Montag, 19. November 2012

Noctambule III: Reines Grauen

Dies ist ein Kapitel aus KayGees Noctambule Band Drei. Für eine Inhaltsübersicht zu bereits veröffentlichten Inhalten schaut doch bitte hier: Inhaltsübersicht Noctambule III

"Würdest du dich dem Ältestenrat stellen, Armand?" fragte Enrico langsam, denn er musste Zeit gewinnen. Armand schenke ihm die Zeit durch langes Nachdenken. Dann antwortete er mit besonnener Stimme.


"Nur unter gewissen Bedingungen. Meine Familie, Sergej und Miriam sind keine Nefandii mehr und werden von den Sanghieri ein für alle Mal in Ruhe gelassen, egal welche Entscheidung der Rat fällen wird." Enrico nickte als Zeichen, die Worte verstanden zu haben und verschränkte die Hände auf dem Rücken, noch immer aus dem Fenster sehend. In seinem Kopf arbeitete es heftig. Er hörte, wie Alessio von den beiden Männern unterstützt wurde aufzustehen, lauschte dem Stöhnen und erneuten Zusammensacken und doch reagierte er auf nichts von alledem. Schließlich wandte er sich wieder um und betrachtete Armand traurig.
"Das ist eine verzwickte Situation. Als Vertreter meines Anführers habe ich nicht das Recht, für den Rat eine Entscheidung zu treffen oder Bedingungen anzunehmen. Ich kann sie dem Rat vermitteln und meine Meinung dazu wird gehört werden. Doch für die Entscheidung, die sie treffen werden, kann ich dir keinerlei Garantie geben." erklärte er nun ruhig. Armand nickte langsam.
"Ich weiß deine Ehrlichkeit zu schätzen, auch wenn mir deine Worte nicht gefallen, Enrico. Aber auch du würdest nicht dulden, dass Unschuldige für Dinge verantwortlich gemacht werden, die sie nicht begangen haben." erwiderte er nun und straffte seine Schultern, als habe er für sich bereits eine Entscheidung gefällt. Auch Anya schien diesen Eindruck zu haben, denn sie drängte sich sacht an seine Seite und umklammerte seinen Arm.
"Der alte Sanghieri hatte viel Macht und ebenso viel Weisheit. Er verkündete uns, dass er keine Beweise für die Vorwürfe gegen dich hat, was seine Tochter betrifft. Daher ließ er dich gehen." berichtete Enrico nun, doch schien es eher, als würde er sich selbst gewisse Fakten in Erinnerung rufen. Armand nahm diese mit einem knappen Nicken hin, kommentierte sie jedoch nicht. Schließlich hatte er sie selbst aus den Worten des Alten gehört.
"Ich kann Alessios Verlangen nachvollziehen, deinen Sohn als Entschädigung in unseren Clan aufzunehmen. Ein Kind ist sehr wertvoll und in unserer Familie weitaus besser geschützt als nur von dir und seiner Mutter." Armand zog die Brauen bei Enricos Worten zusammen und senkte den Kopf drohend, doch er schwieg und rührte sich noch keinen Zentimeter. Enrico fuhr unerschrocken fort.
"Manchmal gibt es blinde Vampire wie deine Frau. Sie haben nicht die normalen Fähigkeiten. Es heißt, blinde Frauen gebären machtvolle Kinder mit besonderen Eigenschaften. Sie sind besonders selten und oft eine Gefahr für alle." Er schnaufte leicht. "Ich habe eben für einige Sekunden in die Augen deines Sohnes gesehen, Armand Sartous. Was ich in diesen Sekunden erlebt habe, löste reines Grauen in mir aus. So etwas kenne ich nicht und will ich auch nie wieder erleben. Irgendetwas an diesem Kind ist nicht richtig!"

Armand spürte, wie sich Anyas Körper an seiner Seite versteifte und legte beruhigend seine Hand auf ihre. "Wenn ich jetzt noch sehen muss, was dein Kind meinem Oberhaupt angetan hat, dann kann ich mit voller Überzeugung sagen, dass ich dieses Kind niemals in unseren Reihen haben will." fuhr Enrico nun fort. Anyas Körper entspannte sich leicht, doch noch immer sprach niemand außer Enrico.
"Also habe ich nur noch zwei Möglichkeiten. Die eine bedeutet, dass ich euch alle und auch das Kind töten muss. Aber weder ich noch einer meiner Männer wird die Hand gegen ein Kind erheben. Zudem halte ich die Entscheidungen Fabrizios, die letztendlich zu dieser Situation heute geführt haben, noch immer für völlig falsch." Armand hielt unbewusst den Atem an und auch Anya erging es nicht anders. Enrico hielt inne und überdachte seine Worte noch einmal gründlich, ehe er sie aussprach. Seine Stirn war in tiefe Falten gelegt und seine Brauen dicht zusammengezogen. Es war ihm anzusehen, dass er sich in seiner Rolle nicht wohl fühlte. Doch endlich hob er den Blick fest zu Armand und richtete sich noch einmal gerade auf.
"Fabrizio hatte dich und deine Familie zu Nefandii erklärt, weil er davon überzeugt war, dass du Adaliz getötet hast. Gegen meinen ausdrücklichen Rat entschied er sich dazu, dich ohne Absprache mit den Ältesten aufzuspüren und zu töten, ebenso deine schwangere Frau und jeden, der sich auf deine Seite stellte. Wie du weißt, habe ich mehrfach versucht, Fabrizio das auszureden, doch ohne Erfolg." begann er nun und sprach dabei so langsam, als fiele ihm jedes einzelne Wort schwer.
"Noch immer bin ich nicht von der Richtigkeit seiner Entscheidung überzeugt, was mich dazu bringt, auch Alessios Zorn über den Tod seines Bruders als unüberlegt einzustufen. Aber da ist immer noch dein seltsamer Sohn, der eine Gefahr darstellt. Deswegen mache ich dir nun einen Vorschlag. Ich hoffe, du wirst ihn annehmen."

1 Kommentar:

  1. Ah! Das war es also: Blinde Frauen bekommen mächtige Kinder und worum es wohl eigentich ging war einen so machtvollen Vampir in die eigenen Reihen zu ziehen. Niemand hatte vor Anya zu töten, es sei denn um ihr das Kind aus dem Leib zu schneiden.

    Nun aber hat Enrico seine Meinung geändert, denn der Säugling, kaum mit seiner Mutter dem Wochenbett entstiegen, versetzt ihn in Angst und Schrecken.

    Nun - Enrico geht die Sache weise an, bedächtig und mit deutlich weniger Agressionspotenzial als Alessio. Ich bin gespannt, wie sein Vorschlag ausfällt. Aber ich habe das Gefühl, er könnte so ausfallen, dass Armand ihn annimmt.

    LG
    Joe

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