Samstag, 23. Juli 2011

Noctambule II: Georges Trumpf

Dies ist ein Kapitel aus KayGees Noctambule Band Zwei. Für eine Inhaltsübersicht zu bisherigen Inhalten schaut doch bitte hier: Inhaltsübersicht Noctambule II

Ruhig und konzentriert beobachtete er Anya und staunte wieder einmal darüber, wie gut sie sich abzuschirmen schien. Er konnte sie noch immer nicht wahrnehmen, was ihm bisher noch nie passiert war. In den Jahrhunderten seines Lebens hatte er keinen guten Lehrer gehabt. Von Isabelle hatte er zwar viel übernehmen können, aber sie war nicht besonders interessiert daran gewesen, ihm Dinge beizubringen.


So hatte er seine Sinne nie schärfen gelernt und selbst das Abschirmen war nur brüchig und unvollständig. George verstand es, seine Nachteile so zu interpretieren, dass sie zu Vorteilen wurden. Wozu brauchte er schon eine Abschirmung? Sollten seine Feinde ihn ruhig wahrnehmen, das erhöhte die ständige Sorge vor einem Angriff und machte sie nervös. Bei Anya allerdings schien weder eine Nervosität zu sein, noch hatte sie ihn offenbar entdeckt. Oder sie interessierte sich einfach nicht für ihn.
George vermutete, dass sie nach einem Opfer Ausschau hielt und es dann verfolgen würde. Da er sie nicht verlieren wollte, löste er sich schließlich aus dem Schatten und nutzte den Trubel der Straße, um sich ihr unbemerkt zu nähern.
Dann wurde er blitzschnell. Er sprang hinter sie, umarmte ihren Oberkörper so, dass er ihre Arme an den Körper presste und drückte seine Hand auf ihren Mund. Gleichzeitig zerrte er sie in den Schutz von einigen aufgestapelten Kisten. Anyas Körper versteifte vor Schreck, aber sie verblüffte ihn mit ihrer fehlenden Gegenwehr. Unwillig presste er sie an sich. Wieder einmal hatte sie es geschafft, ihn zu enttäuschen. Aber sie würde sich schon noch wehren.
"Du solltest einfach nicht so alleine spazieren gehen." raunte er grinsend in ihr Ohr. "Du weißt doch, wie viele Bösewichte hier herumlungern." Anyas Körper entspannte sich spürbar, als sie seine Stimme wahrnahm. Verblüfft lockerte auch George seinen Griff, blieb aber wachsam. Mit einer unwilligen Kopfbewegung befreite sie ihren Mund von seiner Hand ohne sich selbst aus seiner Umklammerung freischlagen zu wollen.
"Ich wusste, dass du dich in den miesesten Löchern herumtreibst." meinte sie ruhig. George runzelte die Stirn. Hatte sie auf ihn gewartet? Sein Puls beruhigte sich schlagartig und die Freude über einen gelungenen Fang verblasste. Ruppig drehte er sie zu sich herum und drückte sie an die Hauswand, sodass sie nicht ohne Weiteres entwischen konnte. Ein Blick in ihr ruhiges, entspanntes und fast abgeklärtes Gesicht verblüffte ihn weiter. Sie hatte absolut keine Angst vor ihm, nicht einmal den gewohnten Abscheu konnte er entdecken.
"So wie du." konterte er und legte fragend den Kopf schief. "Man könnte fast glauben, du hast nach mir gesucht. Warum? Will Armand ein Friedensangebot machen und traut sich nicht selbst her?" Seine Sticheleien verpufften wirkungslos. Anya sah ihn ruhig an. Fast hatte George das Gefühl, dass sie sich nicht einmal wehren würde, wenn er ihr hier und jetzt die Kleider vom Leib reißen würde. Allerdings reichte alleine dieser Gedanke schon aus, um Georges Freude an einer Vergewaltigung wie eine Seifenblase platzen zu lassen. Wenn sie sich nicht wehrte, machte es keinen Spaß.

Anya stieß ein abfälliges Schnaufen aus und schüttelte den Kopf.
"Armand weiß nicht, dass ich hier bin." meinte sie tonlos und betrachtete gedankenverloren sein Gesicht. Hässlich war er wirklich nicht. Sie verabscheute ihn nach wie vor, doch in ihrer Trauer war für Ekel keinen Platz. Sie trug ein Kind und das erforderte ganz andere Maßnahmen.
"Ich habe dich nicht gesucht, aber es ist gut, dass du mich gefunden hast." George sah sie verblüfft an. Noch einmal versuchte er, eine bedrohliche Situation aufzubauen und stützte sich rechts und links von ihrem Kopf an die Wand. Er beugte den Kopf vor und zeigte ihr ein wölfisches Grinsen.
"Aha? Hast du endlich begriffen, dass dieses Weichei nichts für dich ist?" Anya blieb ruhig und betrachtete ihn gelassen. Ihre Augen wanderten prüfend durch sein Gesicht und sie legte den Kopf zurück an die Wand.
"Ich habe begriffen, dass Armand sicher nicht das Kind seines größten Feindes aufwachsen sehen wollen wird. Du hast mich geschwängert, George."

Das verblüffte Schweigen dauerte mehrere Minuten, in denen sich George nicht rührte. Ein Kind war das Letzte, woran er je gedacht hatte. Anfangs war seine Sorge bei Isabelle groß geworden, aber sie hatte ihm lachend versichert, dass sie selbst keines haben wollte. Erst durch die Sanghieri hatte er erfahren, wie selten und schwierig Vampirfrauen schwanger wurden. Ihm passte das gut, denn er hatte mit Kindern überhaupt nichts am Hut und wollte auch keine groß ziehen.
"Weiß Armand davon?" Seine Frage war eindringlich gestellt und er ließ Anya nicht aus den Augen, um auch die kleinste Reaktion zu entdecken und interpretieren zu können. Doch sie blieb seltsam ruhig und erwiderte seinen Blick völlig offen.
"Nein." George runzelte die Stirn. Wenn diese kleine Schlampe hier nicht gerade völlig abgebrüht log, dann hatte sie Armand verlassen ohne dass dieser einen Grund dafür ahnte. Er würde sie suchen und zurück haben wollen. Mit Anya hatte er eine unglaublich wertvolle Waffe gegen Armand in der Hand. George begann zu lächeln.
"Warum soll ich glauben, dass ausgerechnet ich der Vater bin? Du dürftest die halbe Stadt schon zwischen deinen Schenkeln gehabt haben." Sein bösartiges Grinsen verriet seine Absicht, sie aus dieser ungewohnten Ruhe zu reißen. Aber Anya ließ sich einfach nicht provozieren. Sie schüttelte einfach den Kopf.
"Ich weiß es. Es gab nur dich und Armand. Armand kann es nicht gewesen sein." antwortete sie ruhig. In George breitete sich eine neue Hochstimmung aus. Wenn sie die Wahrheit sagte, dann konnte Armand entweder nicht zeugen oder er bekam seit der Folter keinen mehr hoch, um Anya ordentlich durchzunehmen.
Besonders der letzte Gedanke gefiel ihm ungemein, denn dann hatte er es geschafft, seinem Feind die Frau unerträglich zu machen. Es gab schließlich jeden Grund dafür, Anya nicht mehr im Bett haben zu wollen. Der Gedanke, dass George sie gehabt hatte, musste Armand offenbar mächtig anekeln und abstoßen.
Andererseits würde er es dann wohl kaum bedauern, wenn Anya verschwand. Das musste George noch herausfinden. Sollte Armand sie gehen gelassen haben, besaß Anya keinen Wert für ihn. Er würde ohne zu zögern sowohl Anya als auch das ungeborene Kind töten und liegen lassen. Wenn Armand sie aber suchte und zurück haben wollte, dann hatte er die Trumpfkarte.
"Warum nicht? Bekommt er ihn nicht mehr hoch?" fragte George grinsend. Anya schüttelte den Kopf und löste dadurch bei George Herzklopfen aus.
"Das ist es nicht. Aber ich bin länger schwanger. Er brauchte Zeit, um sich zu erholen." Anyas Stimme blieb fast monoton. Es schien ihr schwerzufallen, sich ihm zu stellen. Für George war das eher ein Kompliment und erhöhte den Reiz. Wenn er sie zu sich nahm und sie sogar noch freiwillig blieb, dann hatte er eine hübsche Gespielin, die freiwillig und dennoch widerwillig seine Wünsche erfüllen würde. Dieser Gedanke erregte ihn ungemein.
"Und du hast ihn einfach heimlich verlassen?" vergewisserte er sich noch einmal. Anyas Nicken brachte ihn innerlich zum Jubeln. Volltreffer! Vor seinem inneren Auge sah er Armand verzweifelt auf der Suche. Dieses Mal würde er Armand keinen Hinweis auf ihren Aufenthalt geben. Dieses Mal würde er Armand bei der Suche beobachten und im richtigen Moment zuschlagen.
"Du kannst bei mir bleiben. Aber ich habe Bedingungen." erklärte er nun und schob sein Gesicht nah an ihres. Er konnte sehen, wie sie sich zwang, das Gesicht nicht zu verziehen und den Kopf nicht angewidert wegzudrehen. Ihre innere Abwehr war immer noch da. George grinste breiter.
"Du wirst tun, was ich dir sage! Ohne meine Erlaubnis bist du nicht unterwegs! Dafür bekommst du Schutz und Beute." Er sah, wie sie schluckte und mühsam seinem Blick stand hielt. Ihr Nicken war zögernd, aber es war eine Zustimmung. George hätte jubeln können. Aber er beherrschte sich und packte Anya an der Schulter.
"Komm mit." Grob schob er sie vorwärts auf die Straße und führte sie am Arm gepackt eilig zu seinem kleinen Häuschen. Anya folgte ihm stumm und stolperte das eine oder andere Mal bei seiner Hast. Sie wirkte apathisch und starrte blicklos geradeaus. Ihm war das völlig gleichgültig. Er hatte es einfach nur eilig, sie unbemerkt in Sicherheit zu bringen und nicht noch im letzten Moment Sergej oder Armand über den Weg zu laufen.

1 Kommentar:

  1. Ach Anya..

    Es ist erstaunlich, was sie bereit ist zu leisten, und zu überwinden um das Kind zu schützen.

    Sie begibt sich freiwillig in Georges Gewalt! Gut, sie ist nicht mehr so schutzlos, wie früher. Sie ist jetzt auch ein Vampir. Aber dennoch... Anya *seufzt* Der Kerl ist nicht gut für dich NIEMALS!!

    und irgendwie habe ich schon eine Idee, was er an Gehorsam einfordern wird. Anya - das wird dir nicht gefallen! :(

    gruß
    Joe

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