Freitag, 18. Februar 2011

Noctambule: Verloren

Dies ist ein Kapitel aus KayGees Noctambule. Für eine Inhaltsübersicht zu bisherigen Inhalten schaut doch bitte hier: Inhaltsübersicht Noctambule

George lachte sadistisch und zog die Klinge zu Armands Bauch.
"Sieh mal rüber zu deinem Kätzchen. Willst du zusehen, wie Isabelle ihren Spaß hat? Gefällt dir das?" Armand stieß ein wütendes Zischen aus und ballte die Faust. Noch ein paar Sekunden und er würde seine Kraft zurück gewinnen. Vorsichtig versuchte er das Bein zu bewegen, um sicher zu gehen, ob es wieder gehorchte. Es war bleischwer.


Wieder flog sein Blick zu Anya. Isabelle hatte Anyas Kopf zurückgerissen und leckte gierig über die preisgegebene Kehle. Noch immer antwortete er nicht. Er konnte seine Wut kaum noch kontrollieren.
"Nana.. du wirst doch wohl nicht aufstehen wollen?" George lachte leise und holte aus. Die Klinge blendete kurz bei einem Blitz auf und bohrte sich dann mit Kraft in Armands Bauch. Brüllend krümmte sich Armand zusammen. Seine Hände umklammerten die Klinge, die Handflächen zerschnitten an der scharfen Schneide und lösten sich wieder. Der Schmerz raubte Armand jede Kraft. Sein Körper sackte zuckend zurück. Ungläubig starrte er in Georges bleiches Grinsen.

Wie durch Watte hörte er Anyas Schrei. Er konnte nicht zuordnen, ob sie seinetwegen schrie oder ob Isabelle sie quälte. Sein Sichtfeld verschwamm und ein neuer Schmerz bohrte sich durch seinen Körper, als George die Klinge drehte und langsam zurückzog.
"Ich werde dich nicht töten, Armand Sartous. Nicht ich!!" säuselte Georges Stimme nun an seinem Ohr. "Falls du Anya zurück haben willst, hol sie dir. Aber du solltest dich beeilen. Wenn du kannst. Adieu!" Mit letzter Kraft versuchte Armand, seine Faust in Georges Gesicht zu donnern. Aber ihm fehlte die Schnelligkeit. George wich lachend aus. Ein zweites Mal jagte er die Klinge in Armands Bauch. Er lachte in Armands Brüllen hinein und trat zurück. Dann spurtete er zur Kutsche holte die Zügel hoch und sprang auf den Bock.
Mit einem Schnalzen wendete er die Kutsche und trieb die Pferde neben Armand. Anyas Schrei erstickte, als sie Armand in der größer werdenden Blutlache sah. Stöhnend presste er die Hände auf seine Bauchdecke. Zwischen den Fingern quoll das Blut dunkel aus den Wunden. Wimmernd zerrte sie an dem Griff Isabelles. Ein verzweifeltes Schluchzen kam in ihr hoch. Ängstlich starrte sie auf Armands Finger und hoffte, die Wunden würde sich schließen wie die Kratzer damals in Georges Gesicht.
George sprang in die Kutsche zu Isabelle und Anya und lachte sie höhnisch an. Dann wandte er sich zu dem Herzog, dessen Stöhnen inzwischen zu einem leisen Röcheln geworden war. Der Regen hatte die gepuderte Perücke verklebt und halbwegs aufgelöst. Tropfen hatten das Puder in seinem Gesicht verschmiert und eine graue Blässe war unter der Schmierschicht zu sehen. Die grausige Wunde an seinem Hals blutete nur noch schwach, aber stetig.
"Ach wie schade. Da gibt's nichts mehr zu holen." bedauerte George nach einem ausgiebigen Betrachten des Verletzten. Schulterzuckend packte er den Körper und warf ihn in hohem Bogen auf die Straße. Anya hörte das Brechen von Knochen, als der Herzog unnatürlich verrenkt neben Armand in einer Pfütze aufschlug.
"Für dich, mein Freund! Lass es dir schmecken!" Er lachte höhnisch. Wie Armand auch wusste er genau, dass die letzten Tropfen Blut eines Sterbenden wie Gift wirkten. Isabelle lachte schrill auf und zwang Anyas Kopf in Armands Richtung zu bleiben, als diese den Blick hatte abwenden wollen.
George sprang zurück auf den Kutschbock und griff nach den Zügeln. Er spürte den hasserfüllten Blick des verletzten Armand in seinem Rücken und drehte sich zu ihm um.
"Auf ein hoffentlich baldiges Wiedersehen!" rief George mit einer übertriebenen Verbeugung und wedelnder Handbewegung. Dann schnalzte er und trieb die Pferde zu einem halsbrecherischen Tempo an. Armand starrte stöhnend der Kutsche hinterher. In sein Gedächtnis brannte sich das Bild der zappelnden, strampelnden und schreienden Anya ein, die verzweifelt versuchte, sich aus Isabelles Griff zu befreien und dabei ihren Blick nicht von Armand lösen konnte, bevor die Kutsche hinter einer Kurve verschwand.

Ungefähr achtzig Kilometer entfernt brach Sergej seinen Angriff auf einen Bauern ab, löste seine Zähne aus dessen Hals und lauschte auf. Ohne zu zögern ließ er den sterbenden Mann einfach fallen und spurtete im Höchsttempo Richtung Marseille.

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