben würde, wäre es nur ein wenig schade. George müsste eben noch einmal von vorne mit seiner Suche beginnen.

Aber wie es aussah, hatte Batiste allmählich das Schlimmste überstanden. Noch krümmte er sich vor Schmerzen und hatte das Bewusstsein zum vierten Mal verloren. Aber man konnte sehen, wie der Körper sich veränderte. Das grobe, vernarbte Gesicht war bereits verändert, die Narben begannen zu verschwinden, die verbogene Nase glättete sich wieder und die Kiefer fingen an, sich zu verformen.
Batiste würde ein rücksichtsloser Jäger werden. George würde aufpassen müssen, dass Batiste seine Gier zu beherrschen lernte und rechtzeitig aufhören würde zu trinken. Und er verstand es, Charakter wie Batiste zu manipulieren, war ihm doch nur allzu klar, wie Batiste dachte oder handelte.
George überließ Batiste sich selbst und beobachtete ihn lediglich aus einiger Entfernung. Es hatte bereits Stunden gedauert, Batiste hatte den schmutzigen Boden noch mehr mit seinem Erbrochenen besudelt und immer wieder wild um sich geschlagen.
So langsam verlor George tatsächlich die Geduld. Während er einen weiteren Schluck Wein trank, entspannte sich Batiste endlich stöhnend und sank in einen ruhigen, erholsamen Schlaf. George atmete tief durch. Die Verwandlung war vollbracht. Der erste seiner Gefolgsleute war geboren. Ein bösartiges Lächeln bildete sich in Georges Gesicht. Dieses Mal würde Armand mit seinen beiden Schwächlingen von Freunden verlieren.

1 Kommentar:

  1. Nagetier! :) Muhahahahaa.. :D

    Das ist wirklich mal eine passende Ansage für Vampiere. Und sicher eine, die einen auf die Palme bringt.

    Aber das klingt wirklich bedrohlich. George erschafft sich einen Verbündeten. Und auch nur "den ersten"?

    Gibt es eigentlich einen Vampirkodex, der gebietet, wer wen wann warum und wo verwandeln darf? Und vor allem wieviele? Wenn Vampire das Rücksichtslos tun würden, gäbe es ja bald kein Futter mehr?

    Gruß
    Joe

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