Samstag, 17. November 2012

Noctambule III: Hinterlistige Falle?

Dies ist ein Kapitel aus KayGees Noctambule Band Drei. Für eine Inhaltsübersicht zu bereits veröffentlichten Inhalten schaut doch bitte hier: Inhaltsübersicht Noctambule III

Schockiertes Schweigen breitete sich aus, als Alessio sich vor und zurück wiegte, nicht in der Lage zu schreien, aber voller Leid. Erst als Armand zwischen Alessios Fingern Blut entdeckte, das aus den Ohren rann, wurde er lebhaft. Er fuhr zu Sergej herum, packte dessen Arm und schüttelte ihn heftig.
"Hör auf! Bist du wahnsinnig geworden?" fauchte er.

 Sergej riss seine Augen von dem Leid Alessios los, um Armand hilflos anzusehen.
"Ich bin das nicht!" stieß er hervor. Armand stutzte, betrachtete seinen Freund und schaute zurück zu Alessio. Doch der quälte sich weiterhin, obwohl Armand Sergej aus der angeblichen Konzentration gerissen hatte. Prüfend starrte er auf Miriam, denn auch sie starrte auf den jungen Sanghieri. Auch wenn sie noch jung und ahnungslos war, konnte sie durchaus in Frage kommen. Besonders sie sogar, denn sie hätte in ihrer fehlenden Übung leicht übertreiben können. Aber sie hob beide Hände abwehrend, als sie Armands Blick spürte und schüttelte den Kopf.
Alessio stürzte seitlich auf den Boden und krümmte sich zuckend, doch noch immer schienen die Schmerzen nicht aufzuhören. Armand drehte sich zu Anya um, die jedoch Alessio gar nicht beachtete, sondern mit offenem Mund auf Sergej starrte.
"Wenn du es nicht bist, wer dann?" hauchte sie fassungslos. Im Glauben, dass Armands Verdacht nun auf sie fiel, blickte sie flehend zu ihm und wollte ihm gerade beteuern, dass sie nichts damit zu tun hatte, als ihr die Worte im Hals stecken blieben. Armands Augen lagen auf Raoul, der ganz ruhig in Anyas Armen saß, an seine Mutter zurückgelehnt und eine Faust geballt gegen den Mund gepresst, um auf den Knöcheln herum zu lutschen. Alles in allem bot er das zufriedene Bild eines Kindes, das sich zwar ein wenig langweilte, aber mit der gesamten Situation glücklich war. Einzig die Augen des kleinen Kerls ließen Armand versteinern. Raouls Blick lag fest auf dem sich windenden Alessio. Die sonst blauen Augen des Kindes waren weit geöffnet und zeigten dunkle Ränder um die Iris, die ständig die Farbe zu wechseln schienen.
Als Anya dem Blick ihres Mannes folgte und auf ihr Kind herunter sah, stieß sie einen erschreckten Schrei aus. Hastig wandte sie sich komplett von Alessio ab und schirmte den am Boden liegenden so durch ihren Körper ab. Gleichzeitig schob sie ihre Hand vor Raouls Augen.
"Nein, Raoul! Hör auf damit! Tu das nicht!" wisperte sie hektisch und spürte, wie die kleinen, feuchten Finger des Kindes sich an die Hand seiner Mutter klammerten und versuchten sie wegzuziehen. Anya war jedoch unnachgiebig, was dazu führte, dass Raouls Körper sich wütend anspannte. Er stieß bereits die ersten quengelnden, unzufriedenen Laute aus und jedem hier war klar, dass es gleich wieder eine Brüllorgie geben würde, doch Anya blieb stur und nahm ihre Hand nicht von dem Gesichtchen herunter.
Fast gleichzeitig mit Anyas Umdrehen schien Alessios Leid ein Ende zu haben. Erschöpft sackte sein angespannter Körper zusammen, doch der Schock des Schmerzes ließ seine Beine noch immer zucken und er presste weiterhin die Hände auf seine blutenden Ohren. Sein Atem ging pfeifend und hektisch schnell, inzwischen hatte er die Augen geschlossen, aus denen Tränen liefen. Doch mit jeder Sekunde schien er sich wieder zu erholen.
Erleichtert aber auch sehr vorsichtig löste Anya die Hand von dem kleinen Gesicht des Kindes. Raouls Augenfarbe hatte sich inzwischen wieder normalisiert. Er entdeckte Miriam, strahlte auf und streckte ihr seine Arme entgegen. Miriam konnte sich seinem Charme einfach nicht entziehen und griff nach dem kleinen Körper. Anya überließ ihr Raoul nur widerwillig und flüsterte leise:
"Pass auf! Sei bereit, ihm die Augen zuzuhalten." Miriam nickte stumm und ließ sich mit dem Kleinen in einer Ecke des Raumes nieder, weit abseits vom restlichen Geschehen. Sergej ging zu Alessio, hockte sich neben ihn und drückte ihn sacht an der Schulter auf den Boden, damit Alessio liegen blieb und sich entspannte.
"Wie macht er das? Er ist doch noch so klein!" flüsterte Anya nun dem Vater ihres Sohnes zu. Armand blickte sie besorgt an, schüttelte jedoch nur ratlos den Kopf. Sein Seufzer war tief und brachte Anya nicht die beruhigende Wirkung, die sie jetzt so dringend brauchte. Ihr schneller Blick zu ihrem Kind zeigte ihr aber ein rührendes Bild eines jungen Mädchens, das mit einem zufriedenen, gut gelaunten Jungen spielte und ihn zum Lachen brachte. Ihr nächster Blick zu Alessio bewies ihr jedoch, dass sie das alles nicht nur geträumt hatte. Es war geschehen.
Armand schien hastig zu überlegen, während seine Augen auf dem keuchenden Oberhaupt des Sanghieri-Clans ruhten. Dann schien er eine Entscheidung getroffen zu haben und ging mit schnellen Schritten zur Haustür, die er wuchtig aufriss. Draußen hatte Enrico Wort gehalten und sich mit seinen Männern ein gutes Stück zurückgezogen. Doch mussten sie gespürt haben, dass gerade etwas im Haus geschah und hatten es als Gefahr eingestuft. Als sich die Tür öffnete, hoben alle den Kopf und starrten Armand mit einer unruhigen Feindseligkeit an. Ihre Haltung drückte klare Angriffsbereitschaft aus.
"Enrico! Nimm dir zwei Männer und komm sofort herein!" rief Armands dunkle Stimme nun befehlend. Enrico ließ sich das nicht zweimal sagen. Er wirkte beunruhigt, wählte schnell zwei erfahrene Männer aus und näherte sich mit langen Schritten dem Haus. Armands großer Körper versperrte noch den Eingang, sodass er stehen bleiben und zu ihm aufsehen musste.
"Enrico, wenn ihr nun herein kommt, sollst du wissen, dass Alessio verletzt wurde. Dies geschah ohne meinen Befehl und gegen meinen Willen. Daher bitte ich dich, nicht überstürzt zu reagieren, sondern dir erst anzuhören, was geschehen ist." sagte Armand nun ernst. Enrico stierte sein Gegenüber mit bitterem Zorn an und presste seine Lippen zu schmalen Strichen zusammen. Kurz warf er einen Blick zurück zu seiner Gruppe, dann betrachtete er die beiden Männer, die ebenso erst schauten wie er.
Enrico musste abwägen, ob er nun in eine Falle rannte oder Armand Glauben schenken konnte. Eine sehr gute Taktik hätte es schließlich sein können, die Gruppe stückweise zu dezimieren, indem man kleine Gruppen ins Haus lockte. Doch noch stand eine dreifache Übermacht dort vor der alten Mühle und wenn er nun hinein ging, konnte er immer noch mit einem einzigen Schrei seine Männer aktivieren. Zudem machte Armand nicht den Eindruck auf ihn, hinterlistig zu handeln. Mit einem knappen Nicken stimmte er nun Armands Bitte zu und dieser trat beiseite, um die drei Männer hinein zu lassen.

1 Kommentar:

  1. HA! .. ellabätscht. Ich hatte recht: Es war Raoul.

    Sein kleiner Instinkt hat erfasst, wer im Raum das Feindbild darstellt und er hat sich "drum gekümmert".

    Gefällt mir sehr. Und nun müsste man also sehen, wie es weitergeht.

    Ich verstehe nicht ganz warum Armand drei Leuten erlaubt herein zu kommen. Damit holt er sich die Übermacht doch gleich ins Haus. Auch wenn Raoul sicherlich viel anrichten kann, so ist das Gewicht der Kräfte doch ab diesem Augenblick völlig fehlverteilt.

    Armand nimmt sich jeden Handlungsspielraum. Aber gut. Er scheint etwas zu planen. Und ich hoffe, dass er nicht überstürzt gehandelt hat.

    LG
    Joe

    P.S.: MÄCHTIGES BABY!!!

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