Dienstag, 8. März 2011

Noctambule: Unzufriedener George

Dies ist ein Kapitel aus KayGees Noctambule. Für eine Inhaltsübersicht zu bisherigen Inhalten schaut doch bitte hier: Inhaltsübersicht Noctambule

George wanderte unruhig auf und ab. Die Nacht war noch jung. Es passte ihm nicht, dass Sanghieri sich nun wieder seinen Gästen widmete und Armand vergessen zu haben schien. George aber hatte ihn nicht vergessen. Er grübelte, wie er aus Armand das Geständnis herauspressen konnte, das er benötigte.
Auf keinen Fall durfte irgendjemand – schon gar nicht Sanghieri – versuchen, in George zu lesen. Auch nicht in Armand, denn der wusste Dinge über ihn, die sonst niemand wissen durfte. Es hatte ihn viel Zeit und Arbeit gekostet, das Vertrauen Sanghieris zu erlangen. Damit erhoffte er sich, dass Sanghieri nicht den Versuch machte, in seiner Privatsphäre herumzusuchen.


Er musste einfach das Geständnis aus ihm herauslocken, koste es, was es wolle. Aber es musste in Gegenwart von Sanghieri geschehen. Nur zu gerne würde er die Arbeit übernehmen, Armand davon zu überzeugen, dass es besser war, zu reden. Aber dazu benötigte er Isabelle und Anya. Seine Spielchen mit der kleinen Frau würden Armands Zunge lösen, davon war er überzeugt.
Ein Blick auf die Uhr ließ ihn unruhig seufzen. Isabelle war überfällig. Sie hätte längst da sein sollen mit Anya.
Georges kleines Zimmer führte auf die Seitenstraße direkt über dem Seiteneingang. Immer wieder führten ihn Geräusche an das Fenster, in der Hoffnung, Isabelle zu sehen. Aber entweder wurden Küchenabfälle hinausgebracht oder ein Dienstbote verließ das Haus für einen Botengang. Ein anderes Mal kam einer der Söhne Sanghieris mit einem apathisch wirkenden jungen Mann durch den Hintereingang ins Haus. George grinste. In regelmäßigen Abständen schwärmten die Jungs aus, um Sanghieri einen Menschen zu bringen. Der Alte war nicht mehr in der Lage zu Jagen. Es war Zeit, dass er endlich ins Gras biss und seinen beiden Söhnen das Imperium überließ.
Endlich sah er Isabelle. Mit einem unzufriedenen Knurren sah er, dass sie alleine war. Er ahnte Schlimmes. Isabelle war bereits bekannt und passierte die Wachen am Hintereingang. Zügig fand sie Georges Zimmer und betrat es nach einem kurzen Anklopfen. George hatte am Fenster gestanden und die Hände auf dem Rücken verschränkt. Er wandte ihr weiterhin seinen Rücken zu.
"Wo ist Anya?" fragte er knapp. Isabelle kniff die Augen zusammen über seine unhöfliche, barsche Art. Er hätte sie wenigstens ansehen können, wenn er sie schon nicht begrüßte.
"Tot." sage sie knapp. Nun drehte sich George doch um und musterte sie scharf.
"Musste das sein?" zischte er sie an. Isabelle zuckte mit den Schultern.
"Sie war doch schon halb tot, als du uns da alleine gelassen hast! Die war zu nix mehr zu gebrauchen!" George starrte sie immer noch an. In seinem Blick lag Misstrauen.
"Verheimlichst du mir etwas?" fragte er lauernd nach. In diesem Moment bedauerte er es, nicht genug Zeit zu haben, um in Isabelle lesen zu können. Er hörte, dass sich die ersten Gäste verabschiedeten. Sanghieri würde bald Zeit haben.
Isabelle glitt in einen Sessel und streckte die Beine aus. Ihre Unzufriedenheit war grenzenlos. George misstraute ihr zunehmend. Sie kannte seine Eigenart, gerne auf ihren Fehlern herumzureiten und hatte wenig Lust, von den Vorfällen zu berichten. Zumal sie sich nur dunkel an den Mann erinnerte, der sie überrumpelt und niedergeschlagen hatte. Was auch immer dieser Kerl mit Anya wollte, sie war bereits fast tot gewesen. Viel Freude hätte der ohnehin nicht mehr mit ihr. Und ein einzelner Vampir konnte ihrem Plan nicht gefährlich werden. Sollte der mit Anya spielen.
"Natürlich verheimliche ich dir was. Auf dem Weg hierher hatte ich guten Sex mit einem stattlichen Mann. Willst du die Einzelheiten wissen?" schnurrte sie anzüglich. Georges Blick funkelte kurz auf. Es störte ihn nicht, dass sie mit anderen Männern schlief. Im Gegenteil. Isabelles Eskapaden waren stets ein erregender Quell neuer Ideen. Es gab fast nichts, was sie nicht schon gemeinsam ausprobiert hatten. Am liebsten hatte er es jedoch, wenn sich Isabelle eine Frau holte und sie mit ihm teilte.
Diesbezüglich hatte er sich bei Anya am meisten darauf gefreut und war schwer enttäuscht worden. Anya hatte sich zu wenig gewehrt und in Apathie geflüchtet. Bevor er sich aber in schmutzige Fantasien stürzen konnte, klopfte es an der Tür. Ein übermüdeter Diener steckte den Kopf herein.
"Signore Sanghieri erwartet Euch." meldete er. George zupfte seinen Kragen zurecht und ordnete seine Kleidung. Mit einem herrischen Nicken scheuchte er Isabelle aus dem Sessel.
"Jetzt wird’s spaßig." grinste er und eilte vor Isabelle aus dem Zimmer.

1 Kommentar:

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