Freitag, 2. September 2011

Noctambule II: Verdeckte Ermittlung

Dies ist ein Kapitel aus KayGees Noctambule Band Zwei. Für eine Inhaltsübersicht zu bisherigen Inhalten schaut doch bitte hier: Inhaltsübersicht Noctambule II

Lechaivre kochte vor Zorn. Die Abfuhr, die der Richter ihm da erteilt hatte, war reinste Demütigung. Und er hatte die unterschwellige Drohung verstanden, dass er seine Arbeit schnell und gut zu erledigen hatte, um die Gemüter zu beruhigen.
Entsprechend fauchte er den ganzen Tag wütend jeden an, der auch nur eine Sekunde später reagierte als Lechaivre erwartete.

Dieser Squire musste dringend gefunden werden. Er hatte sich die Personenbeschreibung noch einmal durchgesehen und fand sie recht ungenau. Tatsächlich reichte sie nicht aus, um eine Zeichnung seines Gesichtes anfertigen zu lassen.
Der kurze Moment, in dem sie ihn gesehen hatte, war von Schock und Trauer überdeckt. Seine ungefähre Größe hatte sie bestimmen können und ihn als geschmeidig und schlank beschrieben. Blonde Haare, an diesem Tag ungepudert und zu einem Zopf gebunden.
Dass ein Mann, der im Hafenviertel gesehen worden war, seine Haare zu pudern pflegte war eher unwahrscheinlich.
Noch einmal ging er die Erklärungen der beiden Huren durch. Die eine war betrunken gewesen. Sie glaubte, den Namen George in der Nacht zuvor von einem Freier gehört zu haben, der blond und schlank gewesen war und den sie noch nie zuvor gesehen hatte. Das sagte natürlich überhaupt nichts aus. Täglich kamen fremde Seeleute an, die als erstes Kneipen und Hurenhäuser ansteuerten.

"Er hatte eine seltsame Ausstrahlung. Irgendwie geheimnisvoll." las er in ihrer Aussage. Das bewies gar nichts. Das konnte er selbst auch, wenn er wollte.
"Ne, kein Seemann, der war zu blass. Wie so ein Vornehmer." Lechaivre rieb sich das Kinn. Das war der einzige Hinweis, der etwas bedeutete, denn Miriam hatte bei beiden Verbrechern extreme Blässe angesprochen, als wären beide Männer viel zu lange in dunklen Räumen gewesen. Im Gefängnis, vermutete er, doch ein George Squire war in den Gefängnisbüchern nicht zu finden.
Er blätterte weiter zu der Aussage der zweiten Hure. Auch sie behauptete, einen sehr bleichen Mann gesehen zu haben. Er war nicht ihr Kunde gewesen, was sie aber extrem bedauerte. Sie hatte dem Soldaten eine Belohnung versprochen, wenn sie ihn haben durfte, bevor er verhaftet wurde.
Mit einem verächtlichen Laut schlug er die Akte zu. Das war weniger als Nichts! Den ganzen Tag konnte er sich nicht so recht auf seine anderen anstehenden Dinge konzentrieren, die er zu erledigen hatte. Am späten Nachmittag ließ er seine Leute erneut antanzen und sich Bericht erstatten.
Der junge Sergent Bolard und seine zwei Begleiter fühlten sich ganz offensichtlich unwohl. Ihrem Chef war die schlechte Laune anzusehen. Er stand kurz davor zu explodieren und ihre Nachrichten würden das nicht verbessern.
"Die Leute trauen meinen Leuten nicht. Alles in Uniform macht ihnen nur Schwierigkeiten." entschuldigte sich der Sergent und schaute betreten drein.
"Dann schickt sie eben in Zivil raus! Himmel, ist das denn so schwer?" Lechaivre donnerte mit der Faust auf seinen Schreibtisch und Sergent Bolard verzog kurz das Gesicht. Nun ärgerte er sich, dass er nicht selbst auf diese Idee gekommen war. Aber wie hätte er denn auch so etwas entscheiden können? Uniform war nun mal seine Dienstbekleidung und er war stolz darauf. Es war außerdem verboten, während der Dienstzeit in Zivil herumzulaufen. Hätte er sich darüber hinwegsetzen sollen?
"Aber.." er wurde rüde unterbrochen.
"Kein aber! Bis heute Abend will ich Ergebnisse sehen! Sonst rollen hier Köpfe!" brüllte Lechaivre.
"Von mir aus durchkämmt das ganze Viertel, umstellt es, räumt es! Es ist mir egal wie, aber ich will den Kerl haben und zwar SOFORT!" Der Sergent zog den Kopf ein, salutierte und zog davon wie ein geprügelter Hund. Seine Untergebenen bekamen seinen Frust zu spüren. Die Soldaten schwärmten erneut aus, doch dieses Mal zum Teil tatsächlich in Zivil. Für die, die keine Zivilkleidung besaßen, wurde hastig zusammengetragen, was möglich war und verteilt. Feierabend war in weite Ferne gerückt, Männer wurden aus ihrer Freizeit geholt und eingesetzt, die Personenbeschreibung wurde vervielfältigt und ausgeteilt.
Während die Dämmerung einsetzte, zog sich das Netz enger um das Hafenviertel zusammen und Lechaivre rannte in seinem Büro auf und ab wie ein gereizter Tiger.

1 Kommentar:

  1. Lechaivre muss ganz schön verzweifelt sein :) Er lässt die Leute inzwischen sogar verdeckt ermitteln? :) Da bin ich ja mal gespannt, ob das etwas bringt.

    Meiner Erfahrung nach taugt das genau gar nichts. Denn Soldaten lassen sich, anhand ihres Habitus, bestens, auch ohne Uniform, identifizieren. Also werden die Leute schnell heraus haben, was die Gardisten wirklich wollen.

    Und selbst wenn er George findet. Es wird schon mehr als ein paar Typen brauchen um ihm auch nur gefährlich zu werden. Oder man muss ihn überraschen.

    Viel Glück, Fatzke... fall du mal ruhig in Ungnade!

    Liebe Grüße
    Joe

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