Donnerstag, 5. Juli 2012

Das Hafentor

Dies ist eine Fortsetzungsgeschichte. Für eine Inhaltsübersicht zu bisherigen Inhalten schaut doch bitte hier: Übersicht Nadja

Die Reise hatte Mykola mehr mitgenommen als er gedacht hatte. Es hatte keine Schlafwagen gegeben, so hatte er sich mit den engen Sitzen der zweiten Klasse begnügen müssen um nachts ein paar Stunden Schlaf zu finden. Der wurde allerdings dann davon unterbrochen, dass er um zwei Uhr nachts umsteigen musste, und drei Stunden Aufenthalt auf einem zugigen Bahnhof hatte. Entsprechend gerädert kam er in Hamburg an.

Dort stellte er fest, dass Dollar in Deutschland offensichtlich keineswegs den Ruf besaßen, welchen sie in der Ukraine hatten. Es dauerte eine ganze Weile bis er endlich einen Kaffee und ein Brötchen mit ein paar seiner Dollars bezahlen durfte. Danach stand er jedoch vor dem Problem, dass er einen Fahrschein für die U-Bahn brauchte. Und diesen mit Dollar zu bezahlen blieb vollkommen aussichtslos. Verärgert wechselte er bei einer Reise-Bank am Bahnhof einen Teil der Dollars in Euro. Der Kurs zu dem ihm das Geschäft angeboten wurde, war grauenhaft.

Mit seinen wenigen Worten Deutsch schaffte er es sogar herauszufinden, mit welcher U-Bahn und Straßenbahnlinie er zum Hafen kam. Es dauerte nur kurz, bis er wieder aus der Bahn steigen konnte und ihm der Geruch des Hafens entgegenschlug. Etwas verloren stapfte er über das riesige Gelände und versuchte sich ein wenig durchzufragen. Doch mit seinem Deutsch kam er nicht wirklich weiter. Ihm fehlten zu viele Worte, um seine Frage nach einer Heuer, venünftg zu formulieren. Außerdem sprachen viele der Hafenarbeter kein Wort Deutsch, sondern antworteten ihm in verschiedenen Sprachen, die er nicht beherrschte. Und oft hörte er auch etwas, dass er für deutsch hielt, wenn er auch kein einziges Wort davon verstand.

Schließlich musste er sich eingestehen, dass der Hamburger Hafen, wohl sehr viel größer war, als er das angenommen hatte. Immer wieder hatte er ganz normale Straßen überschritten und von Wasser war auch immer noch nichts zu sehen, wenn auch der Duft allgegenwärt war und hier und dort zwischen den vielen Hallen in der Ferne Schiffe zu sehen waren. Doch der Weg dorthin war stets mit Zäunen versperrt. Frustriert ließ er sich an etwas, dass wie eine Bushaltestelle aussah nieder und packte das zweite Brötchen, dass er vom Bahnhof mitgenommen hatte aus.

Früher war soetwas viel einfacher gewesen. Da war er einfach ans Hafentor gegangen und hatte eine halbe Stunde später eine Heuer gehabt. Doch bislang hatte er in Hamburg nicht mal das Hafentor gefunden. Außerdem sprach er offensichtlich nicht ansatzweise ausreichend die Sprachen die hier von Nöten waren. Für einen Augenblick wünschte er sich, er wäre doch mit der transsibirschen Eisenbahn nach Vladivostok gefahren. Da hätte er im Zug schlafen können und wäre schließlich in Russland ausgekommen. Wenn er auch nicht wirklich gut Russisch sprach, so war es doch immer noch besser als die paar Brocken Deutsch.

Kurz überlegte er noch, ob es sich lohnte, hier vielleicht eine Mütze voll Schlaf zu nehmen, als er in einiger Entfernung zwei Männer aus einer Halle kommen sah. Den einen hatte er vorhin etwas gefragt, der hatte jedoch nur unverständlich geantwortet. Den anderen hatte er vorher noch nicht gesehen. Doch nun schauten sie beide zu ihm herüber und der eine deutete mit dem Arm. Verunsichert setzte Mykola sich wieder auf.

1 Kommentar:

  1. Ich dachte mir schon , dass er mit seinen Dollar Probleme bekommt. Das gefällt mir natürlich. Soll er doch im Hafen versauern!
    Mich wundert seine Naivität ja schon ein bisschen. Hat er wirklich geglaubt, dass das alles so einfach geht?
    Zudem gehört entweder Mut oder Dummheit dazu, so unvorbereitet los zu reisen. Hat er etwas angestellt? Ist er auf der Flucht? Hmmmm.... Da braut sich auf jeden Fall was zusammen.
    LG Kay

    AntwortenLöschen

Bitte beim Kommentieren höflich bleiben. Es gibt hier die Möglichkeit Anonym zu kommentieren, aber denke bitte kurz nach ob du das wirklich möchtest. Unterzeichne deinen Kommentar doch mit einem Pseudonym oder deinen Initialen, dass man weiß, welche Kommentare alle von dir sind. Oder noch besser, du nutzt nicht die Auswahl "Anonym" sondern "Name/URL" und lässt das Feld für die URL einfach frei. Dann wird dein Kommentar mit deinem selbst gewählten Namen angezeigt.

Vielen Dank.