Samstag, 14. Juli 2012

Noctambule III: Das Zeichen zum Angriff

Dies ist ein Kapitel aus KayGees Noctambule Band Drei. Für eine Inhaltsübersicht zu bereits veröffentlichten Inhalten schaut doch bitte hier: Inhaltsübersicht Noctambule III

Es war eine der Nächte, in der die leise am Kamin erzählten Horrorgeschichten von Vampiren, Dämonen und Teufeln am glaubwürdigsten waren. Einige Wolken zogen träge über den ansonsten sternklaren Himmel, die teilweise den Mond nur zur Hälfte verdeckten und eine gespenstische Umrandung durch das Mondlicht erhielten. Noch einmal versuchte der Winter sich aufzubäumen und drängte seine Kälte aus dem Boden, bevor der Frühling ihn vertreiben würde.


Das Vieh auf den Weiden stieß dampfende Atemwolken aus, früh aufstehende Menschen würden sich in dicke Mäntel hüllen und die Kragen hochschlagen müssen, doch der Frost war bereits besiegt und hatte keine Möglichkeit mehr, eine zarte, weiße Schicht über das Land zu ziehen.
Die Kälte reichte jedoch noch aus, die Tiere im Wald zum Rückzug zu bringen und verstummen zu lassen. Still und scheinbar friedlich hob sich der Wald gegen den Himmel, eine großflächige Insel, umgeben von Feldern und Wiesen, die nach der Überzeugung der Stadtbewohner wilde Tiere und damit lebensbedrohliche Gefahren barg.
Das Mondlicht konnte dank der Wolken nicht genug Licht in den Wald schicken, doch immerhin konnte es die Farbe der Natur in ein fahles Grau verwandeln und die Schatten noch stärker schwärzen. Ein aufmerksamer Mensch in diesem Wald hätte vielleicht gespürt, dass hier gerade eine Jagd stattfand, die sein Verstand noch gar nicht richtig greifen konnte. Er hätte sich immer wieder umgesehen und vielleicht das eine oder andere Mal schwören können, einen verwischten Schatten gesehen zu haben, der sich unglaublich schnell durch den Wald bewegte und dann wieder verschwand.
Armand und Sergej befanden sich tatsächlich auf der Jagd. Den Sanghieri durch den Erdstall zu folgen hätte viel zu viel Zeit gekostet. So durchkämmten sie im Höchsttempo den Wald, nicht gemeinsam, aber doch immer in Sichtweite von einander, um sich gegenseitig noch Signale geben zu können. Armand war langsamer als Sergej. Seine Verletzung schmerzte bei jeder Bewegung und auch wenn er versuchte, die Schmerzen zu ignorieren, musste er sich immer wieder im Schatten eines Baumes anlehnen und Luft schöpfen, um zur Ruhe zu kommen und neue Kraft zu gewinnen.
Dennoch hielt die Wunde ihn nicht auf. Er hatte sich von Anya getrennt, um ihr Leben zu schützen und darin versagt. Nun musste er zusehen, Fabrizio davon abzuhalten, seinen Plan doch noch umsetzen zu können. Insgeheim bezweifelte er, dass Fabrizio die Frauen wirklich schon gefunden hatte. Warum sonst durchsuchte er nun den Erdstall? Dagegen sprach der Schrei einer Frau, den er letzte Nacht gehört hatte. Der Schrei hatte Entsetzen und Todesangst bedeutet und verunsicherte ihn zutiefst.
Dabei glaubte er nicht einmal, dass Anya diesen Schrei ausgestoßen hatte, sondern Miriam. Aber auch das beruhigte ihn nicht, denn zum einen mochte er Miriam, zum anderen war sie bei Anya und das musste unweigerlich bedeuten, dass die Sanghieri auch Anya gefunden hatten.
Dennoch war er nicht davon überzeugt, dass die Frauen in eine Falle geraten waren. Zwar konnte er sich nicht schlüssig erklären, warum Fabrizio seine Männer durch den unterirdischen Gang zwängte, doch er war sich sicher, dass Fabrizio nicht auf der Flucht vor Sergej und ihm war. Seine Miene verdüsterte sich. Fabrizio sollte lieber auf der Flucht sein, denn Armand war fest entschlossen, ihn zu finden. Diesmal würde er nicht einfach alles auf sich beruhen lassen. Dieses Mal musste es eine Entscheidung geben. Armand hatte das Urteil bereits gefällt.
Ein kurzer, suchender Blick durch den Wald zu seiner Rechten, dann sah er Sergej, der ihm ohne weitere Regung kurz zunickte und bereits wieder losspurtete. Auch Armand setzte zum nächsten Lauf an. Beide waren fast lautlos auf ihrer Jagd. Sie hatten genügend Erfahrung, trotz des hohen Tempos Geräusche zu vermeiden und wenn sie doch einmal einen Ast zertraten, wirkte das knackende Geräusch wie ein Peitschenknall in der Stille.
Fast gleichzeitig stoppten die Freunde auf gleicher Höhe und verbargen sich hinter Bäumen. Links von Armand, ungefähr hundert Meter entfernt und direkt neben einem Gebüsch, ragten zwei Gestalten auf, die sich die Kleidung sauber wischten und umsahen. Armand konnte nicht erkennen, um wen es sich handelte, doch zweifelte er nicht daran, zwei der vier Sanghieri vor sich zu haben.
Sie hatten sich, genau wie Armand und Sergej auch, verschlossen und waren nicht aufzuspüren. Armand lehnte sich schmerzverzerrt an den Baumstamm und suchte den Blickkontakt zu seinem Freund, der nun versuchte, unauffällig näher zu kommen. Während Sergej auf das vorsichtige Anpirschen konzentriert war, flog Armands Blick kontrollierend durch die Umgebung. Wo waren die beiden anderen?
Während Sergej sich auf die gleiche Höhe wie Armand begab und sich hinter einem Baum versteckte, versuchte Armand zu erkennen, wer genau dort stand. Er konnte Fabrizio nicht entdecken und schließlich fiel ihm ein, dass Carlos ziemlich groß war. Es konnten nur die Beiden sein, die sie zurückgelassen hatten, nachdem der eine sich durch Sergej hatte niederschlagen lassen.
Sein Blick glitt zu Sergej der ihm nun Handzeichen machte und zwei Finger hob. Dann deutete er auf den Boden. Armand nickte nachdenklich. Sergej war der Meinung, dass sich noch zwei im Gang befinden mussten. Armand blieb skeptisch und gab ein abwartendes Zeichen. Wenn die beiden anderen noch im Gang waren, müssten sie jeden Moment herauskommen.
Doch auch nach einer Viertelstunde war nichts nennenswertes geschehen, außer dass die Zwei sich leise unterhielten und hin und wieder suchend um sich schauten, als würden sie die Ankunft der beiden Kameraden schon lange erwarten. Warum kamen die Zwei nicht? Auch Sergej und Armand sahen sich nach allen Seiten um, konnten jedoch nichts entdecken.
Armand betastete seinen verletzten Rücken und verzog das Gesicht. Er war auf gar keinen Fall fit genug für einen erfolgreichen Kampf. Der schnelle Lauf hatte ihn erschöpft und die Schmerzen im Rücken waren nur schwer auszuhalten. Er verdankte nur seinem verbissenen Willen, noch nicht aufgegeben und sich irgendwo verkrochen zu haben.
Doch half alles nichts. Es galt, zumindest zwei schon einmal auszuschalten und sich dann um die beiden anderen zu kümmern. So suchte er erneut den Blick seines Freundes und gab das Zeichen zum Angriff.

1 Kommentar:

  1. Ach Armand. Das ist aber jetzt auch nicht schlau.

    Da haben die beiden erst alles richtig gemacht und sind den Sanghieri in den Wald gefolgt. Dann hatten sie auch noch Glück und haben die Truppe mitten im Wald aufgespürt.

    Doch was nun?

    Völlig außer Atem, von der Rennerei wollen sie nun zwei Vampiren den Garaus machen mit nichts als dem Überraschungsmoment auf ihrer Seite. Und ist es überhaupt eine Überraschung?

    Ich würde ja an Armands Stelle zumindest in Betracht ziehen, dass dies eine Falle sein könnte!

    Egal wie: Nun zeigt sich jedenfalls auch bei den Sanghieri, wer auf welcher Seite steht. Wobei das von so einem plötzlichen Angriff, durchaus zum Nachteil von Armand und Sergej beinflusst werden könnte.

    LG
    Joe

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