Montag, 2. Juli 2012

Noctambule III: Lähmende Angst

Dies ist ein Kapitel aus KayGees Noctambule Band Drei. Für eine Inhaltsübersicht zu bereits veröffentlichten Inhalten schaut doch bitte hier: Inhaltsübersicht Noctambule III

Die beiden Frauen rückten enger aneinander. Anya zog ihre Beine an und verzog das Gesicht, als sie das heftige Ziehen in ihrem Unterleib spürte. Die Geburt hatte offensichtlich heftigen Muskelkater ausgelöst, zumindest fühlte es sich so an. Miriam rutschte näher an sie heran und zog lautlos das Messer hervor, während Anya besorgt zu dem Baby sah, das von der leichten Bewegung seiner Mutter kurz zusammenzuckte, aber dann weiter schlief.


Ein neues Knacken und Rascheln ließ beide Frauen erschauern. Anyas Augen flogen über die Senke, in die sie gerutscht war und die sie von ihrem Platz aus gut übersehen konnte. Der Regen hatte den größten Teil ihrer Spuren in dem aufgeweichten Schlamm verwischt. Ihr prüfender Blick glitt durch ihr Versteck, doch Miriam hatte bereits darauf geachtet, dass nicht einmal der kleinste Stofffetzen unter dem Felsüberstand hervor lugte und selbst die Beine noch enger an sich gezogen.
Anya wagte nicht, den Kopf nach vorne zu schieben, um die gegenüberliegende Oberkante zu beobachten. Sie mussten nun einfach nur lautlos durchhalten und hoffen, dass sie tief genug im Schatten lagen, um nicht von den unsichtbaren Feinden entdeckt zu werden.
Ihre größte Angst war nun, dass das Baby aufwachen und weinen könnte. Ob es die Angst der Mutter spürte? Instinktiv zog sie den Umhang höher und streichelte behutsam den kleinen Körper. Dabei tastete sie unauffällig und schob ihre Brust so, dass das Kind nur den Mund öffnen musste, um trinken zu können. Hoffentlich konnte sie es damit ruhig stellen, wenn es aufwachen sollte.
"Nichts zu sehen." Die Stimme war so laut und direkt über ihnen, dass Miriam die Hand auf den Mund presste und den Atem anhielt.
"Aber es riecht seltsam." murmelte eine zweite Stimme nachdenklich. Die beiden Frauen warfen sich panische Blicke zu.
"Ja. Nur ganz schwach. Blut." Füße scharrten auf dem Felsen über ihnen. Anya schloss kurz gequält die Augen. Entweder half die Schlammschicht auf Miriam nicht oder es waren noch Spuren ihrer Geburt in der Luft.
"Ich rieche es auch. Seltsam. Irgendwie nicht menschlich, glaube ich. Ist zu schwach." Hoffnung glomm in Miriams Augen auf. Hatte der Regen die Spuren gut genug verwaschen? Noch immer versuchte sie, möglichst gar nicht zu atmen. Wieder scharrten die Füße, als würden sich die Männer genau umsehen.
"Ein verletztes Tier? Meinst du, es ist da runter gefallen? Wollen wir nachsehen?" Erneut wechselten die Frauen ängstliche Blicke. Anya versuchte, in ihrer Anspannung das Kind nicht zu fest an sich zu pressen und damit zu wecken. Miriam packte den Griff ihres Messers fester ohne genau zu wissen, was sie damit tun sollte. Sie hatte noch nie eine Waffe benutzt.
"Was willst du da unten? Da ist nichts, das siehst du doch. Einfach ein Erdrutsch."
"Also ich hab keine Lust, mich da einzusauen für nichts und wieder nichts." Die Worte warfen Anya und Miriam zwischen Angst und Erleichterung herum. Eine Weile war überhaupt nichts zu hören. Die Zeit schien stehen geblieben zu sein.
"Na gut. Lasst uns umkehren. Hier sind sie nicht." Anya sackte innerlich zusammen und schloss die Augen, riss sie jedoch sofort wieder auf, als sie das unzufriedene Murren hörte, das einer der Männer ausstieß. Mindestens einer war noch nicht überzeugt. Aber sie hörten erneut Schritte und wagten noch immer nicht, sich zu bewegen.
Als Anya sah, dass Miriam erleichtert die Hand von ihrem Mund sinken ließ und den Kopf an den Felsen zurück lehnte, schüttelte sie warnend den Kopf. Noch immer war die Gefahr für sie nicht vorbei. Das Gehör der Vampire war zu gut und außerdem befürchtete sie, dass die Männer dort oben längst ahnten, wo sie waren und mit ihren Worten nur eine falsche Sicherheit suggerieren wollten. Miriam verstand und blieb stumm. So konnte Anya ein entferntes Rascheln hören und das Schmatzen von Schlamm, als ein Schuh daraus gezogen wurde.
In diesem Moment öffnete das Baby die Augen und bewegte sich unruhig. Hastig versuchte Anya, ihm die Brust zu geben, aber ein leises Raunen war so deutlich zu hören wie ein Schrei. Miriam presste entsetzt die Hand auf ihren Mund und starrte nach draußen. Auch Anya war erstarrt. In ihren Ohren klang das winzige Schmatzgeräusch des Babys wie ein Peitschenknall.
Hilflos starrte Anya ihre Freundin an. Würde sie dem Kind die Brust entziehen, würde es schreien. Das Schmatzen war also wohl das kleinere Übel und sie versuchte es mit mehreren Schichten des Umhangs zu dämpfen ohne das Kind zu ersticken.
Die beiden Frauen verharrten stumm und angespannt ohne zu wissen, wie lange. Keine wagte einen Laut von sich zu geben und das Kind war endlich auch wieder eingeschlafen. Anya spürte, dass sie dem Kind die andere Brust anbieten müsste, um den inzwischen schmerzhaften Druck loszuwerden, doch sie wagte es nicht. Schließlich spürte sie, wie die Milch von alleine heraus lief und ihr Hemd durchnässte. Sie konnte die warme Muttermilch selbst riechen und erneute Angst lähmte sie. Waren die Männer noch da? Konnten sie es ebenfalls wahrnehmen?

1 Kommentar:

  1. Ich habe beim Lesen die Luft angehalten! Übel!

    Also doch das Baby, dass sie verrät. Nicht Kraft seiner Gedanken sondern mit schmatzenden Lauten.

    Was nun? Die Kerle dort oben über der Höhle sind auf Jagd gepolt. Sind sie faul genug, diese "Chance" auszulassen. Und was, wenn sie sie tatsächlich finden.
    Mit Miram wird wohl keiner großes Mitleid haben. Aber was ist mit dem Baby und Anya? Eine Frau umzubringen ist das eine - eine shcwangere das nächste, aber was ist mit einem Baby?

    Die Angst hätte noch lähmender sein sollen.

    Ich hoffe es geht gut!

    LG
    Joe

    AntwortenLöschen

Bitte beim Kommentieren höflich bleiben. Es gibt hier die Möglichkeit Anonym zu kommentieren, aber denke bitte kurz nach ob du das wirklich möchtest. Unterzeichne deinen Kommentar doch mit einem Pseudonym oder deinen Initialen, dass man weiß, welche Kommentare alle von dir sind. Oder noch besser, du nutzt nicht die Auswahl "Anonym" sondern "Name/URL" und lässt das Feld für die URL einfach frei. Dann wird dein Kommentar mit deinem selbst gewählten Namen angezeigt.

Vielen Dank.