Mittwoch, 12. Oktober 2011

Noctambule II: Kalte Kalkulation

Dies ist ein Kapitel aus KayGees Noctambule Band Zwei. Für eine Inhaltsübersicht zu bisherigen Inhalten schaut doch bitte hier: Inhaltsübersicht Noctambule II

George täuschte mit der Rechten einen Schlag in Armands Gesicht an, um sofort mit der Linken auf den Bauch zu zielen. Armand reagierte überraschend schnell. Er blockte den Faustschlag mit dem Unterarm ab, sprang gleichzeitig seitlich und traf mit der Rechten Georges messerführenden Unterarm schmerzhaft.
George stolperte der Wucht seines Schlages hinterher, an Armand vorbei und spürte einen üblen Schlag in den Rücken. Fauchend warf er sich herum und sah, dass Armand rückwärts gesprungen war, um aus der Reichweite des Messers zu kommen.


Jetzt sah er die schwarzen Augen genau. Kalter Hass stand darin, Mordlust und Erbarmungslosigkeit. Kopflose Wut konnte er nicht finden aber er musste versuchen, sie bei Armand zu erzeugen, um ihn zu unüberlegten Bewegungen zu bringen. Er verzog sein Gesicht zu einem berechnenden Lächeln und zeigte seine spitzen Zähne.
"Schön, dich zu sehen, Armand. Ich soll dich übrigens von Anya grüßen." säuselte er und beobachtete scharf die Reaktion seines Erzfeindes. Er musste überrascht feststellen, dass die Worte scheinbar ungehört an Armand abprallten, denn es kam überhaupt keine Reaktion von ihm. Es war, als würde für den langen Kerl kein anderer Gedanke als der Tod seines Feindes mehr existieren.
Die beiden Männer umkreisten einander und warteten auf einen Deckungsfehler. Armand schien mehr Geduld zu haben als George, denn er griff einfach nicht an, egal welche Scheinangriffe George auch ausprobierte. Offenbar völlig emotionslos und berechnend kalkulierte er in jeder Sekunde einen möglichen Angriff.
"Traust du dich nicht? Ruf doch einen deiner neuen Freunde!" stichelte George, der langsam unruhig wurde. Armands Kaltblütigkeit verunsicherte ihn. Das hier war nicht einfach eine Auseinandersetzung. Hier ging es um viel mehr. Dass Armand seinen Tod wollte, lag auf der Hand. Und er war sich gar nicht sicher, was die sieben Männer tun würden, wenn er – George – siegen würde.
Provokant warf er das Messer in die rechte Hand und zurück in die Linke. Er hatte sich leicht geduckt und ließ Armand nicht aus den Augen. Bei der Größe seines Gegners hatte er nur eine Chance, wenn er nah an ihn heran kam.
Das würde bei der Reichweite seiner Arme nicht leicht sein, aber es war machbar. Sein Herz schlug ihm bis zum Hals und er spürte einen kühlen Schweißfilm auf der Stirn. Dennoch war er sich so sicher wie noch nie in seinem Leben. Heute würde er Armand umbringen.

"Das ist eine Sache zwischen uns beiden. Lass es uns ein für alle Mal zu Ende bringen." schlug er vor. Armand antwortete noch immer nicht, senkte aber den Kopf noch weiter. George hatte keine Geduld mehr. Er wollte es tatsächlich zu Ende führen und griff an.
Sein Sprung war so kraftvoll, dass er die kurze Strecke regelrecht auf Armand zu flog. Doch Armand reagierte unglaublich schnell. Er unterlief die von George eingeschätzte Sprungdistanz, indem er ihm entgegen kam. George konnte nicht verhindern, dass er auf Armand aufprallen würde.
Armand schlug den noch im Sprung ausholenden Messerarm zur Seite und fing Georges Flug mit erschreckender Kraft dadurch ab, dass seine große Hand sich zielsicher und stark wie ein Eisenring um seinen Hals legte. George röchelte und krächzte, als sein eigenes Körpergewicht seinen Kehlkopf fast nach innen drückte.
Armand riss George am Hals aus der Flugbahn und schleuderte ihn von sich. In geduckter Haltung beobachtete er, wie George aufschlug, vor Schmerz aufstöhnte und sich sofort abrollte, um wieder auf die Beine zu kommen.
Unbewusst registrierte er, dass George im Kampf dazu gelernt hatte. Nicht viel zwar, doch war er schneller und kraftvoller geworden. Klugheit konnte man sich wohl nicht antrainieren.
Stumm wartete er ab, bis George wieder stand und sich erneut vorbeugte.
Das Umkreisen fing von vorne an. Armand atmete ruhig und gleichmäßig, während George nun schon keuchte. Der Sprung hatte ihn Kraft gekostet und sein Hals schmerzte höllisch. Allerdings irritierte ihn die eiserne Gelassenheit, die sein Feind ausstrahlte, noch viel mehr. Aus der großen Entfernung heraus täuschte George einen Angriff an, doch Armand zuckte nicht einmal. Offenbar war er einfach nicht aus der Ruhe zu bringen. George musste seine Taktik ändern.

Er begann damit, dass er seine Kreise um Armand langsam enger zog. Doch dieser blieb in geduckter Haltung, die Augen aufmerksam und kalt auf George gerichtet, und drehte sich langsam mit Georges Bewegungen um seine eigene Achse.
"Grotesk. Du willst mich töten, aber du kannst es gar nicht." krächzte George nun heiser. "Nicht, wenn du Anya lebend finden willst!" Er stieß ein verächtliches Lachen aus. "Aber ich kann dich töten und ich werde es auch tun!" Er wünschte sich allmählich, das auch tatsächlich zu können. Langsam kamen Zweifel in ihm hoch. Er glaubte kurz ein Flackern in Armands Augen gesehen zu haben, doch schon war die kalte Maske wieder da. Begriff der Idiot überhaupt noch, was er gesagt hatte?

1 Kommentar:

  1. Oh Gott ist das ein heftiger Kampf.

    Und George hat schon ganz recht, wenn er sich Sorgen macht. Die Sanghieri haben ihn in den Wald geworfen, gechasst und in Marseille gestellt. Was werden sie wohl tun, wenn er nun den Kampf gewinnt?

    Würden sie Armands Tod zulassen? Würden sie überhaupt eine Niederlage Armands zulassen?

    Und - Natürlich wissen wir Leser, dass George schon keine Macht mehr über Anya hat. Aber was ist mit Armand? Wobei ich eher davon ausgehe, dass das bloße Ansprechen von Anya noch mehr wut freisetzt.

    Ich glauben icht, dass es George hilft.

    Liebe Grüße
    Joe

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