Dienstag, 12. Juli 2011

Neid

Dies ist eine Fortsetzungsgeschichte. Für eine Inhaltsübersicht zu bisherigen Inhalten schaut doch bitte hier: Übersicht Nadja

Der restliche Schultag war für Nadja ziemlich quälend. Sie hatte keine Ahnung, warum Gretchen sauer auf sie war. Und sie bekam auch keine Chance es herauszufinden. Denn sie ging ihr konsequent aus dem Weg. Zu jeder gemeinsamen Unterrichtsstunde kam Gretchen, völig entgegen ihrer Gewohnheiten, frühestens zusammen mit dem Lehrer. Und kaum, dass es geklingelt hatte war sie auch schon durch die Türe geschlüpft und auf und davon. In der Mittagspause erschien sie nicht am gemeinsamen Tisch.

Die anderen fragten sich zwar auch, wo sie sei, aber Ashley hatte sie irgendetwas von einem Projekt murmeln hören, dass sie noch fertig machen müsste und so war das Thema auch wieder gegessen. Nadja hütete sich ein wort darüber zu verlieren, dass sie glaubte, es könne mit ihr zusammen hängen. Zwar hatten die beiden anderen Mary und ihr die Heimlichtuerei der letzten Tage verziehen. Aber es gab schon noch Andeutungen darauf und Nadja wollte der Sache kein neues Feuer geben indem sie jetzt zugab für das nächste Fehlen eines Mitglieds der Gruppe verantwortlich zu sein.

Für den Nachmittag war sie wieder mit Mary verabredet. Es gab also auch keine Möglichkeit sich unauffällig mit Gretchen auf dem Parkplatz zu treffen oder sie an der Bushaltestelle abzupassen. Jedenfalls nicht ohne, dass Mary es mitbekam und das wollte Nadja auf jeden Fall vermeiden. Zusätzlich zu dem Unwohlsein, dass Gretchens abweisende Art verursachte, breitete sich langsam ein schlechtes Gewissen aus, dass sie in gewisser Weise Mary damit hinterging. Es war zwar nicht ausgesprochen worden, aber das Geheimnis hatte doch irgendwie einen exklusiven Charakter zwischen ihnen beiden gehabt. Und nun wusste Gretchen auch davon.


Als Nadja und Mary vom Parkplatz gerollt waren kam Gretchen aus ihrem Unterschlupf bei den Fahrradständern heraus. Sie hatte extra gewartet, bis sie Nadja nicht mehr über den Weg laufen musste. Jetzt allerdings nahm sie die Beine in die Hand und rante hinüber zum Bus. Sie wollte auf keinen Fall mit einer der Touren fahren mit der zu spät gekommene Schüler über die Stadtteile verteilt wurden. Ihr Viertel wurde dabei fast immer als letztes angefahren und sie wäre kaum vor sechs Uhr zu Hause.

Es reichte knapp um den regulären Bus zu erwischen und sie ließ sich auf einen der Sitze fallen. Nadjas Golf überholte den Bus und sie schaute schnell weg. Immer noch fühlte es sich schlecht an sie zu sehen. Dabei hasste sie sich selbst für die Gefühle, die Nadja in ihr ausgelöst hatte. Schon immer hatte sie die anderen der Gruppe beneidet, die ohne mit der Wimper zu zucken das normale Menü in der Schulkantine nehmen konnten, während sie oftmals das Sozialmenü bestellen musste. Als vor einem Jahr Nadja dazugekommen war, schlug das dem ganzen natürlich die Krone ins Gesicht. Aber Gretchen hatte ihren Neid im Zaum gehalten und sich beherrscht. Und natürlich hatte sie auch die Zeiten in Nadjas Haus genossen.

Es war ja nicht so, dass es für sie nicht auch schön war jemand zu kennen, der über all die Möglichkeiten verfügte, die sie eben nicht hatte. Doch nun hatte Nadja ihr auch noch die Dinge voraus, die man nicht mit Geld kaufen konnte. Sie hatte einen tollen Freund, der sie sogar heiraten würde. Ein Millionär als Ehemann! Damit könnte sie auf jedes Elitecollege des Landes gleichzeitig gehen, ohne dass sie sich Sorgen über die Studiengebühren machen musste. Und außerdem hatte sie überhaupt einen Freund. Das einzige intime Erlebnis für Gretchen war das mit Sebastian gewesen. Und seitdem hatte sie nie wieder jemand an sich heranlassen können. Sie hatte sich mit Nadja so verbunden gefühlt, als sie erfahren hatte, dass es auch ihr so ergangen war. Aber Nadja hatte nun einen Freund! Gretchen presste die Lippen zusammen. Schon wieder krampfte sich ihr ganzer Bauch zusammen, als sie daran dachte.

1 Kommentar:

  1. Wenn man so sehr von Neid zerfressen wird wie Gretchen, dann lauern dort etliche Gefahren für Nadja. Gretchen könnte das alles platzen lassen, nur um Nadja zu schaden. Aber so habe ich das Mädchen bisher überhaupt nicht eingeschätzt. Tja.. vielleicht sollte Nadja doch mal Mary einweihen. Unter guten Freunden sollte man auch Fehler eingestehen können. Hm...

    Die menschliche Denkweise ist manchmal schon paradox. Ausgerechnet mit denen, die man beneidet, will man sich verbunden fühlen. Aber das beudetet ja nur, dass man sich dann etwas näher am Licht fühlt als ohne diesen Menschen. Und gleichzeitig lässt man sich immer wieder vorführen, wie schlecht es einem selbst geht. Und das wiederum füttert den Neid. Ein Teufelskreis, aus dem man alleine nicht hinaus kommt.
    Gretchen ist einfach zu jung, um zu erkennen, dass sie sich den Schatten, in dem sie steht, selbst noch verdunkelt, weil sie der Sonne den Rücken zukehrt. Sie kann eigentlich froh sein, dass sie nicht die Erfahrungen machen musste, die Nadja hinter sich hat. Aber davon weiß sie ja nichts.

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