Dienstag, 11. Oktober 2011

Noctambule II: Armand trifft ein

Dies ist ein Kapitel aus KayGees Noctambule Band Zwei. Für eine Inhaltsübersicht zu bisherigen Inhalten schaut doch bitte hier: Inhaltsübersicht Noctambule II

Außer Atem, wie er war, drehte er sich um die eigene Achse und hob mit provokantem Lächeln die Arme, um sie wieder fallen zu lassen.
"Braucht ihr so viele, um mich zu besiegen?" fragte er hämisch, obwohl ihm nach Wutgeschrei zumute war. Keiner der Männer antwortete ihm. Reglos standen sie vor und hinter ihm, bildeten eine undurchdringliche Mauer und schienen fast darauf zu warten, dass er einen Durchbruchversuch startete.
George rührte sich nicht, sondern drehte sich immer wieder. Er war sicher, dass der nächste Zug von denen ausgehen musste, nicht von ihm. Die Reglosigkeit der Männer verwirrte ihn. Aus dem Augenwinkel sah er eine Bewegung an einem Fenster, aber dort wurden nur hastig die Vorhänge zugezogen. Man wollte keine Scherereien haben.


"Na kommt schon! Traut euch doch mal!" forderte er die Männer heraus und lachte höhnisch, als noch immer keine Reaktion kam. Hinter der Mauer aus den drei Männern vor ihm konnte er zwei Betrunkene sehen, die eigentlich in diese Straße hatten einbiegen wollen. Doch sie erfassten die Situation sofort und zogen sich hastig wieder zurück. Langsam wurde ihm wirklich mulmig. Sie schienen zu hoffen, dass er den ersten Schritt tun würde und es kostete ihn tatsächlich Überwindung, ruhig stehen zu bleiben. Unter den drei Männern erkannte er Sergej und sprach ihn direkt an.
"Du da! Wir beide haben auch noch eine Rechnung offen. Trau dich!" rief er ihm zu, doch auch Sergej blieb einfach stehen. Allerdings senkte er angriffsbereit den Kopf und stieß ein tiefes Knurren aus.
Nach gefühlten Stunden – es waren nur einige Minuten – hörte er das Rattern von Kutschenrädern und das Schlagen von eiligen Hufeisen auf dem groben Kopfsteinpflaster. Kurz danach kam die Kutsche um die Ecke und die Pferde hielten schnaufend. Gebannt beobachtete er, wie sich die Tür öffnete und ein Mann herausfaltete, der immer größer zu werden schien. Verdammt, das war Armand! Doch Armand kümmerte sich scheinbar gar nicht um ihn, sondern reichte die Hand in die Kutsche.
Fast erwartete George, dass Anya hoheitsvoll aussteigen würde, doch kletterte äußerst wackelig der alte Sanghieri heraus. Auch das noch! Armand hatte ganz offensichtlich den Segen des Alten, den er selbst beinahe um den Finger gewickelt hatte, senil wie der war!
George schnaufte und ruckte mit den Schultern, um seine Muskeln zu lockern. Nun gut. Sollte Armand eben kommen.
Das tat er auch. George sah, wie Armand den viel kleineren alten Mann behutsam führte, bis er sich selbst auf seinen Gehstock stützen konnte. Dann drehte Armand den gesenkten Kopf und warf George einen langen, bösartigen Blick zu. Sein Gesicht war maskenhaft starr, George konnte die schwarzen Augen kaum erkennen in der Dunkelheit, zumal die langen, schwarzen Haare teilweise trotz des Zopfes in die Stirn fielen. Auch als Armand sich nun mit langen, geschmeidigen Schritten auf George zu bewegte, sah er nur dunkle Höhlen und konnte den Ausdruck der Augen nicht einschätzen. Allerdings reichte auch das steinerne Gesicht. Armand war sauer.

Aber Armand war nicht nur sauer. Es war viel, viel schlimmer, denn Armand war in einem Tunnel. George ahnte, dass Armand jetzt und hier eine Entscheidung anstrebte und nichts anderes mehr dachte.
Zu seinem Schreck blieb Armand nicht einige Meter vor ihm stehen, wie es sich für eine vernünftige Auseinandersetzung gehört hätte. Er ging schnurstracks auf ihn zu und George musste schnell entscheiden, ob er nun selbst angreifen oder ruhig stehen bleiben sollte. Weglaufen wäre seine liebste Entscheidung, aber das kam natürlich gar nicht in Frage.
Er entschied sich für den Angriff und wartete die richtige Entfernung ab. Im letzten Moment griff er in seinen Gürtel und zückte sein Messer, das er immer mit sich führte, mit der linken Hand. Wortlos griff er an.

Armand verlangsamte seine Schritte sofort und duckte sich leicht, um dem Angriff begegnen zu können. George war sich seiner Sache sicher. Früher oder später würde er Armand besiegen, denn er war der Kleinere, Schnellere von beiden. Zudem hatte er mit dem Messer seine eigene Reichweite vergrößert und stand Armand gegenüber nicht im Nachteil. Dieser große Mann war viel zu langsam für ihn und würde in dieser Nacht sterben.

1 Kommentar:

  1. Ein wenig hat das ja etwas von einer Schulhofszene - Fehlt nur noch dass die Vampire drumherum "Prügel Prügel Prügel.." schreien.

    Nur denke ich, es wird nicht so harmlos ausgehen, wie eine Schlufhoschlägerein. Spätestens jetzt, wo das Messer aufgetaucht ist, bin ich mir siche,r dass einer von den Beiden heute sein Leben lassen wird.

    Aber ob George sich da so sicher sein kann? Natürlich ist Armand ohne Messer im Nachteil. Dennoch könnte ich mir auch vorstellen, dass die Sanghieris auf einem fairen Kampf bestehen und das Messer aus dem Geschehen entfernen. Dennoch: So oder so wird das für Armand ein hartes Stück Arbeit. Und sein Tunnelblick und seine Fokussierung auf das Töten des Rivalen sind da sicher keine große Hilfe.

    Liebe Grüße
    Joe

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