Donnerstag, 20. Oktober 2011

Nutzloser Unterricht

Dies ist eine Fortsetzungsgeschichte. Für eine Inhaltsübersicht zu bisherigen Inhalten schaut doch bitte hier: Übersicht Nadja

Nadja hatte arge Mühe sich auf den Straßenverkehr zu konzentrieren. Gestern hatte sie noch die Bilder von Boris im Kopf gehabt, die waren aber nun weitestgehend verschwunden. Ihr Kopf fühlte sich gleichzeitig leer an und war doch bis zum Bersten gefüllt. Alle möglichen Gedankenschnipsel jagten ihr durch den Kopf und sie konnte doch keinen davon fassen. Sie verpasste mehrfach das Grün an den Ampeln und wurde erst durch wütendes Hupen hinter ihr aus ihrer Lethargie geweckt. Zweimal verfuhr sie sich sogar, weil sie Abbiegungen verpasste. Und das auf einer Strecke, die sie nun schon seit mehr als einem Jahr täglich abfuhr.

Die Umwege und die Trödelei hatten es spät werden lassen und als sie den Wagen auf dem Parkplatz abstellte klingelte es bereits zum zweiten Mal und sie war noch nicht einmal am Gebäude. Sie rannte sofort los, vergaß das Auto abzuschließen, kehrte auf halbem Wege noch einmal um, weil sie den Rucksack vergessen hatte und rutschte nur eine Sekunde vor dem Lehrer in den Klassenraum und ließ sich geschafft auf ihren Stuhl fallen.

Die erste Stunde ging völlig spurlos an ihr vorbei. Die Minuten verstrichen und schließlich klingelte es. Nadja hatte kein Wort gesagt und war dankbarerweise auch nichts gefragt worden. Sie konnte sich schon auf der Türschwelle nicht mehr daran erinnern, was das Thema gewesen war. Auf ihrem Block befanden sich nur zusammenhangslose Stichworte. Sie drehte sich noch einmal herum, um einen Blick auf das Tafelbild zu erhaschen. Aber die Tafel wurde bereits gewischt. "Verdammt.", flüsterte sie leise und taumelte weiter über den Flur, "Reiss dich doch mal zusammen."

Wie Automatisch wechselte sie an ihrem Spind die Bücher und ging zum Raum für die zweite Stunde. Sie hattte sich schon gesetzt als neben ihr eine vertraute Stimme erklang. "Guten Morgen." Es klang etwas vorwurfsvoll. Nadja fuhr erschreckt herum. "Mary.", sagte sie nur. "Ja, das ist mein Name, nutz ihn nicht ab.", grinste sie das rundliche Gesicht ihrer Freundin ab. "'tschuldige. Ich bin heute nicht so ganz klar im Kopf.", meinte Nadja verlegen. Marys fragender Blick bekam allerdings keine Antwort mehr. Der Lehrer kam herein und die Gespräche verstummten.

Auch die zweite Stunde verging für Nadja ohne nennenswerten Lernerfolg. Zweimal wurde sie drangenommen und beide Male half ihr Mary durch Vorsagen aus der Patsche. Und das, obwohl es wirklich einfache Fragen gewesen waren. Nach der Stunde packte Nadja wie in Zeitlupe ihr Zeug zusammen. Nun standen zwanzig Minuten Pause an und so konnte sie sich Zeit lassen. Mary stand gelangweilt im Türrahmen und wartette auf Nadja. Sie waren die letzten im Klassenraum.

"Was ist denn los mit dir?", bohrte Mary und gab Nadja einen liebevollen Knuff in die Seite. Nadja hatte nicht damit gerechnet und taumelte fast gegen die Wand des Flurs. Mary packte sie in letzter Sekunde am Arm. Nadja hing kraftlos an Mary dran und starrte sie entgeistert an. "Tut mir leid.", flüsterte Nadja nur und wandte den Blick ab. "Was tut dir leid, Nadja, was ist denn los?", meinte Mary nun ehrlich besorgt. "Ich bin einfach ein bisschen durch den Wind.", redete sie sich heraus. "Hast du überhaupt geschlafen?", bohrte Mary nun nach, "Ich nämlich nicht so richtig. Das was du mir gestern erzählt hast, hat mich echt wach gehalten." Nadja zuckte sofort heftig zusammen.

1 Kommentar:

  1. Dass Nadja so von der Rolle ist, haette ich nicht gedacht. Erstaunlich, dass das nicht den anderen Freundinnen auffaellt.
    Dass Nadja bei einem leixhten Knuff schon taumelt, ist kein gutes Zeichen. Sie faellt gerade in ein erzwungenes devotes, fast aengstliches Muster zurueck.
    Ob Mary da helgen kann?
    LG Kay

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