Sonntag, 28. Oktober 2012

Noctambule III: Die Zeremonie

Dies ist ein Kapitel aus KayGees Noctambule Band Drei. Für eine Inhaltsübersicht zu bereits veröffentlichten Inhalten schaut doch bitte hier: Inhaltsübersicht Noctambule III

Armand atmete hörbar auf, als sich die Tür der Kutsche öffnete und der kleine Mönch herauskletterte.
"Die Trauzeugen sind anwesend?" fragte er in die Runde, musterte allerdings Armand und Anya mit der Vermutung, dass diese für dieses Amt auserkoren waren. Armand nickte und legte den Arm um Anya, die sich sofort leicht an ihn lehnte.
"Das sind wir." meinte Armand ruhig. Der Mönch nickte erneut und nestelte schon an dem Gürtel herum, um den Schlüssel der Kapelle zu lösen.


"Und Ihr seid…?"
"Ich bin Armand Sartous und das ist meine Frau." Armand hatte gehofft, dass der Mönch diese Frage stellte und drückte nun sanft Anyas Schulter. Als er den Kopf mit einem kleinen Lächeln zu ihr senkte, hob sie bereits strahlend lächelnd das Gesicht zu ihm. Armand konnte sich einen Seitenblick zu seinem Freund nicht verkneifen, der kurz die Braue hoch gezogen hatte, sich nun aber hastig der Kutsche zuwandte.
"Nun gut. Wir haben noch einige Vorbereitungen zu treffen. Ein wenig Hilfe könnte ich dabei gebrauchen." erklärte Anselm, während er das Schloss der Kapellentür öffnete und diese nun weit öffnete.
"Ich helfe!" verkündete Jocelyn aufgeregt und hängte sich an die Fersen des Mönchs. In den folgenden Minuten entzündeten Jocelyn und Maurice etliche Kerzen, bis der Altar festlich beleuchtet war, während der Rest der kleinen Kapelle im Dunkel lag. Der Mönch ließ sich von Maurice helfen, seine Stola umzulegen, die in goldenen und roten Farben gehalten war. Armand führte Anya zur vordersten Bank und ließ sie dort Platz nehmen, er allerdings blieb stehen, das Treiben in der Kapelle beobachtend und hin und wieder einen Blick auf seinen Sohn werfend, der mit neugierigen Augen versuchte zu erkennen, was um ihn herum geschah.
Seinen Augen entging allerdings auch nicht, wie der kleine Mönch sich zwar konzentriert vorbereitete, jedoch immer wieder skeptische Blicke auf die Anwesenden warf. Schließlich bedeutete er Maurice und Jocelyn auf der Bank Platz zu nehmen, räusperte sich und blätterte in der Bibel. In diesem Moment betrat Sergej die Kirche. Auf seinen Armen trug er Miriam, die den Kopf an seine Schulter lehnte und aufgeregt lächelte.

Sergej trug Miriam mit gemessenem Schritt vor den Altar und blickte sich um. Niemand hatte daran gedacht, dass Miriam nicht in der Lage war, vor dem Altar auf den Stufen zu knien.
Doch nun kam Bewegung in Armand. Ohne zu zögern schritt er zum Beichtstuhl, öffnete ihn und hob den schweren Stuhl des Priesters heraus. Er achtete nicht auf den empörten Blick des Mönchs, trug den Stuhl vor den Altar und stellte ihn dort ab, sodass Sergej neben ihr vorschriftsmäßig knien konnte. Dabei warf er Anselm einen langen, bedeutungsvollen Blick zu, der den Mönch den Mund stumm wieder zuklappen ließ. Hinter ihnen gluckste Jocelyn verhalten und erntete einen mahnenden Blick von Maurice.
Sergej nickte seinem Freund dankend zu und ließ Miriam so vorsichtig und sanft in den Stuhl gleiten, wie es nur möglich war. Dennoch presste sie die Lippen zusammen, um nicht vor Schmerz zu stöhnen, denn die Bewegung ihrer Beine schmerzte ebenso wie die ihrer Arme. Nun nahm auch Armand auf der Bank Platz, verschränkte die Arme vor der Brust und fixierte den Mönch, dem der bohrende Blick nicht entging.
Anselm räusperte sich, faltete die Hände vor dem Bauch und ging in sich. Eine Trauung dieser Art hatte er noch nie vorgenommen. Alles war viel zu hastig, nicht abgesprochen mit dem Paar und unvorbereitet was seine eigenen Handlungen betraf. Nun musste er also improvisieren und schickte ein stummes Stoßgebet gen Himmel.
"Wir haben uns hier versammelt, um .. äh.. dieses sich liebende Paar dem heiligen Bund der Ehe zuzuführen." eröffnete er schließlich seine Rede. Seine Augen wanderten von Sergej zu Miriam, wechselten stets zwischen Beiden und er versuchte offensichtlich verzweifelt noch ein wenig Feierlichkeit aufkommen zu lassen.
"Liebes Brautpaar! Die Ehe ist nicht nur ein Bund der Liebe, sie besteht auch aus Pflicht, Gehorsam, Kraft füreinander und dem Einhalten eines heiligen Versprechens. Ihr seid heute vor mir erschienen, um diesen Bund vor Gott einzugehen, auf dass Gott Euch führe, stütze und in den schweren Stunden beistehe. Darum lasset uns beten!" Anselm hatte in seinen Rhythmus gefunden und brachte nun auch Autorität in seine Stimme. Missbilligend bemerkte er, dass Armand und Anya die Hände nicht zum Gebet falteten, jedoch respektvoll die Köpfe senkten.
Gerührt beobachtete er gleichzeitig, wie die junge Braut die Gebetshaltung einnehmen wollte, jedoch kaum vermochte ihre Hände zu bewegen. Sergej beugte sich zu ihr, legte sacht seine Hände auf ihre und nickte ihr lächelnd zu. Für Anselm genügte dieser kleine Augenblick, um von der Richtigkeit seines Tuns überzeugt zu sein und lächelte Miriam zu.
"Gott braucht keine gefalteten Hände um dich zu hören, mein Kind. Gott sieht in dein Herz." raunte er ihr zu und hob zu einem Gebet an.
Dem Gebet folgte ein Lied, das Anselm mit tönendem Bariton begann und auch alleine zu Ende sang. Er ließ sich nicht beirren. Er führte die Zeremonie und er bestimmte den Ablauf. Wenn niemand mitsang, sang er eben alleine und die leichte Lippenbewegung der Braut genügte ihm schon als Zeichen des Versuchs.
Immerhin war wenigstens die Braut zu gutem Benehmen in der Lage. Er ahnte nicht, dass Miriam Mühe hatte, dem Geschehen zu folgen. Das Laudanum tat seine Wirkung und Miriam brauchte alle Kraft, um die Zeremonie verfolgen zu können ohne einfach vor sich hin zu dämmern.

1 Kommentar:

  1. Anselm ist mit der ganzen Situation arg überfordert :)

    Aber ich finde es schön, wie er sich an ein gewisses Prozedere hält. Wenn es schon eine übereilte Hochzeit sein muss, dann ist diese die beste, die ich mir in der Situation vorstellen kann.

    Miriam ist bei denen, die sie lieben und der Priester ist überzeugt, das Richtige zu tun.

    Nun ist es gleich geschehen und Sergej und Miriam sind Mann und Frau...

    Schön auch, wie Armand, mit einer einzigen Bemerkung quasi "geheiratet" hat, und er Anya als seine Frau vorstellte. Man kann es sich eben auch leicht machen :P

    Nun hoffe ich, dass Miriam lang genug wach bleibt und die Sanghieri lang genug fern, um das hier nicht zu stören.

    LG
    Joe

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