Freitag, 20. Juli 2012

Noctambule III: Verhängnisvolle Böschung

Dies ist ein Kapitel aus KayGees Noctambule Band Drei. Für eine Inhaltsübersicht zu bereits veröffentlichten Inhalten schaut doch bitte hier: Inhaltsübersicht Noctambule III

Miriam hatte zwar ab und zu mal ihr Bett heimlich von beschämenden Flecken ihrer monatlichen Unpässlichkeit zu reinigen versucht, aber selbst da war sie oft genug gescheitert und hatte den Stoff verschämt ihrer Amme oder einem Dienstmädchen in die Hand gedrückt.
Niemand hatte ihr das übel genommen, denn schließlich gab es ja genau dafür das Personal. Die verschmutzten Windeln hier am kalten Wasser des Flusses zu waschen, erwies sich als noch schwieriger.


Miriam hatte weder Seife noch Waschbrett. Sie versuchte sich mit den Steinen zu behelfen und rieb angestrengt den nassen Stoff darüber, doch sogar in der Dunkelheit konnte sie erkennen, dass ihre Versuche recht erfolglos waren.
Schwitzend und keuchend schrubbte sie die Tücher weiter. Nie hätte sie gedacht, dass diese Arbeit so anstrengend sein würde. Wie schwer war es dagegen erst, ein Tischtuch zu reinigen oder gar ihre Kleider? Miriams Respekt vor den Waschfrauen wuchs mehr und mehr.
Bald hatte sie kaum noch Gefühl in ihren klammen Fingern, doch sie war noch immer nicht bereit aufzugeben. Nach einer weiteren Pause kniete sie sich auf die inzwischen klatschnassen Steine und schrubbte mit vollem Krafteinsatz. Die Kälte ihrer Finger und Beine stand in krassem Gegensatz zu dem Schweiß, der sich auf ihrer Stirn bildete. Aber sie entdeckte erste Erfolge ihrer Arbeit und das spornte sie an.
Doch schließlich brauchte sie eine neue Pause, um ihre Finger warm zu hauchen und unter die Achseln zu schieben, damit sie schneller aufwärmten. Durch das Plätschern des Wassers und der nassen Wäsche hatte sie auf keine weiteren Geräusche geachtet, doch nun lauschte sie auf. Der kleine Raoul schien bisher friedlich geschlafen zu haben, aber hatte sie nicht gerade eben ein kleines Wimmern gehört? Alarmiert richtete sie sich auf und lauschte noch einmal. Ja, nun hörte sie es deutlich. Der kleine Kerl war wach und meldete sich zaghaft.
Miriam hatte sofort ein schlechtes Gewissen. Das Baby war noch so klein und brauchte unbedingt die Wärme und Geborgenheit seiner Mutter. Anya würde sicher bald zurück sein, aber bis dahin war es ihre oberste Aufgabe, sich um das Kind zu kümmern. Und sie hatte es einfach dort oben liegen lassen und über ihrer Arbeit völlig vergessen!
Hastig suchte sie die nasse Wäsche zusammen, warf sie dann aber doch wieder hin. Die konnte sie auch noch holen, wenn Anya zurückgekehrt war. Jetzt sollte sie lieber so schnell es ging zu Raoul hinauf klettern und ihn ablenken, bevor er noch lauter zu weinen begann und vielleicht noch jemanden anlockte.
Miriam drehte sich um und begann, die rutschigen Steine zu überqueren. Mit einem Sprung hatte sie das Ufer wieder erreicht und suchte nach dem Weg hinauf. Von hier unten wirkte die Böschung noch steiler als auf dem Weg hinunter. Halt suchend griff sie nach einem Grasbüschel und stemmte ihren Fuß in den schlammigen Abhang. Sie zog sich hoch und wollte gerade nach einer Baumwurzel greifen, als das Grasbüschel dem Gewicht ihres Körpers nachgab und mitsamt den Wurzeln aus dem Erdreich riss.
Miriam verlor den Halt. Mit rudernden Armen versuchte sie das Gleichgewicht zurück zu gewinnen, doch ihre Füße hatten keinen sicheren Stand und rutschten in dem nassen Lehm weg. Ihr Körper fiel zurück und prallte mit dem Rücken schmerzhaft auf den steinigen Uferbereich.
Miriam fehlte die Luft zu einem Schrei. Sie spürte den stechenden Schmerz am Kopf, als sie gegen einen Stein schlug und verlor das Bewusstsein. Ihr Körper rutschte unkontrolliert weiter, rollte zwischen die Steine ins seichte Wasser, riss die frisch gewaschenen Windeln mit sich und blieb schließlich eingeklemmt zwischen zwei großen Steinen liegen.

Der Sog des fließenden Wassers zerrte an ihrem kraftlosen Körper bei dem Versuch, ihn mit sich in den Strom zu ziehen. Raouls Wimmern und Quengeln verhallte ungehört, während die frisch gewaschenen Stoffwindeln vom Wasser erfasst und fortgetragen wurden. Ein kleiner roter Faden wand sich durch die nassen Haare der bewusstlosen jungen Frau, wurde vom Wasser aufgefangen und verteilte sich darin, bevor er sich ganz auflöste.

1 Kommentar:

  1. Argh!!

    Um Gottes Willen...

    Miriam hat es so gut gemeint und wird dafür so schändlich bestraft. Ich hoffe der Schlag hat sie nur das Bewusstsein und nicht das Leben gekostet.

    Wird Anya das Mädchen finden? Sie kann Blut ja sehr gut riechen. Also sollte es doch ein Leichtes sein, sie im Fluss zu finden.

    Dann könnte sich Anya für die Hilfe bei der Geburt revanchieren und Miriam das Leben retten. Wenn sie dazu noch Gelegenheit hat.

    Oh man! Und jetzt hänge ich hier mittendrin! Argh!

    Trotzdem Liebe Grüße
    Joe

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