Dienstag, 2. Oktober 2012

Noctambule III: (Zu) Später Besuch

Dies ist ein Kapitel aus KayGees Noctambule Band Drei. Für eine Inhaltsübersicht zu bereits veröffentlichten Inhalten schaut doch bitte hier: Inhaltsübersicht Noctambule III

Normalerweise wären Adolphe und Noel schon seit einer halben Stunde im Bett, doch an diesem Abend war alles anders. Sie waren erst spät vom Feld nach Hause gekommen und hatten entsprechend spät zu Abend gegessen. Catherine hatte ihnen Brot, Wurst und Käse aufgetragen und ließ ihnen Zeit, in Ruhe zu essen und währenddessen über die Arbeit zu sprechen.

Doch als Noel, der immer mehr aß als sein Bruder, sich endlich satt zurücklehnte, schenkte Catherine ihren Söhnen einen Becher Wein ein und berichtete von ihrem Tag und von Belles Verschwinden. Adolphe nahm die Information recht gelassen zur Kenntnis, doch konnte Catherine bei Noel ernstes Bedauern erkennen.
Das bestätigte sie in ihrem Glauben an ein frisch aufkeimendes Gefühl bei ihrem Sohn und wieder seufzte sie. So ungern sie es zugab, so kam sie doch nicht umhin, auch Yanis die Schuld an Belles Verschwinden zu geben. Noch immer verstand sie seine massive Ablehnung Belle gegenüber nicht und bar ihre Söhne um Erklärungen, die auch sie nicht geben konnten. Yanis war und blieb das Sorgenkind der Familie.
Die Familie rückte wieder eng zusammen, doch gerade als Noel seine Hand auf die seiner Mutter legte und sie lächelnd beruhigte, wurde die Runde durch ein energisches Klopfen an der Haustür gestört. Catherines Kopf ruckte beunruhigt herum und auch die beiden Brüder horchten stirnrunzelnd auf. So später Besuch brachte nie gute Nachrichten und sofort dachte Catherine an ein neues Unglück, denn Yanis war schließlich noch immer nicht zurückgekehrt.
Noel, der Größere und Kräftigere von den Brüdern erhob sich müde und griff nach einer Kerze, um wenigstens zu sehen, wer so spät noch störte. Verblüfft betrachtete er den älteren Mann, der in gebührender, nicht bedrohlicher Entfernung vor der Tür stand und sofort eine höfliche Verbeugung machte.
"Ich bitte die späte Störung zu verzeihen, Monsieur. Mein Name ist Maurice Demours. Ich bin auf der verzweifelten Suche nach meiner Tochter Miriam." erklärte er. Noel sog tief die Luft in die Lungen und nickte. Der Fremde machte einen gepflegten Eindruck, auch wenn er müde wirkte und seine Kleidung schon lange nicht mehr frisch war. Allein die Ausdrucksweise des Fremden zeugte von Bildung und einem gewissen Wohlstand. Dennoch war Noel noch nicht ganz sicher, ob er seine Loyalität zu Belle aufgab oder unterstützte, wenn er nun ihren kurzen Aufenthalt hier bestätigte. Vielleicht war sie ja fortgelaufen, weil ihr Vater ein Tyrann war. Und schließlich hatte Noel begonnen, das Mädchen sehr zu mögen.
"Und was bringt Euch auf den Gedanken, dass sie hier sein könnte?" fragte er daher skeptisch. Der Mann lächelte müde.
"Ich frage jeden, dem ich begegne, Monsieur. Und irgendwann wurde mir gesagt, dass hier eine junge Dame zu Besuch sei, auf die die Beschreibung meiner Tochter passt. Bitte, Monsieur, ich bin ihr Vater, ich muss sie finden!" Maurice schlug einen flehenden, dringenden Ton an, der seine Wirkung auf Noel nicht verfehlte. Doch die Entscheidung wurde ihm abgenommen, weil Catherine hinter ihm aufgetaucht war und die letzten Worte gehört hatte.
"Um Gottes Willen! Aber bitte, kommt herein, Monsieur! Noel, wie kannst du den armen Mann so vor der Tür stehen lassen?" Überrumpelt öffnete Noel die Tür und ließ den Besucher ins Haus. Er wurde in die Küche gebeten, wo man ihm Adolphe vorstellte und einen Platz anbot.
"Ich scheine eine trauliche Runde zu stören. Ich bitte um Verzeihung." murmelte der Mann. Catherine winkte lebhaft ab und setzte sich mit aufmerksamem Blick ihm gegenüber.
"Ach, keineswegs! Ich bin so froh, dass Ihr hierher gefunden habt, Monsieur! Ihr seid auf der richtigen Spur! Noel, bitte erzähl dem armen Mann, was geschehen ist!" Ohne ihren Gast weiter zu fragen schenkte sie ihm einen Becher Wein ein und begann, Brot zu schneiden. Die abwehrende Handbewegung des Mannes übersah sie dabei einfach geflissentlich.

1 Kommentar:

  1. So knapp!

    Maurice als wenig bedrohliche Gestalt auf die Suche zu schicken war eine hervorragende Idee. Doch er kommt nur wenig zu spät.

    Jetzt ist die Frage, welche Ahnung die Familie hat und welche sie äußert.
    Ich denke schon, dass man sich nun auf die Suche nach Yanis machen wird. Allerdings könnte das gefährlicher werden, als man sich das vorstellt.

    Auch ist die Frage, ob die Vampire aus den Erzählungen, denen sie vermutlich lauschen werden, mehr erahnen können, als ein Mensch.

    Jetzt wird es jedenfalls spannend. Und so langsam geht es in die heiße Phase - Bald könnten die Florentiner antanzen.

    LG
    Joe

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