Mittwoch, 29. September 2010

Noctambule: Das Erwachen

Dies ist ein Kapitel aus KayGees Noctambule. Für eine Inhaltsübersicht zu bisherigen Inhalten schaut doch bitte hier: Inhaltsübersicht Noctambule

Ihr Aufwachen verlief schrittweise. Als erstes vernahm sie die sanften Töne eines Klaviers. Klassische Musik lief irgendwo im Hintergrund, teilweise unhörbar durch das laute Krachen des Donners. Das Gewitter tobte wohl immer noch. Sie lag irgendwo.
Eine glatte, harte Unterlage war es, nicht gerade bequem.
Was tat sie hier? Sie versuchte sich aufzurichten, aber es ging nicht. Sie konnte weder Arme noch Beine bewegen! Mit einem Schlag war die Erinnerung wieder wach. Vor ihren geschlossenen Augen sah sie wieder dieses wunderschöne, blasse Gesicht. Entsetzt riss sie die Augen auf, um das Bild zu vertreiben.

Über ihr wölbte sich eine hohe, stuckverzierte Decke. Ein Leuchter mit zahllosen Kerzen hing genau über ihr. Die Wände waren mit teurem dunkelrotem Stoff verziert, womöglich Seide? Wer hier lebte, musste unermesslich reich sein! Anyas Augen tasteten sich tiefer. Links von ihr an der Wand stand ein wunderschönes Sideboard, verziert mit herrlichen Intarsien. Darauf ein großer Kerzenhalter. Auch diese Kerzen brannten ohne zu flackern.
Neben sich erkannte sie Stühle. Mindestens drei Stühle an ihrer linken Seite.. vorsichtig drehte sie ihren Kopf nach rechts. Deckenhohe Fenster ließen die Blitze herein. Sie waren umsäumt mit schweren Vorhängen aus dunkelrotem Samt. Regen klatschte gegen die Scheiben. Auch hier sah sie Stühle. Sie lag auf einem Tisch! Ein Esstisch! Wie konnte das sein? Was geschah hier?

Mit einem klagenden Laut versuchte sie erneut ihre Hände zu bewegen und drückte den Kopf soweit es ging nach oben. Ihre Arme waren schräg nach oben ausgestreckt. Breite Lederbänder hielten ihre Handgelenke am Tisch fixiert.
Es half kein Winden und Zerren, nur ihre zarte Haut begann zu brennen, weil sie an dem Leder scheuerte. Anya versuchte sich zu sammeln und senkte den Kopf wieder, nur um sofort am ganzen Leib zusammenzuzucken. Da stand er. Sie hatte ihn nicht kommen gehört.

Mit vor Angst weit aufgerissenen Augen starrte sie ihn an. Er hatte seinen langen Mantel abgelegt und sie konnte seine schlanke Gestalt besser erkennen. Er war unglaublich groß. Seine Körperlänge ließ seine Schultern schmal erscheinen und doch waren sie breiter als bei den meisten anderen Männern, die sie kannte.

Seine Jacke war perfekt geschnitten. Breite Kragenschöße zogen sich als Revers tief bis zum Saum, ein weißes Hemd war darunter zu erkennen, schlicht und aus edlem Stoff. Ein Halstuch verdeckte seine Haut unter den geöffneten oberen Knöpfen.
Seine Hose war aus dem gleichen Stoff wie die Jacke. Sie schmiegte sich passgenau an seine schlanken Hüften, schlicht und gerade geschnitten war sie. Er hatte Stil. Sein blasses Gesicht wirkte gelassen freundlich, doch in seinen schwarzen Augen funkelte freudige Neugier. Seine vollen, geschlossenen Lippen verzogen sich zu einem sanften Lächeln.

"Du bist wieder da." Murmelte er sanft. Erneut durchfuhr Anya eine Gänsehaut. Diese Stimme! So dunkel und sanft.. sie könnte Anya mit liebevollen Worten in andere Dimensionen schweben lassen, wirkte beinahe hypnotisierend. Fassungslos starrte sie ihn an.
Hatte sie geträumt, als sie seine Zähne gesehen hatte? Spielte ihr das Gehirn Streiche? Träumte sie das alles nur?
Lautlos kam er näher. Warum hörte sie keine Schritte? Alles andere konnte sie doch auch hören! Donnern, das Klavier.. den Regen.. warum nicht seine Schritte? Mit der Geschmeidigkeit einer Raubkatze beugte er sich über ihr Gesicht. Seine schwarzen Haare fielen nicht nach vorne.
Er hatte sie zu einem Zopf gebunden. Mit einem kläglichen Wimmern versuchte sie, ihren Kopf wegzuschieben. Ihr Versuch löste ein sanftes Lächeln bei ihm aus. Wieder senkte er seinen Kopf dicht zu ihrem, seine Nase fuhr erneut zu ihrem Hals. Er atmete tief ein, während seine Nase ihren Hals zum Ohr entlang glitt.
"Mmmhh.. du hast Angst, nicht wahr?" Sie nickte bebend. Natürlich hatte sie Angst! Sie starb fast vor Angst. Ihr Puls hämmerte in ihrem Kopf, das Blut rauschte in ihren Ohren. Ihre Antwort brachte ihn zum Lächeln und erneut senkte er den Kopf zu ihr.
Seine Zungenspitze berührte warm und feucht ihre Halsschlagader und löste einen neuen Schauer in ihr aus. Als würde er von ihr kosten leckte seine Zunge über die pulsierende Blutbahn.
Er stieß ein verlangendes Raunen aus. Anyas Atem ging keuchend. Am ganzen Leib zitternd erkannte sie in seinen Augen ein flackerndes Leuchten. Dann öffnete er seinen Mund, bleckte regelrecht die Zähne und wieder sah sie das Unfassbare.

Diese wunderschönen Lippen entblößten schneeweiße, wunderschöne Zähne. Jeder Mensch wäre neidisch auf diese Zähne, wären da nicht diese entsetzlichen Eckzähne, lang.. spitz.. Anya stieß einen Schrei aus, der ihn aus seiner hungrigen Trance zu wecken schien.
Mit neugierigem Blick musterte er sie, den Mund zum Biss geöffnet. Gleich würde es vorbei sein. Gleich würde er ihre Kehle zerfleischen. Was immer er auch war.. er würde sie gnadenlos töten. Eine seltsame Ruhe überkam sie. Ihr Puls beruhigte sich schlagartig und ihr Körper verlor die ängstliche Spannung.
Enttäuschung glomm in seinem Blick auf, dann wieder ein fast liebevolles Lächeln, ein wenig verspielt neigte er den Kopf.
"Du bist wunderschön." Raunte er dicht an seinem Kopf. "Diese zarte Haut.. so dünn.. ich kann dein wunderbares Blut riechen." Sie hörte sein Schnuppern, spürte seine Nase an ihrem Hals.
"Verlockend… so verlockend" Seine Worte erreichten ihr Ziel. Wieder jagte ihr Herz und pumpte frisches Blut durch die Adern.
"Bitte.. nicht!" Anyas Wimmern war kaum zu hören, denn ein Blitz erhellte seine Umrisse von hinten, sofort gefolgt von donnerndem Grollen, begleitet von einem elektrischen Knistern. Das Unwetter war genau über ihnen.
Lächelnd legte er den Kopf schief.
"Aber ja doch! Angst.. Angst ist die Süße in deinem Blut. Es muss rauschen, durch deine Adern jagen! Ich will, dass du sprudelst!" Panisch begann sie den Kopf zu schütteln. Ihre Augen hingen flehend an seinem Gesicht.
"Ein so wunderschönes Mahl wie dich werde ich in einzelnen Gängen genießen. Man muss dich zubereiten." Seine Stimme schnurrte die entsetzlichen Worte. Anyas Haut war erneut von einer Gänsehaut überzogen. Sie verstand nicht, was er wollte.. reine Angst schoss durch ihren Körper, ließ ihre Muskeln verkrampfen und ihren Körper zwecklos aufbäumen.

"Ja.. ich werde dich vorbereiten." Diese Idee schien ihm zu gefallen. Lächelnd, mit fast liebevoller Neugier tasteten seine Finger schmetterlingszart über ihre Wangen und strichen eine blonde Strähne aus ihrem Gesicht. Sanft glitten sie tiefer, ertasteten ihre Kehle und ihre zarte Haut im Dekolleté.

Unter dem Stoff ihres weißen Mieders hob und senkte sich Anyas volle Brust in hektischem Atem. Das schien seine Neugier zu wecken. Seine Finger schoben sich unter ihr Mieder. Unbehaglich sah sie ihm zu und biss sich auf die Lippen.
Seine Finger waren lang und feingliedrig wie die eines Pianisten. Und dennoch bargen sie unsichtbare Kräfte. Plötzlich packte er den Stoff und riss ihn auf, als wäre es Papier. Knöpfe und Haken sprangen ab und kullerten klappernd auf den Boden.
Das Mieder gab mit reißendem Geräusch nach und übertönte ihr Wimmern. Ihre vollen Brüste quollen aus dem Stoff hervor. Er stieß ein genussvolles Raunen aus und seine Finger zeichneten eine Linie um ihr festes, zartes Fleisch. Angst und Aufregung ließen Anyas Nippel steinhart stehen. Sie bemerkte es unendlich beschämt und drehte den Kopf hilflos zur Seite.

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