Montag, 9. Juli 2012

Noctambule III: Verzweifelte Wut

Dies ist ein Kapitel aus KayGees Noctambule Band Drei. Für eine Inhaltsübersicht zu bereits veröffentlichten Inhalten schaut doch bitte hier: Inhaltsübersicht Noctambule III

Aus einigen verkohlten Brettern und Steinen hatten Fabrizio und Carlos sich und ihren beiden noch benommenen Kameraden einen Unterschlupf in den verkohlten Ruinen des Hauses zusammen gebaut, in dem sie den Tag überstehen konnten. Fabrizio ließ sich mehrfach Enricos ungenaue Schilderung wiederholen, in der Enrico vorgab, nicht zu wissen, wer ihn niedergeschlagen hatte.


"Ich habe Massimo zu dem Baum gezogen, weil ich ihn vom Feuer weg haben wollte. Dort haben wir die beiden Gefangenen gut im Blick gehabt. Mit einem Überfall habe ich nie gerechnet." hatte Enrico zerknirscht erklärt und den kritischen Blicken seines Freundes wacker stand gehalten.
Fabrizio konnte den Bericht Enricos nicht richtig einordnen. Zum einen gab es keinen Grund, ihm nicht zu glauben und sein Gesicht begann nun erst sich wieder zu regenerieren. Man sah doch, wer einen niederschlug? Ein Vampir hörte doch, wenn sich jemand von hinten näherte! Niemand konnte das Gehör eines Vampirs überlisten! Es war nur ein Gefühl, aber es ließ Fabrizio nicht los. Immer wieder warf er einen nachdenklichen Blick auf Enrico, der niemals auswich und sich besorgt um seinen Kameraden kümmerte.
Carlos hingegen nahm die Neuigkeiten gleichmütig auf. Aus seiner Sicht war der Plan der Vernichtung einfach in die Hose gegangen und bedurfte einer neuen, besseren Strategie. Allerdings war Strategie nicht seine Stärke und er wartete einfach darauf, neue Befehl zu erhalten.
Das Töten schreckte ihn überhaupt nicht ab. Wer es verdient hatte zu sterben, war selbst daran schuld und wer darüber entschieden hatte, mochte seine Gründe haben. Entsprechend gelassen richtete er sich sein Lager für den Tag und verbrachte die Zeit mit erholsamem Schlaf. Fabrizio ließ seinen Blick wieder zurück zu Enrico wandern und schloss schließlich ebenfalls die Augen. Noch beim Einschlafen überlegte er seine nächsten Schritte. Das Einzige, was gerade feststand, war der Entschluss, Enrico in der nächsten Zeit nicht aus den Augen zu lassen. Der kleinste Fehler würde ihm als Beweis genügen. Und dann war sein Freund eben einfach nicht mehr sein Freund, sondern ein Verräter. Und er würde sterben.

Nicht weit entfernt hinter den verkohlten Überresten der Scheune lagen die beiden Freunde und versuchten, sich mit Hilfe ihrer nassen Umhänge vor der Sonne zu schützen, die sich zaghaft durch das dichte Blätterwerk der Büsche drängte. Es regnete nicht mehr, doch der Geruch des Brandes lag noch in der Luft und der Boden unter ihnen war aufgeweicht und kühlte die Körper auf eine unangenehme, stetige Weise aus.
Die Kälte war jedoch Sergejs kleinstes Problem. Armand war trotz verzweifelter Wut in einen tiefen Schlaf gefallen, was Sergej einerseits gut fand, denn so würde die Erholung schneller einsetzen. Es hatte ihn viel Kraft gekostet seinen Freund zurückzuhalten, denn Armand war wild entschlossen, sofort hinauszustürmen und Fabrizio zu töten. Nur mühsam konnte er ihn davon überzeugen, still zu bleiben und Kraft zu sammeln, bevor er seinen Plan umsetzte. Allein die Tatsache, wie tief Armand nun schlief, erschreckte Sergej massiv. Wieder einmal hatte sein Freund eine Verletzung, die ihm Sorge bereitete und mehrere Male wäre ihm beinahe ein lautes Seufzen herausgerutscht.
Auch Sergej war erschöpft. Doch sein Körper war stark genug und nutzte den Tag der Ruhe, um sich zu erholen. Gegen Abend fühlte er sich bereits wieder kräftig genug, um die Flucht zu ergreifen und endlich Miriam zu finden, um die er sich große Sorgen machte.
Noch immer war er nicht sicher, welche Frau in der vergangenen Nacht diesen langen Schrei ausgestoßen hatte. Angst, Sorge und Zorn mischten sich im Laufe des Tages zu einer mörderischen Wut. Wenn Miriam auch nur ein Haar gekrümmt worden war, würde er wie ein Berserker unter den Sanghieri wüten.
Doch auch er hatte den zornigen Ruf Fabrizios gehört, der von Armands Frau gesprochen hatte. Stimmte das denn auch? Lebten beide Frauen überhaupt noch? In Sergej nährte die Verzweiflung den Zorn. War Anya trotz ihrer Schwangerschaft ungeschützt gewesen? Hatten die beiden Frauen überhaupt eine winzige Chance gegen zwei starke Männer gehabt?
Am Liebsten wäre Sergej bei Einbruch der Nacht losgestürmt, um die Frauen im Wald zu suchen. Doch da war auch noch Armand, den er auf keinen Fall schutzlos hier liegen lassen wollte. Falls Fabrizio ihn finden würde, wäre Armands Leben keinen Sous mehr wert. Doch würde Armand noch leben wollen, wenn Anya und dem ungeborenen Kind etwas geschehen war? Sergej bezweifelte das und zum ersten Mal in seinem Leben hatte er vollstes Verständnis für seinen Freund. Ein Leben ohne Miriam wollte er sich nicht mehr vorstellen.

1 Kommentar:

  1. Enrico ist wirklich eiskalt. Er kann sich den Blicken seines Oberhauptes und Freundes stellen ohne auszuweichen. Das muss er jetzt nur noch beibehalten. Dann wird ihm schon nichts passieren.

    Fabrizio dagegen sollte so langsam sehen, dass er das Handtuch werfen muss. Die Sache verkommt doch für ihn zur Posse. Um eine verwandelte "Streunerin" und einen Feind zu suchen opfert er Kameraden und Untergebene und bringt sich selbst in Gefahr. Hier scheint die Bewertung von Verhältnismäßigkeit arg verloren gegangen zu sein.

    Ich bin sicher, dass es ihm letztendlich nicht viel einbringen wird. Egal, was er noch erreicht. Zu Ruhm gelangt er mit diesem Ausflug jedenfalls nicht.

    Armand schläft. Das ist gut und erholsam. Sergej sollte sich nicht so viele Sorgen machen. Jetzt am Abend kann er ihn wecken und sie werden schon davonkommen.

    Sie haben beide ja lange gebraucht um sich so unsterblich zu verlieben. Aber nun ist es passiert. :) Jetzt sucht eure Mädels und zieht euch zurück. Um die Sanghieri kann man sich später kümmern. :)

    LG
    Joe

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