Donnerstag, 24. Februar 2011

Noctambule: Post für Armand

Dies ist ein Kapitel aus KayGees Noctambule. Für eine Inhaltsübersicht zu bisherigen Inhalten schaut doch bitte hier: Inhaltsübersicht Noctambule

Sergej tupfte behutsam die Wunden sauber und sah erleichtert, dass die vom Tragen aufgebrochenen Wunden sich wieder zu schließen begannen, indem sich schnell Schorf bildete. Die Verletzungen würden von innen nach außen verheilen, aber bei dieser Tiefe würde das einige Zeit in Anspruch nehmen. Vorsichtig legte er einen festen Verband an.


In dieser zeit durfte Armand weder Fieber bekommen noch sich bewegen. Fürsorglich legte er einen kalten Umschlag auf die Stirn seines Freundes und versuchte dann endlich, dem Bewusstlosen ein paar Tropfen Wasser in den Mund zu träufeln, indem er ein sauberes Tuch mit kaltem Wasser tränkte und es über dem Mund ausdrückte. Erleichtert sah er, dass Armand im Reflex schluckte.
"Guter Junge. Und jetzt mach die Augen auf." raunte er liebevoll.
Es dauerte eine halbe Stunde, in der Sergej immer wieder das Gesicht des Verletzten wusch und kühlte, ehe Armands Lider flatterten. Er öffnete die Augen so mühsam, als wären die Lider bleischwer und musste einige Male blinzeln, ehe aus dem verschwommenen Gesicht über ihm das Antlitz seines Freundes wurde.
"Sergej! Du bist da.." krächzte er freudig. Sofort wollte er sich aufrichten, aber der einsetzende Schmerz und Sergejs Hand an seiner Schulter ließen ihn sofort wieder zurücksinken. Stöhnend verzerrte er das Gesicht.
"Natürlich bin ich da! War nicht leicht, dich zu finden, du Idiot! Warum hast du mich so spät gerufen?!" Sergejs Vorwurf erzeugte ein schwaches Grinsen in Armands Gesicht.
"Ging nicht. War zu beschäftigt." Sein Grinsen erstarrte wieder und seine Augen weiteten sich in blanker Angst.
"Anya!" stieß er nur hervor. Sergej schluckte. Seine schlimmste Befürchtung schien sich gerade zu bewahrheiten. Erneut versuchte Armand sich aufzurichten und mit einem Stöhnen die Schmerzen zu ignorieren. Aber wieder wurde er von Sergej zurückgehalten.
"Ruhig! Ruhig, altes Haus. Erzähl erstmal. Hier, trink vorher." Er flößte seinem Freund einen Schluck Wasser ein. Armand trank mühsam und ließ den Kopf erschöpft wieder zurückfallen.
"George und Isabelle. Sie haben Anya. Ich weiß nicht mal, ob sie noch lebt." krächzte er. Sergej runzelte die Stirn.
"Wieso haben sie Anya? Wie konnte das passieren?" Armands Kopf sackte zur Seite. Fast flüsternd vor Schwäche begann er zu schildern, was geschehen war. Seine Sätze waren abgehackt und zusammenhanglos. Als seine Augen sich schlossen, wurde Sergej energisch. Vorsichtig schüttelte er Armand an der Schulter.
"Schlaf jetzt nicht ein! Das kannst du gleich! Ich muss mehr wissen!" fauchte er verzweifelt. Armand öffnete mühsam die Augen wieder und sah, wie sein Freund kurz entschlossen sein Hemd aufkrempelte und sich in den Unterarm biss und Armand seinen blutenden Arm hin hielt.
"Trink!" herrschte Sergej ihn an und presste seinen Arm auf Armands Mund. Der zögerte nicht lange und schnappte zu. Schon der erste Zug stärkte ihn ein wenig. Die Gier setzte ein und er packte den Arm, um ihn noch stärker gegen seinen Mund zu pressen. Sergej stöhnte leise, hielt aber still, bis er merkte, dass Armand nicht aufhören konnte. Mühsam versuchte er seinen Arm zu befreien.
"Das genügt! Hör auf, Junge! Wenn wir beide schwach sind, hilft das Anya auch nicht!" Der letzte Satz genügte. Armands Kopf fiel zurück. Er keuchte atemlos. Sein Mund war blutverschmiert. Sergej presste ein sauberes Tuch auf seinen geschundenen Arm und drückte ihn an seinen Oberkörper.
"Jetzt erzähl noch mal." verlange er ruhig. Er lauschte dem Bericht mit steigendem Unbehagen. Armand fasste sich kurz. Aber Sergej hatte genug verstanden, um zu wissen, dass Anya in der Kutsche des Herzogs gesessen hatte, die von George und Isabelle überfallen worden war.
"Nun mal ruhig. Denk nach. Wenn er Anya hätte töten wollen, hätte sie neben dir und dem Herzog gelegen. Hat sie aber nicht. Du hast sie wegfahren gesehen. Dich wollte er offenbar auch nicht töten. Also verfolgt er einen Plan. Nur welchen?" Es kam keine Antwort. Armand war eingeschlafen. Seufzend plumpste Sergej in den Sessel neben dem Bett und streckte die Beine aus.
Das Ganze war ein ziemlicher Schlamassel. Er konnte selbst ein wenig Erholung gebrauchen. Seine Beine schmerzten von dem langen Spurt, sein Arm pochte von Armands Biss. Müde sackte sein Kopf nach hinten und er schlief erschöpft ein.

Das zaghafte Klopfen an der Tür wirkte für die feinen Ohren der beiden Vampire wie ein dröhnendes Hämmern in der Stille des Krankenzimmers. Beide wachten gleichzeitig auf. Armand drehte nur den Kopf zur Tür, Sergej schoss erschrocken auf die Beine.
"Was ist?" bellte er und bereute sofort seinen Ton, als Maurice unsicher den Kopf durch die Tür steckte.
"Ein Bote hat eben etwas für Monsieur abgegeben. Ich weiß nicht, ob es wichtig ist." stammelte er. In seinem Gesicht hatten sich tiefe Sorgenfalten gegraben. Maurice war übernächtigt und wusste noch immer nicht, wie er sich in der Situation verhalten sollte. Aber als er Armand wach sah, hellte sich seine Miene erleichtert auf.
Sergej nahm den dicken Umschlag und reichte ihn seinem Freund, der ihn förmlich aus der Hand riss. Als der Umschlag aufriss, fiel ein ledernes Halsband auf seine Brust. Sergej erkannte die Initialen A. S. auf dem Leder. Aus Armands Brust quälte sich ein tiefes Stöhnen. Fassungslos starrte er auf das Halsband.

1 Kommentar:

  1. Oh wie gemein ... aber mal sehen wies weiter geht:)
    Vielleicht hat der George ja die kleine Anya zu seiner Sklavin gemacht *hihi*

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