Montag, 8. Oktober 2012

Noctambule III: Verbrannt

Dies ist ein Kapitel aus KayGees Noctambule Band Drei. Für eine Inhaltsübersicht zu bereits veröffentlichten Inhalten schaut doch bitte hier: Inhaltsübersicht Noctambule III

Nachdem Anya die Flammen an seiner Hose ausgeschlagen hatte, war Sergej mit schmerzverzerrtem Gesicht auf den Rücken gerollt und hatte ihre Hand festgehalten.
"Hilf Armand!" sein Ruf war flehend und Anya hielt sofort inne. In ihren Augen stand der Schock über die Situation, doch seine Worte holten sie aus der Panikattacke heraus. Sie schaute fragend zu dem Pfeil, der noch immer in seiner linken Schulter steckte, doch Sergej schüttelte nur stumm den Kopf und Anya gehorchte.


Sergej ließ den Kopf schwer atmend zurück fallen und pumpte Luft in seine Lungen. Er konnte Miriams Schreie kaum noch ertragen. Seine Hand umfasste den Pfeil in seiner Schulter, doch er zögerte noch einmal. Nachdem er mehrfach tief Luft geholt hatte versuchte er, sich zu entspannen und riss mit einem festen Ruck den Pfeil aus seinem Fleisch.
Sergej schrie nicht, sondern wälzte sich sofort schmerzverzerrt wieder auf die Seite. Die Stirn auf den Boden gepresst rang er nach Luft, um nicht die Besinnung zu verlieren. In seinen Ohren dröhnte es so laut, dass sogar Miriams Schreie leiser wurden und er hatte das Gefühl, siedendes Öl in seinen Adern zu haben. Hechelnd versuchte er sich zu beruhigen, um endlich aufstehen zu können. Der Schweiß tropfte von seiner Stirn auf den Boden, doch endlich zwang er sich in die Höhe. Gerade rechtzeitig, um zu sehen, dass Armand und Anya es geschafft hatten, das brennende Holz so weit auseinander zu treten, dass sie Miriam erreichen konnten.
Stolpernd drängte er sich an Anya vorbei, als er sah, dass Armand zögerte Miriams Fesseln durchzuschneiden. Dann blieb auch er entsetzt stehen. Miriam hatte das Bewusstsein verloren. Ihr Gesicht war mit Blut, Schweiß und Ruß verschmiert, das Haar hing wirr in ihre Stirn. Die wenigen Stofffetzen, die Armand nicht von ihrem Körper gerissen hatte, konnten die schweren Verbrennungen an ihren Beinen nicht mehr verdecken. Doch das alles nahm Sergej nur am Rande wahr, als er tief aufstöhnte. Sein Blick hing an den Nägeln, die durch Miriams Handgelenke getrieben worden waren.
Armand warf seinem Freund einen gequälten Blick zu, in dem tiefes Mitgefühl lag. Dann sandte er einen langen Blick zu Anya, die nun auch erst erfasste, was geschehen war und mit weit aufgerissenen Augen zu Miriam hinauf starrte. Armand unterbrach den Moment der schockierten Stille.
"Sergej, halt sie fest. Ich mache sie los." Seine Worte waren scharf und knapp. Sie halfen, denn sie rissen Sergej aus der Starre und er trat sofort an das Kreuz, um Miriams Körper zu umschlingen und zu stützen.
Armand musste sich zum ersten Mal seit sehr langer Zeit überwinden, einen blutenden Körper zu berühren. Doch dieses Mal war es eine Freundin, der er nun Schmerzen zufügen musste, um ihr zu helfen. Anya konnte das Arbeiten seiner Kiefermuskeln sehen, als er sich darauf konzentrierte, mit dem Messer den ersten Nagel herauszuziehen. Das knirschende Geräusch, als der Metallstift durch die Knochen glitt, verursachte in Anya Übelkeit.
Armand warf seinem Freund einen prüfenden Blick zu, bevor er sich an den zweiten Nagel machte. Erst als er die Fesseln durchschnitten hatte und Miriams Körper über Sergejs Schulter fiel, bemerkte Armand seinen Butler neben sich. Maurice war kreidebleich und starrte entsetzt auf das Szenario. Blinzelnd schärfte er nun seinen Blick auf Armand, als dieser sich zwischen Sergej und Maurice schob und ihm so die Sicht nahm.
"Wo ist er?" fragte Armand knapp. Maurice straffte sich und hob leicht den Knüppel, den er noch immer in seiner Hand hielt.
"Ich fürchte, ich habe ihm den Schädel eingeschlagen, Monsieur. Er brach zusammen wie ein nasser Sack." verkündete Maurice in einer Mischung aus Stolz und Ekel zugleich. Armand betrachtete ihn erstaunt, nickte aber schließlich.
"Gut gemacht." lobte er knapp und wandte sich zum Wagen. Dort legte Sergej vorsichtig Miriam ab, während Anya ohne zu fragen den Rock von Jocelyn hochhob und den Unterrock zerriss, um Miriams Gelenke notdürftig zu verbinden. Sergej kletterte stumm zu den Frauen in den Wagen und bettete behutsam den Kopf seiner Geliebten in seinen Schoß. Armand schwang sich neben Maurice auf den Kutschbock. Niemand sprach ein Wort, als die Pferde den Wagen wendeten und langsam den Weg entlang trotteten.

2 Kommentare:

  1. Quo Vadis?

    Wohin nun, ihr alle? Auf Miriams Landgut, würde ich sagen, und das ganze möglichst zügig.

    Die Gruppe hat endlich wieder zueinander gefunden, wenn auch unter denkbar widrigen Gesichtspunkten. Doch nun ist es wirklich Zeit aufzubrechen.

    Marseille hat ihnen gegeben was es zu geben hatte. Es hat Anya eine Freundin, nein sogar zwei, gegeben. Es hat Miriam eine Freundin gegeben und Sergej eine Geliebte.

    Doch genauso hat es genommen. Hier traf Anya auf George. Hier wurde Armand entführt und hier verlor Miriam ihre Eltern. Und zuletzt auch ihr Gedächtnis und um ein Haar ihr Leben.

    Nun ist es Zeit sich zu verabschieden und ein neues Kapitel zu beginnen. Wo auch immer das sein mag, weit weg von dem Ort an dem all das hier passierte.

    Zeit dieses Geschehen Revue passieren zu lassen: Die Vampire, jedenfalls die beiden "Alten" haben sich dumm wie Schuljungen angestellt. Das brennende Kreuz als Falle zu vermuten war nicht wirklich ein schwieriger Gedanke. Den Holzstapel als Palisade zu sehen, sogar naheliegend.
    Und jeder! Wirklich JEDER! der schon einmal einen bewaffneten Kampf gesehen hat, sollte wissen, wo einer herkommt, sind meist noch mehr. Das gilt für Feinde, genau wie für Pfeile!

    Es wäre ein leichtes gewesen und hätte nur Sekunden gedauert Yanis hinter seinem Schutzwall den Garaus zu machen, während er sich bemüht die Armbrust neu zu laden. Doch dafür bedurfte es des geschickten und mutigen Butlers, während die Vampire sich in ihre kopflose Rettungsaktion verstrickt hatten. Und zwar alle...

    Bevor diese Szene vorbei war, hatte ich mich gefragt, wie wohl Yanis aus dieser Nummer herauskommen möchte. Oder mehr, wie KayGee ihn aus dieser Lage retten wollte.
    Auf diese Idee war ich nicht gekommen.

    Und selbst im Abgang erweisen sich die Vampire als zu nachlässig um das Schicksal des Schützen zu überprüfen. Maurice ist kein erfahrener Kämpfer. Ich würde wetten, er hatte weder Mumm noch Kraft noch Willen Yanis zu seinem Schöpfer zu schicken. Und so wird der junge Mann in ein paar Stunden einen zertretenen Scheiterhaufen, ein leeres Kreuz und eine kapitale Beule am Hinterkopf finden.
    Seine Brüder werden die Spuren finden und er hat von seiner Familie ohnehin nichts mehr zu erwarten, also kann er auch ins Kloster gehen und Kämpfen lernen und sich unterrichten lassen, wie man Vampire tötet.

    So hat George seinen Nachfolger gefunden - mehr noch: Es ist eine dritte Partei im Spiel. Armand und Anya haben die Sanghieri zum Feind und alle Vampire gemeinsam bald auch Yanis. Und ich bin sicher, er kann ein gefährlicher Mensch werden. Anya durfte schon im letzten Band von der Gefahr kosten, die kräftige Menschen ausüben können. Sollten Menschen jedoch bewaffnet, ausgebildet und trainiert auf die Jagd gehen, so könnten sie durchaus Chancen haben.

    Aber jetzt erstmal weg - und was ist nun mit Miriam? Die Ärmste hat Verbrennungen an den Beinen, die vermutlich auch die heutige Medizin vor ernsthafte Schwierigkeiten stellen würde. Außerdem hat sie, von rostigen Nägeln, Wunden in ihren Händen. Antibiotika sind in weiter Ferne, genau wie Schmerzmittel.

    So liegt für mich nahe, dass Sergej seine Meinung ändern muss und er Miriam das, vermutlich monatelnge, Leiden an Schmerzen und die Verstümmelung durch Warzen ersparen sollte. Auch wenn ich seinen ursprünglichen Plan, zu warten, durchaus verstehen kann, so erfordert diese Situation doch diese Maßnahme.

    Nun zu guter Letzt noch die Sanghieri? Warum verfolgen sie Armand und vielmehr noch Anya, deren Kind sie noch für ungeboren halten, mit solcher Inbrunst und gegen die Regeln des eigenen Volkes und der Vernunft? Warum schicken sie Mann um Mann in den Tod nur um ihrer habhaft zu werden?

    Ich vermute weiterhin, dass sie etwas über Raoul wissen, dass sie noch nicht preisgegeben haben. Doch was das sein soll, erschließt sich mir gerade auch nicht.

    Ein Spannungsbogen vorbei, doch noch immer wirren lose Enden durch das Buch und ich bin fast sicher, dass am Ende dieses Bandes noch das ein und andere davon herumhängen wird.

    LG
    Joe

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  2. Da hast du aber viel auf dem Herzen gehabt mein lieber joe

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