Donnerstag, 8. November 2012

Ermittlungsmethoden

Dies ist eine Fortsetzungsgeschichte. Für eine Inhaltsübersicht zu bisherigen Inhalten schaut doch bitte hier: Übersicht Nadja

Henry hängte sein Sakko an den Garderobenständer und ließ sich auf seinen Schreibtischstuhl fallen. Mit einem wehmütigen Grinsen verglich er in Gedanken sein eigenes Büro mit dem von Joe. Er hatte es selbst schon gar nicht so schlecht getroffen. Ein großer moderner Schreibtisch, weicher Teppich und auch für eine Couchgarnitur reichte der Platz. Was die Aussicht und die Größe anging hinkter er hinter Joe allerdings weit zurück.

Amüsiert schlug er die Mappe auf, die Joe ihm mitgegeben hatte. Das war definitiv sein interessantester Auftrag derzeit. Ansonsten hatte er im Augenblick nur zwei Beschattungen von untreuen Ehefrauen und einen Fall wo er ein Computer überwachte um Fehlverhalten eines Angestellten nachzuweisen. Alles Kram, der sich fast von selbst erledigte. Doch das hier war doch mal wirklich etwas. Ein Familiendrama, fast ein Märchen, mit ungewissem Ausgang.

Joe hatte ihn sehr offen aufgeklärt, nachdem er sich seiner Verschwiegenheit versichert hatte und auch wenn Henry längst der Ansicht war, dass man den Darstellungen der einen Seite niemals uneingeschränkt vertrauen durfte, zumindest bis man die der andere Seite kannte, so war doch bei dieser Geschichte irgendwie wenig Spielraum für den Vater. Doch diesmal kam es auch kaum auf die andere Version an. Er sollte den Mann finden und klären, warum er sich noch in den USA aufhielt, obwohl er eine anders lautende Vereinbarung unterschrieben hatte.

Henry beschloss als Erstes das naheligendste zu prüfen. Er suchte die Nummer von dem kleinen Hotel heraus in welchem Mykola bekanntermaßen gewohnt hatte. Schnell hatte er sie gefunden. "Ich ermittle jetzt am Telefon.", gab er seiner Sekretärin über die Sprechanlage durch. "Alles klar, Chef.", sagte diese brav und stellte die Anlage ab. Ermittlungen am Telefon waren meist ziemlich trivial, doch konnten sie durch geringste Störungen zunichte gemacht werden. Wenn man zum Beispiel jemanden aus einem Callcenter miemte, war schon ein Anklopfgeräusch im Telefon verräterisch und reichte unter Umständen die andere Seite nervös zu machen.

Doch bei einer vorgewarten Sekretärin würde seine Tür sich nicht öffnen und, wenn es nicht brennen sollte, würde auch sonst kein Kontakt stattfinden. Henry klickte auf dem Computer an welchen er Telefon und Headset angeschlossen hatte. Hier konnte er beim telfonieren eine frei wählbare Nummer übertragen und beliebige Hintergrundgeäusche in das Telefonat einspielen. Er entschied sich für den Sound eines Großraumbüros. Ein Gemisch aus unverständlichen Gespächen, Bürogeräuschen und Telefonklingeln. Er suchte sich noch eine passende Nummer als Absender heraus. Dann wählte er das Hotel an.

"Hotel Park Inn. Ja?", meldete sich eine mürrische Frauenstimme. "Guten Tag. Brown, mein Name. Ich bin von der Ausländerbehörde DRO. Es geht sich um eine Einwanderungsangelegenheit. Ich bräuchte eine Information über einen Gast, der kürzlich bei Ihnen gewohnt hat. Mykola Musarova.", startete Henry in sein Gespräch. Er konnte hören, wie sich die Frau am anderen Ende aufrichtete. "Ja, Sir? Was müssen Sie da wissen?"

2 Kommentare:

  1. Der Mann gefällt mir schon jetzte.
    Eine Gesunde Einstellung, dass er gerne beide Versionen der Geschichte hören möchte.
    Doch da wird er bestimmt sehr schnell eines besseren belehrt.

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  2. Ich finde den auch in Ordnung. Aber mal sehen, wie er reagiert, wenns zur Sache geht. Jemand, der grundsätzlich auf eine Waffe in diesem Job verzichtet, hat äußerst effektive andere Methoden. Bin gespannt, ob Rutten auch so ist :)

    Seine neutrale Einstellung gefällt mir. So mancher Auftraggeber biegt die Wahrheit ganz schön, um sich zu rechtfertigen, aber das hat Joe nicht nötig und Rutten wird es merken.

    So, und jetzt auf ins Gefecht. Find den Scheißer, Rutten!

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