Montag, 25. Juli 2011

Blaumachen für Anfänger

Dies ist eine Fortsetzungsgeschichte. Für eine Inhaltsübersicht zu bisherigen Inhalten schaut doch bitte hier: Übersicht Nadja

Mary wartete den Unterricht etwas ungeduldig ab. Das Fach machte ihr ohnehin nicht wirklich viel Spaß. Und, dass Nadja nicht aufgetaucht war, fand sie mehr als merkwürdig. Blöde Ideen darüber, was Nadja sich antun könnte geisterten in ihrem Kopf herum. Auch wenn sie sich eigentlich sicher war, dassall diese Ideen Unsinn waren, so war es doch eine unangenehme Situation. Kaum dass es geklingelt hatte, düste sie los um diesmal nach Nadja zu suchen. Es war einfach kein guter Schultag.


Nadja klopfte etwas zaghaft an den Türrahmen. Das kleine Krankenzimmer stand eigentlich fast immer offen, wenn drinnen nicht jemand behandelt wurde. Die Krankenschwester fuhr herum. Lilian war eine Frau von etwa 30 Jahren. Sie hatte einen fordernden Job im Krankenhaus aufgegeben um Schulschwester zu werden. Das war zwar nicht so gut bezahlt. Aber sie machte es mit Leidenschaft und außerdem waren die Arbeitszeiten natürlich viel bequemer.

"Hallo, Süße.", sagte sie besorgt und ging sofort auf Nadja zu. "Was hast du denn?" Nadja stockte kurz. Sie hatte sich gar nicht richtig überlegt, was sie eigentlich vortäuschen wollte. Für eine Sekunde überlegte sie, einfach die Wahrheit zu sagen. Aber auch wenn Schulschwester Lilian als verständnisvolle Frau galt, so würde sie ihr doch sicher nicht beim Blaumachen helfen. "Ich ... mir ist schlecht.", stammelte Nadja einfach das erste, was ihr einfiel. Das kam der Wahrheit ja auch am nächsten und tatsächlich war ihr ein wenig übel von dem vielen Weinen.

Jetzt wurde Lilian geschäftig und nahm Nadja schnurtstracks bei der Hand und zog sie sanft in den Raum hinein. "Hast du dich übergeben?", war ihre erste Frage. Sie bugsierte Nadja auf die Krankenliege und schloss die Türe. "Nein.", gab Nadja reflexartig zurück und biss sich im nächsten Augenblick auf die Zunge. Sie hatte noch nie blau gemacht, seit sie in dieser Schule war. Die Idee, die Schulschwester dafür zu benutzen kannte sie nur aus Erzählungen der anderen. Aber es erforderte offensichtlich doch etwas mehr Überlegung. "Aber ich hatte zweimal das Gefühl, ich müsste.", fügte sie schnell noch an.

"Dann geb ich dir lieber mal eine Schale.", entschied Lilian und reichte ihr eine Nierenschale aus gepresster Pappe. Etwas ratlos hielt Nadja sich das Ding vor den Bauch. "Was hast du denn gegessen?", kam nun die nächste Frage und Nadja begann zu glauben, dass diese Idee nicht so gut gewesen war, wie sie sich ursprünglich angehört hatte. "Ich hatte den Auflauf in der Kantine. Aber ich hab gar nicht viel davon gegessen. Da war mir auch schon etwas schlecht." So bog sie die Wahrheit so gut sie konnte zurecht. Lilian nickte. "Den Auflauf hatten sehr viele. Wenn der verdorben gewesen wäre, hätte ich hier sicher die reinste Warteschlange. Hast du etwas von zu Hause gegessen oder getrunken?"

Nadja hielt dem Verhör stand. Allerdings konnte Lilian keinen plausiblen Grund für Nadjas Übelkeit ausmachen. Nadja dachte zurück an die Zeit als sie noch klein gewesen war. Ihr großer Bruder konnte auf Kommando seinen Magen so zusammenkrampfen, dass er sich tatsächlich erbrach. Er ärgerte seine kleinen Schwestern regelmäßig damit. In diesem Augenblick beneidete Nadja ihn um die Fähigkeit. Ein kleines Erbrechen würde ihr sicherlich Glaubwürdigkeit verleihen. Zwar hatte Lilian noch keine Bedenken in dieser Richtung geäußert. Aber es konnte ja nur noch eine Frage von Augenblicken sein.

"Also an nichts, was du gegessen hast, kann es liegen, dass dir schlecht ist.", fasste Lilian den ersten Teil ihrer Ermittlungen zusammen. Langsam wurde Nadja wirklich übel. Die Situation hier entwickelte sich so gar nicht, wie sie das vorgesehen hatte. Die anderen erzählten doch immer, es würde reichen, sich bei Lilian mit einem leidenden Gesicht für zehn Minuten hinzulegen. Danach würde sie einen nach Hause schicken und man wäre sofort entschuldigt. Irgendetwas machte Nadja offensichtlich falsch.

1 Kommentar:

  1. Tja, Lügen ist gar nicht immer so einfach. Schon erst recht nicht, wenn man jemanden belügen muss, der einem gerade besorgt helfen will. Und noch schwieriger wirds, wenn man Nadja heißt und so ein Gutmensch ist wie sie.
    Aber da Nadja offenbar noch nie bei der Schulschwester gewesen ist, dürfte sie auch nicht als Simulantin eingeschätzt werden. Das klappt schon.

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