Montag, 25. Juli 2011

Noctambule II: Rückblick - Nächtliche Lauer

Dies ist ein Kapitel aus KayGees Noctambule Band Zwei. Für eine Inhaltsübersicht zu bisherigen Inhalten schaut doch bitte hier: Inhaltsübersicht Noctambule II


Österreich 1348

Armand war wütend. Dies hier war sein eigenes Revier und er wollte George nicht hier haben. Zudem könnte er schwören, dass auch Isabelle nicht weit sein konnte, denn nach dem, was damals bei den Nefandii geschehen war, hatte sie mit größter Wahrscheinlichkeit zusammen mit George flüchten müssen.
Auch Adaliz und Armand hatten immer wieder getrennt gejagt und sich später wieder getroffen. Das war also nichts Ungewöhnliches. Doch nun ärgerte sich Armand, denn er hatte sich bei seinem Abtasten so auf George konzentriert, dass er nun nicht mehr sicher sagen konnte, ob er Isabelle wahrgenommen hatte oder nicht.


Die Idee, dieses Gebiet zu verlassen, verwarf Armand ebenso schnell wieder, wie sie gekommen war. Nun, nachdem George von seiner Anwesenheit wusste, würde er nichts lieber tun, als sich an seine Fersen zu heften und ihm immer wieder aufzulauern. Er war nicht erpicht darauf, sich mit den Beiden anzulegen, denn George war hinterhältig und Isabelle beherrschte die Technik der mentalen Schmerzmanipulation.
Seine einzige Möglichkeit würde sein, beide zu beobachten und nacheinander auszuschalten. Dann würde er endlich ein für alle Mal Ruhe haben, auch wenn es ihm widerstrebte, Artgenossen zu töten. Die Beiden hatten es mehr als verdient und bei George hatte er die beste Gelegenheit überhaupt damals versäumt. Nun würde er sie nachholen.

Grübelnd hockte er in seiner einsamen Hütte, die er nun völlig verbarrikadiert hatte, um sicher zu gehen, nicht von beiden überrascht zu werden. George konnte überall und nirgends sein. Ihn einzuschätzen war mehr als schwer, denn George kannte keinerlei Skrupel. Er würde sich an Schwangeren ebenso vergreifen wie an viel zu jungen Menschen und der Reiz des Verbotenen wie bei einer Nonne war unendlich viel größer als Armand es sich vorstellen konnte. Wenn überhaupt, würde er George am ehesten bei dem Kloster antreffen oder zumindest in Klosternähe.

Isabelle war mindestens ebenso skrupellos. Sie machte weder vor Männern noch vor Frauen Halt, sie nahm alles, was sich ihr bot und je mehr Angst sie ihrem Opfer einflößen konnte, desto besser.
So sehr es Armand auch widerstrebte, er würde sich auf die Lauer legen müssen. Und das am Besten in der Nähe des Klosters, denn hier waren die leichtesten Beutezüge für George und Isabelle. Noch einfacher wären vielleicht nur noch die entlegenen Bauernhöfe, doch diese in einer Art Patrouille abzuklappern, das war auch Armand zu mühsam.
Schon in der nächsten Nacht zog er los, um sich auf die Lauer zu legen. Sein letztes Opfer hatte George lediglich vergewaltigt. Er musste Hunger haben, auch wenn Vampire ohne Probleme mehrere Tage ohne Jagd auskommen konnten. Armand wusste ja schließlich nicht genau, wie lange Georges letzte erfolgreiche Jagd her war.
Er fand schnell zu dem Kloster und umrundete es prüfend. Die dicken Klostermauern waren für einen Vampir überhaupt kein Hindernis. Sie waren aus groben Feldsteinen gebaut worden, die genug Möglichkeiten zum Festhalten gaben, um mit zwei Sprüngen oben zu sein. Was hinter den Mauern lag, konnte Armand nur anhand der Schornsteine erahnen, von denen nur einer qualmte. Vermutlich war dies die Küche, in der noch der Ofen befeuert wurde für heißes Spülwasser oder für die Wäsche. Doch die schwache Rauchfahne ließ darauf schließen, dass auch hier bereits die Nachtruhe eingeläutet war. Die Dächer der anderen Gebäude mussten die Quartiere der Nonnen sein. Die Kapelle lag bereits im tiefen Dunkel und ein abgelegenes Gebäude, dessen Dach Armand über die Mauer erkennen konnte, musste die Kräuterstube sein, in der die Nonnen ihre Tees, Salben und Pflanzenzucht betrieben.

Die Stille des Klosters strahlte eine tiefe Beruhigung aus. Mit einigem Bedauern vermutete Armand, dass im letzten Gebet noch einmal für das Wohl der vermissten Schwester gebetet worden war.
Armand hatte sie zwar neben einem wilden Rosenstock so hingelegt, dass man sie gut finden konnte, doch bedeutete das noch lange nicht, dass sie bereits entdeckt worden war. Bereits in der Nacht ihres Todes hatten die Glocken der Kapelle geläutet und auch am Tag danach immer wieder. Wie ein Ruf oder bei Verirrten ein Versuch, den Weg nach Hause zu weisen.
Er ging davon aus, dass die Nonnen spätestens bei der Totenwaschung die brutale Behandlung erkennen würden und dann keinen Raubtierangriff mehr vermuten würden. Doch das konnte er beim besten Willen nicht mehr verhindern und er wollte es auch nicht. Seinen Groll auf George minderte dieses Wissen allerdings nicht, es schürte ihn nur.
Armand hockte die ganze Nacht in einer Baumkrone und wartete auf den Besuch von George und Isabelle. Je länger er warten musste, desto größer wurden seine Zweifel. Es war gut möglich, dass sie ein Kloster einfach überfallen konnten und die wenigen Schwestern auf einen Schlag dahin metzeln würden. Armand traute ihnen alles zu, besonders wenn sie die Möglichkeit hatten, damit Armands Leben schwerer zu machen. Denn die Menschen aus Villach oder den kleinen umliegenden Gemeinden würden eine Jagd starten und die Umgebung durchkämmen. Das bedeutete für Armand zwar keine direkte Gefahr, aber immerhin Ärger, Flucht und den Verlust dieses Reviers. Im schlimmsten Falle hatte er auch noch die Beiden auf den Fersen.
Im Morgengrauen gab Armand seinen Wachposten auf und zog sich in seine Hütte zurück. Seine Hoffnung war nicht erfüllt worden. Er konnte nicht wissen, ob George sich an einem anderen Opfer gesättigt hatte und nun für die nächsten Tage zurückgezogen bleiben würde oder nicht. Ihm blieb nur, weiter auf der Lauer zu liegen, und genau das würde er auch tun.

1 Kommentar:

  1. Armand will also die beiden vernichten. Das ist ja endlich mal ein guter Plan. Nur leider weiss man ja aus den Kapiteln die hunderte Jahre später spielen, dass es ihm nicht gelingen wird.

    Der Kampf, den die drei jetzt hier fechten werden wird also für sie selbst einmal mehr ohne nennenswerte Folgen bleiben.

    Hoffentlich schafft Armand es aber wenigstens das beschauliche Leben dort wenigstens so weit zu beschützen, dass die beiden vertrieben werden.

    Liebe Grüße
    Joe

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