Samstag, 22. Januar 2011

Noctambule: Rückblick - Gefährliche Reise

Dies ist ein Kapitel aus KayGees Noctambule. Für eine Inhaltsübersicht zu bisherigen Inhalten schaut doch bitte hier: Inhaltsübersicht Noctambule

Ungarn 1319

Milan und Tibor waren bereits seit 8 Jahren erfolgreiche Partner. Während Milan sich um die finanziellen Seiten ihrer Geschäfte kümmerte war Tibor für die Beschaffung der Waren zuständig. Stoffe, Gewürze, Töpfe und Schuhe waren in ihrem Gepäck, wenn sie auf Reisen gingen. Quer durch das ungarische Reich führte sie ihre Route und inzwischen hatten sie überall Handelspartner gefunden.
Dieses Mal hatten sie sich einer Reisegruppe angeschlossen, deren Route auf Grund der Zeitersparnis mitten durch das Mittelgebirge führen sollte. Sie würden zwei Wochen Zeit einsparen und waren im Schutz der großen Gruppe sicher vor Räubern, die man dort vermutete. Der Weg war größtenteils unbekannt und ungenau eingezeichnet. Aber er versprach tatsächlich eine enorme Abkürzung zu sein. Verschiedene Leute hatten ihnen dringend von dieser Route abgeraten. Man berichtete von Teufeln und Monstern, die dort hausten. Lächerliche Schauermärchen, wie Tibor fand. Aber sicherheitshalber hatte man sich mit Waffen ausgerüstet.


Die Wege im Gebirge waren beschwerlicher, als jeder vermutet hatte. Tibor war dankbar, dass er kräftige, junge Maultiere besorgt hatte, die ihre Waren schleppten. Am Tag zog man bei Sonnenaufgang los, bei Sonnenuntergang hatte man eine Stelle zum Lagern gefunden und die Wachen wurden eingeteilt. Bei dreizehn kräftigen Männern war man nur jede dritte Nacht ein paar Stunden wach. Aber es waren keine Räuber in Sicht. Schon gratulierten sich die beiden Freunde zu der grandiosen Idee, eine neue Route zu wählen. Nur noch vier Nächte und man würde wieder in der Zivilisation auftauchen und gutes Geld verdienen.
In jener Nacht wachte Milan auf, weil er pinkeln musste. Er fröstelte, als er sich aus seiner warmen Decke schälte und winkte dem wachenden Kameraden zu, der beruhigt sein Schwert wieder sinken ließ. Milan machte sich nicht die Mühe, weit aus dem schützenden Nachtlager zu gehen. Bäume gab es genug. Er wählte den nächstbesten Baum im Schatten, um sich zu erleichtern.
Während er seinem Strahl zuschaute, der sich über die Rinde verteilte, dachte er grinsend an den nächsten Ort, den sie erreichen würden. Ein kleines Kaff. Aber sicher würde es ein Weib geben, wo er seinen Druck los werden konnte. Bei dem Gedanken spürte er wie sein Schwanz sich zu versteifen begann. Sein Grinsen wurde breiter. Er trat ein Stück weiter in den Schatten und begann zu wichsen. In Gedanken malte er sich eine rassige Frau aus, die ihm hingebungsvoll den Schwanz blies. Er würde nicht lange brauchen. Gleich konnte er entspannt wieder weiterschlafen.
Das Vorbeihuschen eines Schattens ließ Milan innehalten und sich umsehen. Hatte er sich getäuscht? Alles war ruhig im Lager. Die Wache hätte nur den Kopf heben müssen, um Milan im Schatten zu erahnen. Aber der Mann blickte ruhig und gelassen in die Flammen des Lagerfeuers und hing seinen Gedanken nach.
Milans Hand bewegte sich wieder. Sicher war das nur eine kleine Sinnestäuschung gewesen. Er war ja schließlich auch anderweitig abgelenkt. Doch wieder zuckte er zusammen. Im Augenwinkel sah er plötzlich eine Decke auffliegen. Für eine Sekunde erkannte er einen Mann, der neben dem aufgedeckten Schlafenden kniete, dann löste sich der Mann förmlich in einem verwischenden Schatten auf. Der Schlafende war ebenso verschwunden.
Keuchend presste sich Milan an den Baum, um im Schatten unsichtbar zu werden. Fassungslos starrte er auf den leeren Platz des Reisegefährten. Noch bevor er einen klaren Gedanken fassen konnte, ließ ein Schrei Milans Blut in den Adern gefrieren. Der Schrei ging in ein Stöhnen über und verstummte. Er war irgendwo aus dem Wald hinter ihm gekommen.
Zehn Männer kamen verwirrt aus dem Schlaf hoch und versuchten, sich zu orientieren. Einige griffen sofort nach ihren Waffen und sprangen hoch. Tibor war einer der Ersten, die hochschossen und sich konfus umsahen. Andere hatten noch gar nicht verstanden, was sie geweckt hatte. Erst die aufspringenden Kameraden alarmierten sie und brachten sie in den Stand.

Milan starrte zur Wache hinüber. Der Mann starrte mit offenem Mund lauschend ins Dunkle. Er hatte offenbar nicht gesehen, was geschehen war. Hätte Milan nicht gerade noch den Kopf gedreht, wäre auch ihm entgangen, was er gesehen hatte. Jetzt stopfte er seinen erschlafften Schwanz zurück in die Hose und wollte gerade zum Feuer treten, als er erneut erstarrte. Hinter der Wache tauchte ein anderer Mann wie aus dem Nichts auf.
Ein Unterarm legte sich kraftvoll um die Kehle des Kameraden, dann war die Sekunde vorbei, die Wache war verschwunden. Milan brachte keinen Ton aus seinem offenen Mund. Er war sicher, in eine Fratze gesehen zu haben. Die Augen hatten seltsam geglüht und Milan würde jeden Eid darauf schwören, dass er gerade das entsetzlichste Gebiss seines Lebens gesehen hatte.

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