Montag, 17. Oktober 2011

Noctambule II: Joscelins Erfolg

Dies ist ein Kapitel aus KayGees Noctambule Band Zwei. Für eine Inhaltsübersicht zu bisherigen Inhalten schaut doch bitte hier: Inhaltsübersicht Noctambule II

Die Stunde, die sie zu Fuß marschieren musste, kam ihr endlos vor. Ständig dachte sie an Anya und hoffte, dass sie alles hatte, was sie brauchte und ruhig schlafen konnte. Als sie endlich den kleinen, gemütlichen Markt erreichte, der direkt am Stadtrand aufgebaut worden war, tummelten sich dort bereits unglaublich viele Menschen.
Joscelin machte dieses Mal nicht den Fehler, ihre Fische lauthals heraus zu schreien. Dass sie eine Lizenz brauchte, hatte sie sich gemerkt und da sie keine Ahnung hatte, woher sie die bekommen sollte, wollte sie erst einmal gar nicht auffallen.


An einem Stand mit frischem Obst und Gemüse blieb sie unschlüssig stehen. Die mollige Frau lächelte sie gütig an und wischte ihre Hände an der Schürze sauber.
"Na, junge Dame? Womit kann ich Euch denn helfen?" fragte sie mit einem Zwinkern. Joscelin lächelte nur kurz und scheu. Ihr war nicht nach kleinen Witzeleien, dafür hatte sie viel zu viel im Kopf.
"Ich brauche irgendetwas für eine ganz gesunde, kräftigende Suppe. Meine.. meine.. Mutter hat starkes Fieber." erklärte sie ein wenig hilflos stammelnd. Doch sie hatte genau den richtigen Ton gefunden und weckte den Mutterinstinkt bei der Marktfrau.
"Ach herrje! Und du bist so ein braves Mädchen, dass du ihr eine Suppe kochen willst?" Joscelin nickte und schaute ratlos auf das große Angebot, doch die Frau war schon dabei, Gemüse zusammenzustellen. Karotten, Sellerie, Bohnen und Zwiebeln wanderten in den Korb des Mädchens während sie vor sich hin plapperte.
"Am Besten wäre ja eine Hühnersuppe. Aber Huhn ist so teuer! Schau, ich packe dir ganz frische Möhrchen ein und hier, hach, da hab ich noch Ingwer. Der ist sehr gesund! Das Bohnenkraut schenk ich dir, weil du so eine Liebe bist! Warte, ich habe eine Idee, ich frage mal meinen Schwager, ob er nicht ein paar klitzekleine Hühnerschenkelchen übrig hat, die kochst du dann mit ein und du wirst sehen, deiner Mama geht es schnell besser!" Sie knallte Joscelin den vollen Korb vor die Füße und lief einige Stände weiter.
Während sie warten musste, hielt sie ratlos die Schale mit den Fischen in der Hand, denn der Korb war nun voll mit so viel Gemüse, dass sie glaubte, eine ganze Kompanie damit ernähren zu können. Und die Angst, das alles nicht bezahlen zu können wuchs und wuchs.
Endlich kam die Marktfrau strahlend zurück und hielt in der Hand ein Päckchen.
"Schau, ich habe etwas bekommen! So, nun lass mal sehen, was du an Geld dabei hast und ich rechne aus, was das alles kosten wird." Joscelin wurde rot und kramte nach den paar Münzen die sie mitgenommen hatte.
"Ich muss aber noch Verbandszeug mitbringen." stammelte sie und richtete sich bereits darauf ein, das Gemüse wieder zurückgeben zu müssen. Die Frau rechnete und zählte die Münzen und schürzte dann die Lippen. Noch während sie offensichtlich mit sich kämpfte, hielt Joscelin ihr die Schale mit dem Fisch entgegen.
"Ich könnte hiermit bezahlen." bot sie schüchtern an. Neugierig linste die Frau in die Schale und schnupperte. Ihre Augen wurden größer und größer, dann stippte sie mit dem Finger in den Sud und starrte Joscelin irritiert an.
"Was ist das? Wer hat das zubereitet?" fragte sie verblüfft. Joscelin wagte ein scheues Lächeln.
"Das war ich ganz alleine." erklärte sie stolz. "Probiert ruhig etwas von dem Fisch. Ich habe ihn extra in kleine Stückchen geschnitten!" Das ließ sich die Frau nicht zweimal sagen und fischte ein Stück heraus. Ihre Augen wurden groß und größer.
"Kindchen, das ist unglaublich gut! Du lieber Himmel, ich habe noch nie in meinem Leben so leckeren Fisch gegessen." rief sie aus und begann eifrig nach einer eigenen Schale zu suchen. Sie fand ein kleines Töpfchen und sah Joscelin erwartungsvoll an.
"Wenn du mir ein Drittel von dem Fisch gibst, hast du den Korb mit deinem Gemüse bezahlt. Ist das ein Angebot?" Das Mädchen wurde dunkelrot und keuchte vor Freude. Sie nickte sofort begeistert und die Beiden tauschten den Fisch aus. Auch die Marktfrau strahlte.
"So, nun gehst du dort drüben zu dem Mann mit dem schrecklichen Vollbart. Der hat schöne Stoffe für Verbände und dem sagst du, dass du Stoff gegen Fisch tauschen willst. Und versprich mir, dass du wieder kommst und viel mehr von diesem leckeren Zeug mitbringst, ja? Ich werde ihn dir abkaufen, versprochen!" Joscelin konnte ihr Glück kaum fassen.
Mit diesem Erfolg hatte sie nie im Leben gerechnet und so schwebte sie mehr als sie ging zu dem vollbärtigen Verkäufer und bezahlte die Stoffe mit dem gesamten restlichen Fisch. Fröhlich lief sie nach Hause und betete dabei, dass Anya die Zeit alleine gut überstanden hatte. Zu gerne hätte sie ihr von dem Erfolg auf dem Markt erzählt, doch würde das wohl warten müssen. Aber sie hatte ja genug Arbeit nun.

1 Kommentar:

  1. Eine kräftige Suppe ist vermutlich nicht das, was eine Vampirin braucht. Aber schaden wird sie mit Sicherheit auch nicht. Die Verbände allerdings sind sicherlich nicht verkehrt.

    Und außerdem hat Joscelin nun den Erfolg im Blut und sie wird alles daran setzen ihrer Freundin zu helfen.

    Und der Saure Fisch wird nun also zum Erfolg auf den Märkten Marseilles. Jetzt muss sie nur so schlau sein und nicht verraten, wie man das macht. Wenn die Marktfrau gewitzter gewesen wäre, hätte sie Joscelin das Geheimnis gewiss entlockt.

    Ihr Glück, dass es nicht passiert ist.

    So langsam allerdings mache ich mir Sorgen um die Kleine. Anya braucht eine etwas blutigere Mahlzeit. Und oft genug war schon Thema wie schwer es einem Vampir fällt seinen Durst nicht auch an geliebten Menschen zu stillen. Und zufällig wird sicher niemand mehr an dem Boot vorbei kommen. Anya muss jagen - und das kann sie nicht.

    So langsam könnte sich der ein und andere Sanghieri mal blicken lassen :)

    LG
    Joe

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