Mittwoch, 27. Juli 2011

Noctambule II: Rückblick - Die Lawine

Dies ist ein Kapitel aus KayGees Noctambule Band Zwei. Für eine Inhaltsübersicht zu bisherigen Inhalten schaut doch bitte hier: Inhaltsübersicht Noctambule II


Es war kein gutes Gefühl, Isabelle hinter sich zu wissen, daher drehte er sich so, dass er beide im Blick und die Wand der Hütte im Rücken hatte.
"Ich habe nicht mit eurem Besuch gerechnet. Was verschafft mir das zweifelhafte Vergnügen?" Armand knurrte seine Frage förmlich hinaus. Noch immer zitterten seine Oberschenkel und er fühlte sich unendlich erschöpft. Aber die Anwesenheit der beiden in seiner Hütte putschte ihn wieder hoch und er rechnete jede Sekunde mit einem Angriff.


George breitete lächelnd die Arme aus und machte ein leicht beleidigtes Gesicht, das durch das Lächeln zu einer Fratze reinster Ironie wurde.
"Aber aber! Wir sollten doch zusammen halten, wenn die Natur sich gegen uns wendet, meinst du nicht? Wir waren in ernsthafter Sorge!"
"Das meine ich keineswegs. Ich bin überrascht, dass ihr nicht da unten in dem Chaos der Menschen ein Blutbad veranstaltet. Ihr müsst ja nicht einmal jagen." Armand betrachtete Isabelle während er George antwortete. Sie war kleiner als George und damit winzig für den großen Armand.
Seine Größe und sichtbare Kraft schien ihr Respekt einzuflößen, denn als er den Kopf zu ihr wandte und leicht senkte, um sie zu anzusehen, wurde sie sofort wachsamer.
"Da kannst du mal sehen, worauf wir verzichten! Und das nur, um sicher zu stellen, dass es unserem alten Freund gut geht." säuselte George nun. Armand wandte sich wieder ihm zu.
"Nun seid ihr sicher. Ihr könnt wieder gehen." knurrte er und deutete mit dem Kopf Richtung Tür. Er hatte noch nicht zu Ende gesprochen, als das nächste Beben kam.
Durch das Gespräch war das leise Grollen, das dem Beben voran ging, allen Dreien entgangen und sie wurden völlig überrascht. Die ganze Hütte schien zu wackeln, das Regal polterte von der Wand und die Tür öffnete sich schief in den Angeln hängend, als sich der Grundriss der Hütte verzog.
Alle Drei gerieten ins Wanken, Isabelle stolperte gegen das Bett, Armand rücklings an die Wand und George fiel auf den Boden, weil er sich mit einem Schenkel schräg auf den Tisch gesetzt hatte, der nun ins Rutschen geraten war. Bevor Armand Halt finden konnte fiel sein Blick auf Isabelle, die ihn mit bösartigem Lauern betrachtete. Gleichzeitig setzte ein glühender Schmerz in seinem Kopf ein, der ihm fast die Sinne raubte.
Armand erlaubte sich nicht, seinem Reflex zu folgen und beide Hände an die hämmernden Schläfen zu pressen. Mit wütendem Fauchen warf er sich nach vorne und erwischte die taumelnde Isabelle am Arm. Während das Bett und der Tisch durch die Hütte rutschten und die Balken der Hütte gefährlich zu knarren begannen, riss er die kleine Frau zu sich, packte ihre Hüften und hob sie hoch.
Aus den Augenwinkeln konnte er George erkennen, der dabei war aufzustehen. Ohne genau hinzusehen, warf er die strampelnde Isabelle durch die Hütte an die gegenüberliegende Wand. Sofort hörte der Schmerz wieder auf, Isabelle aber krachte mit solcher Wucht gegen die Wand, dass sie wimmernd zu Boden fiel.
George, der sich gerade wieder aufrichtete und schon die Fäuste ballte, war nicht schnell genug. Im Umdrehen zu Armand rannte er förmlich in dessen Faust hinein, die wie ein Hammer auf seiner Nase landete. George flog zurück und knallte mit dem Rücken auf den Tisch. Im gleichen Moment brach die Wand hinter Armand auf und Holzbalken splitterten.
Armand duckte sich instinktiv und hastete ohne zu zögern durch die aufgesprungene Tür hinaus ins Freie, wo er sofort wieder ins Stolpern geriet.
Der Boden wackelte so stark, dass freies Stehen unmöglich war. Wieder hatte der ohrenbetäubende Lärm von berstender Erde, herabstürzenden Felsbrocken und umkippenden Bäumen eingesetzt. Die Hütte stand frei und weit genug oben am Rand einer kleinen Wiese, um nicht von umstürzenden Bäumen bedroht zu werden.
Dennoch kroch und krabbelte Armand von ihr fort, denn sie knirschte und knarrte so gefährlich, dass die Gefahr für Wände und Dach bestand, jeden Moment zusammenzubrechen. Um vor Steinen geschützt zu sein, die von dem Steilhang hinter der Hütte herunter donnern konnten, suchte sich Armand Schutz an einem massiven Felsbrocken am anderen Ende der Lichtung. Aus den Augenwinkeln konnte er sehen, wie George und Isabelle aus der Hütte hinaustorkelten. Keine Sekunde zu spät, denn im nächsten Moment brach das kleine Holzhaus in sich zusammen.
Doch die Katastrophe war noch nicht vorüber. Das Brechen von gigantischen Felsteilen war zu hören, die sich aus der Steilwand lösten. Im Sturz brachen sie weitere Brocken los und entwickelten so eine Gerölllawine, die genau auf die Hütte zu donnerte. Armand stieß keinen Warnruf aus, sondern quetschte sich so eng es ging an seinen Felsen und rollte sich zusammen, die Arme schützend um den Kopf geschlungen.
Dann versank die Welt um ihn herum in reines Chaos. Der Lärm der Lawine übertönte jedes andere Geräusch. Polternd und rumpelnd warf sie ihre tödlichen Geschosse auf die Hütte, die Wiese und den umstehenden Wald. Staub und Dreck raubten Armand die Luft, der Boden bebte und tausende von kleinen Steinsplittern prasselten auf Armands Rücken.

1 Kommentar:

  1. Also waren es natürlich nicht die Vampire, die das Beben ausgelöst haben. Aber George und Isabelle scheinen die Situation gelassener hingenommen und überlebt zu haben, als Armand.

    Nunja, das wird ja nun wohl vorbei sein und sie können sich ihrem eigenen Überleben widmen.

    Mir gefällt Armands Geistesgegenwart, die dafür sorgte, dass George zumindest eine gebrochene Nase hat und Isabelle wohl eine satte Prellung am Rücken und vielleicht auch am Kopf?

    Jetzt torkeln die beiden durch die Lawine und Armand hat schon ein Versteck. Aber wie kommen die drei aus der ganzen Nummer wieder heraus. Eine Gerölllawine ist eine brutale Naturgewalt.

    Liebe Grüße
    Joe

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