Sonntag, 31. Juli 2011

Noctambule II: Geh weg!

Dies ist ein Kapitel aus KayGees Noctambule Band Zwei. Für eine Inhaltsübersicht zu bisherigen Inhalten schaut doch bitte hier: Inhaltsübersicht Noctambule II

Sie hatte gar nicht sehen können, dass er sich bewegt hatte. Der Kerzenständer krachte gegen die Zimmertür und durch den Aufprall splitterte das Holz. Aber Sergej stand schon längst nicht mehr dort, sondern direkt vor ihr!
Miriams Beine gaben nach und sie sackte an der Wand entlang in die Hocke. Sie beugte den Kopf, schützte ihn mit ihren Händen, als würden Schläge auf sie einprasseln und begann helle, spitze Schreie auszustoßen.

"Geh weg!! Geh weg!" Sergej hockte sich neben sie und versuchte sie zu streicheln. Ihre Hände schlugen sofort unkoordiniert nach ihm, weil sie nicht aufsah sondern den Kopf tief gesenkt hielt und wenigstens mit einer Hand zu schützen versuchte. Sie konnte nicht aufhören zu schreien, sondern wurde noch lauter und spitzer.
"Miriam, beruhige dich doch, verdammt noch mal!" Sergej fing ihre Hände ein, aber bewirkte nur, dass sie hysterisch den Kopf hin und her warf und versuchte, ihre Hände zu befreien. Ihre Reaktion verletzte Sergej mehr als sie ihn verwirrte. Sein einziges Bestreben war, sie zu schützen und ihr zu helfen.
Stattdessen lehnte sie ihn ab und bekam Schreikrämpfe. Hilflos starrte er auf das Häuflein Mensch vor ihm und hatte Angst, zu fest zuzugreifen, um sie nicht zu verletzen.
Doch ihm kam Hilfe von unerwarteter Seite entgegen. Die Tür flog auf und Armand war mit einem Sprung neben ihm. Er zog Miriam rücksichtslos auf die Beine, drückte sie an die Wand und verpasste ihr zwei schallende Ohrfeigen. Ihre Schreie verstummten sofort und sie starrte Armand mit weit geöffneten Augen an.
Die Schläge hatten ihren Kopf herumgeworfen und formten rote Abdrücke auf ihren Wangen. Ihre Haare hingen zerzaust in ihr Gesicht und wehten durch die heftigen Atemzüge leicht nach oben. Erst mit einigen Sekunden Verzögerung setzte ihr Weinkrampf ein und ihr Körper wurde von Schluchzern geschüttelt.
Bevor sie wieder zusammensinken konnte, zog Sergej sie in den Arm und setzte sie auf das Bett. Miriam stieß ihn von sich und kroch mit angezogenen Beinen an das Kopfende. Er ließ sie gewähren und sah ratlos zu seinem Freund auf, der Miriam mit gerunzelter Stirn betrachtete. Als sein Blick zu Sergej wanderte, zuckte dieser leicht zusammen. In Armands Blick lag eine Entscheidung, die Sergej weit von sich gewiesen hatte. Aber ihm war klar, dass Miriam nicht lange leben würde, wenn Armand nicht sicher sein konnte, dass von ihr keine Gefahr des Verrats ausging.
Ein Räuspern an der Tür riss die beiden Männer aus der Betrachtung des weinenden Mädchens. Maurice stand in der Tür, in der Hand ein Tablett mit Tee und belegtem Brot. Sein Bild als Butler eines hohen Hauses war schwer ramponiert. Sein Anzug war schäbig geworden und nur notdürftig gesäubert, was Knitterfalten zur Folge hatte. Da das einzige Rasiermesser, das er von Armand und Sergej bekommen hatte, bereits stumpf war, wurde sein Gesicht von unregelmäßigen Bartstoppeln verunstaltet. Dennoch hielt ihn nichts davon ab, die würdevolle Haltung seines Berufes beizubehalten und seinen Pflichten nachzukommen.
"Vielleicht ist es angebracht, wenn ich einmal mit Mademoiselle la Comtesse rede?" schlug er vorsichtig vor. Armand blickte von ihm auf das Tablett und dann zu Miriam. Ihm war klar, dass Miriam ihm berichten würde, was sie gesehen hatte. Würde Maurice ihr glauben? Musste er dann auch seinen Butler töten? Machte er die Sache noch schlimmer, wenn er Maurice nun abwies? Oder wusste der Bursche bereits Bescheid? Schließlich nickte er, warf seinem Freund einen bezeichnenden Blick zu und wandte sich zum Gehen.
"Dann versuch du es, Maurice. Es gibt keinen Grund zur Hysterie." murrte er und verließ mit langen Schritten das Zimmer, hastig von Sergej gefolgt.

2 Kommentare:

  1. Ein paar kräftige Ohrfeigen sind sicherlich kein sonderlich ziviles Mittel um die Ruhe wieder herzustellen. Aber ein sehr wirkungsvolles.

    Zum Glück hat der Kerzenständer Sergej verfehlt. Ich bin sicher, das hätte einen ernsthaften Schaden verursachen können. Und nun kommt da ein Maurice an und will mit der Comtesse reden.

    Seine Loyalität seinen Arbeitgebern gegenüber ist ja vollkommen ungebrochen und scheinbar grenzenlos. Schauen wir also mal, was sich da noch ergibt.

    Auch wenn Armand sich Sorgen macht, dass Miriam ihr wahres Dasein petzen könnte, so denke ich, dass das unnötig ist. Auch Maurice ist ein schlauer Mann. Er geht mit dem Wissen eben nicht hausieren. Dennoch wird er längst wissen, dass an den dreien etwas übernatürliches ist.

    Ich bin gespannt, ob er sie zur Vernunft bringt... Und wenn ja, zu welcher Vernunft?

    Liebe Grüße
    Joe

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  2. ich tipp jetzt mal auf spätere Verwandlung. Sie liebt Sergej ja irgendwie und ich schätze.... ihm zu liebe.... *sinier*

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