Mittwoch, 31. Oktober 2012

Noctambule III: Der Wald der Geister

Dies ist ein Kapitel aus KayGees Noctambule Band Drei. Für eine Inhaltsübersicht zu bereits veröffentlichten Inhalten schaut doch bitte hier: Inhaltsübersicht Noctambule III

Ungefähr eine Tagesreise weiter nördlich von Mirabeau entfernt hob sich ein Ausläufer der Vogesen mit scharfen Felsen, zerklüfteten Schluchten und dunklen Wäldern mächtig in die Höhe. Die Reiserouten führten um das unwirtliche Gebirge herum, doch der eine oder andere schmale Weg konnte eine Wandergruppe mitten hinein führen, wenn man den Mut besaß, dieses Gebiet überhaupt betreten zu wollen.


Man sprach von Räubern, von dunklen Gestalten, Trollen, Dämonen und Waldgeistern, die gruseligsten Geschichten und Gerüchte hielten die meisten Wanderer davon ab, die Hauptstraßen zu verlassen und man nahm lieber einige Tage Umweg in Kauf, um die sicheren Wege zu bereisen statt sich in Gefahr zu begeben.
Folgte man jedoch den Wegen, musste man schnell feststellen, dass aus einem Weg ein Pfad und schließlich nur noch ein Trampelpfad wurde, der nur noch mühsam zu begehen war. Immer wieder versperrten die Brocken einer Gerölllawine den Weg und man war zum Klettern gezwungen. Wer sich hier nicht den einen oder anderen Knöchel verstauchte oder gar brach, der durfte sicher sein, dass neue Hindernisse auf ihn warteten.
Kurz vor dem Fuß des Gebirges schließlich breitete sich ein Sumpf aus, dessen morastige Wiesen schon so manch einen unachtsamen Gesellen einfach eingesogen und nie wieder hergegeben hatten. Wer jetzt nicht umkehrte und immer noch nicht für einen langen, stabilen Wanderstab gesorgt hatte, der war entweder einfach leichtsinnig oder lebensmüde. Irgendjemand hatte zwar vor langer Zeit einmal Baumstämme halbiert und als wackeligen Weg über die sumpfigsten Stellen gelegt, doch hatten Moos und Witterung ihre Arbeit gut geleistet und das Holz war entweder morsch oder rutschig.

In diesem sumpfigen Bereich hätte man den klaren Himmel über sich noch einmal bewundern können, wäre man nicht so darauf konzentriert gewesen, nach unten zu schauen und ja keinen Fehltritt zu machen. Doch spätestens wenn man diese tödliche Strecke hinter sich gebracht hatte, war für lange Zeit die Sicht nach oben durch den dichten Wald versperrt.
Hier, in diesem Wald führte der Pfad stetig bergauf, mal gewunden, mal einfach gerade, mal nicht besonders steil, dann wurde man aber auch wieder zu Kletterpartien gezwungen. Es war sehr still in diesem Wald, was zum großen Teil an dem dichten Baumbewuchs lag, aber auch an dem Moos, das fast jedes Geräusch zu verschlucken schien. Trat man hier auf einen morschen Zweig, hielt man sofort erschreckt inne, denn es klang so laut und störend wie ein Schuss und musste zwangsläufig auf einen aufmerksam machen.
Die Angst, nun die bösen Geister des Waldes geweckt zu haben, blieb von da an im Nacken des Wanderers. Sonnenlicht traf kaum noch den Waldboden, das Moos wurde dünner und wich schließlich trockenem, hartem Waldboden, der mit der Aufstieg auch immer mehr von Felsen durchbrochen wurde. Jetzt veränderte sich auch der Wald, aus Mischwald wurden Nadelbäume, die in ihrer Hartnäckigkeit und Robustheit besser den Winden und dem Wetter trotzten als Laubbäume.
Der Geruch in diesem Wald war atembraubend würzig. Baumharz, Nadeln, Pilze und Waldboden bildeten ein Gemisch mit der klaren Luft der höheren Gebiete und immer wieder wehte ein intensiver Duft heran. Noch immer folgte man nur diesem einen Pfad, der mal ausgetretener wirkte, dann aber auch wieder fast überwuchert wurde.
Auch wenn der Pfad sich den Gegebenheiten der Natur anpasste und mal aufwärts, dann wieder abwärts schlängelte, so führte er dennoch stetig gen Nordosten und unerbittlich aufwärts. Wer es bis hierher geschafft hatte, den konnte nun auch nicht mehr viel schrecken, denn er musste bereits mindestens dreimal in dieser menschenleeren Umgebung übernachtet haben mit der Gewissheit, jederzeit Bären, Räubern oder gar schrecklichen Gespenstern zum Opfer fallen zu können. Besonders in der Nacht verstärkten sich die Geräusche um ein Vielfaches und so mancher Laut war kaum zu definieren und führte zu einer dauerhaften Anspannung und Gänsehaut.
Doch Yanis, der Wanderer, blieb auch in dieser Nacht bei einer stoischen, fast abgeklärten Gelassenheit. Bis zum Einbruch der Nacht hatte er keinen geeigneten, geschützten Ort für eine ruhige, erholsame Nacht gefunden und beschlossen, einfach so lange weiter zu marschieren, bis er vor Müdigkeit nicht mehr konnte und es ihm einerlei sein würde, wo er gerade zum Liegen käme.

1 Kommentar:

  1. Yanis ist also auf dem Weg ins Kloster.

    Das er in diesem Buch noch einmal drankommt lässt nichts gutes erahnen. Doch hoffe ich seine Ausbildung wird lange dauern.... :)

    Oder vielleicht versinkt er ja auch einfach im Morst? :D


    Übrigens hast du da einen sehr schönen grusligen Wald beschrieben, Kay.

    Mein Bruder war schon in den Vogesen wandern. Das ist eine wirklich unwirtliche Gegend. Aber wenn man mal auf Menschen trifft, sind die sehr freundlich.

    Übrigens hat er keine Geister da gesehen. Was aber ja nichts heissen muss.

    LG
    Joe

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