Dienstag, 24. Juli 2012

Noctambule III - Rückblick: Zwei Händler

Dies ist ein Kapitel aus KayGees Noctambule Band Drei. Für eine Inhaltsübersicht zu bereits veröffentlichten Inhalten schaut doch bitte hier: Inhaltsübersicht Noctambule III

Sittard 1586

Jan rülpste laut und klopfte sich müde auf die Brust. Nachdem sein Kompagnon Dirk drei Stunden hinten im Wagen geschnarcht hatte, war es Jan zu langweilig geworden. Er hatte seinem Freund rüde die leere Flasche auf den Bauch geworfen, woraufhin dieser schimpfend aufgewacht war. Die Flucherei ließ Jan völlig kalt. Er grinste und erduldete die Tirade, bis Dirk endlich zu ihm auf den Kutschbock kroch und den Korb mit Proviant hinter sich her zerrte.



Nun hatten sie Brot, Schinken und Käse gegessen, eine neue Flasche Rum geöffnet und schwiegen müde vor sich hin, Dirk langsam wach werdend, Jan immer träger. Der lange Weg von Eindhoven war mehr als anstrengend. Dirk und Jan pendelten mit ihrem Ochsenkarren seit drei Jahren stets zwischen Eindhoven und Sittard. In dem kleinen, malerischen Örtchen im Süden luden sie Torf, Äpfel und Getreide auf, was sich alles hervorragend in Eindhoven verkaufen ließ.
Nach dem letzten vernichtenden Feuer hatte sich Eindhoven noch nicht besonders erholt. Zwar standen die meisten der niedergebrannten Häuser wieder, doch die Bevölkerung, die den Großbrand überlebt hatte, kehrte nur langsam wieder zurück und die Landwirtschaft konnte die Stadt nicht annähernd gut versorgen, geschweige denn Geschäfte mit den Nachbarn machen. Was aber aufblühte waren Schmiedekunst und Holzverarbeitung. Jan kaufte von einem Teil des Erlöses aus dem Verkauf Werkzeuge, Holz und Eisenrohlinge, die er den Bauern in Sittard gewinnbringend anbieten konnte.
Dieser einfache Handel erwies sich als äußerst bereichernd. Die beiden Ochsen waren genügsam und sowohl Dirk als auch Jan begnügten sich mit ihrem Handelswagen statt einer teuren Unterkunft. Hin und wieder genehmigten sie sich zwar eine Nacht bei einer Hure, doch überwiegend schliefen die Männer auf dem harten Boden des Wagens zwischen Kisten, Stoffrollen, Holz und Werkzeugen.
Vier Tage brauchten sie im Schnitt für eine Wegstrecke, doch es langweilte keinen der Beiden, immer die gleiche Strecke zu fahren. Manchmal nahmen sie eine Hure mit und vergnügten sich abwechselnd mit ihr hinten im Wagen bis zum nächsten kleinen Dorf, wo sie dann ausstieg und zurück lief. Die Freunde ließen sich das gerne etwas kosten, denn eine Frau fürs Leben wollte keiner der Beiden. Das hätte nur bedeutet, ein Haus zu bauen und abends zu einem keifenden Weib mit plärrenden Kindern heimzukehren. Beide schüttelten sich bei dem Gedanken. die Freiheit war ihnen einfach zu kostbar.
Angst vor Strauchdieben hatten die zwei Händler keine. Sie waren auf der Strecke bekannt und hatten außerdem nichts, was Wegelagerer gebrauchen könnten. Das, was sie an Geld eingenommen hatten, war größtenteils bereits wieder für Waren ausgegeben worden und ihre Ersparnisse hatten sie in beiden Städten verteilt den jeweiligen Vogten anvertraut. Zudem war es üblich, dass wohlbetuchte Reisende eine oder mehrere Wachen als Begleitung mitführten. Wer darauf verzichtete, war entweder zu arm, um sich den Schutz leisten zu können oder zu arm, um überhaupt etwas Wertvolles zu besitzen.
Sie waren vielleicht noch vier Stunden von Sittard entfernt, als die Dunkelheit einbrach. Dirk maulte vor sich hin, weil sie durch eine Reparatur ihres Wagens Zeit verloren hatten, doch Jan zuckte nur gleichgültig mit den Schultern.
"Was solls? Fahren wir einfach weiter. Die Schänke wird schon noch auf ein Bierchen offen haben." grinste er und pulte sich etwas Schinken aus den Zähnen. Dirk zuckte brummend mit den Achseln.
"Du hast gut reden. Du pennst gleich da hinten und ich darf im Dunkel den Weg suchen." knurrte er. Jan lachte zufrieden.
"Den suchen sich die Ochsen selbst. Gib mir eine Stunde, dann leiste ich dir Gesellschaft." Mit diesen Worten kletterte er nach hinten, ohne die Antwort seines Partners abzuwarten.

1 Kommentar:

  1. Diese Tour erinert mich daran, wie ich endlich in Ports of Call die optimale Tour gefunden hatte. Man konnte einfach immer hin und her fahren und zusehen, wie der Reichtum größer wurde.

    Die beiden Halunken werden aber schon noch eine Gelegenheit finden ein wenig ihres Vermögens zu verpulvern. :)

    Aber irgedwie habe ich das Gefühl, dass die beiden auf ihrer nächtlichen Tour Besuch bekommen werden. Und vermutlich sind Banditen da nicht das schlimmste Übel, was ihnen kurz vor Sittard begegnen kann.

    LG
    Joe

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