Samstag, 28. April 2012

Noctambule III - Überraschung für Miriam

Dies ist ein Kapitel aus KayGees Noctambule Band Drei. Für eine Inhaltsübersicht zu bereits veröffentlichten Inhalten schaut doch bitte hier: Inhaltsübersicht Noctambule III

Miriam war von Madames Zofe zu Bett gebracht worden. Beim Entkleiden waren etliche blaue Flecken aufgetaucht, die von der Zofe mit einer wohlriechenden Salbe behandelt worden waren, doch die Salbe hatte weniger Wirkung als der beruhigende Lavendelduft. Erst als Miriam wohlbehalten und wohlig warm in den Decken eingewickelt war und die Zofe sich davon überzeugt hatte, dass Tee, Kerze, Klingel und Wasserkrug in Miriams Reichweite waren, zog sie sich mit einem Knicks aus dem Raum zurück.
Miriam blieb wach. Aufgeregt lauschte sie den Geräuschen des Hauses, denn Madame hatte selbstverständlich nicht selbst mit dem Auskleiden begonnen, sondern auf ihre Zofe gewartet. Zudem musste Miriam befürchten, dass Madame noch einmal zu ihr kam, um sich selbst davon zu überzeugen, dass es ihrem Schützling auch wirklich an nichts mangelte. So blieb sie artig unter ihren Decken liegen und starrte auf das Fenster, das Sergej seit Monaten als Eingang zu ihrem Zimmer benutzte.



Es dauerte tatsächlich noch eine gefühlte Ewigkeit, bis sie endlich seinen vertrauten Schatten auf der Fensterbank erkannte und sich freudig aufsetzte. Lautlos glitt er hinein und war Sekundenbruchteile später an ihrem Bett, um sie sofort in seine Arme zu ziehen.
Miriam hatte sich längst an die ungewöhnlichen Fähigkeiten ihres Geliebten gewöhnt. Aber sie hatte sich noch lange nicht damit abgefunden, ein schwacher Mensch neben einem Vampir zu sein und ihr Verlangen, ihm gleich zu sein, wuchs von Tag zu Tag.
Sie genoss die Kraft, die er ausstrahlte und mit der er ihr die Geborgenheit vermittelte, die sie so dringend benötigte. Seufzend drängte sie ihr Gesicht an seine Schulter und klammerte sich an ihn. Schweigend presste er sie an sich und hielt einfach still, bis sie sich zu entspannen begann und leicht von ihm löste. Dann hob er sanft ihr Gesicht an, um sie prüfend betrachten zu können.
"Geht es dir besser?" raunte er fragend. Sie nickte und lächelte leicht.
"Du bist ja da." hauchte sie und ihr unschuldiger, vertrauensvoller Blick zwang ihn förmlich dazu, einen sanften Kuss auf ihre Lippen zu drücken.
"Und nicht nur ich, meine Süße. Ich habe Besuch mitgebracht, aber du musst mir versprechen, wirklich leise zu bleiben." Miriam setzte sich aufgeregt weiter auf und ihre Augen glitzerten in Vorfreude.
"Sie sind da?" quiekste sie unterdrückt. Sein Nicken brachte sie zum Strahlen. Im nächsten Moment sah sie bereits einen Schatten, dann tauchten die kurzen blonden Haare ihrer Freundin bereits auf, dicht gefolgt von dem riesigen Schatten Armands. Anya eilte blitzschnell zum Bett und schloss Miriam fest in die Arme.
"Was du alles durchmachen musst, Liebes!" flüsterte sie leise und drückte ihre junge Freundin fest. Miriam schob die Erinnerungen, die Anya beschwor, sofort wieder beiseite und strahlte über Anyas Schultern Armand an, der ihr freundlich zunickte und sich auf einem der beiden Sessel niederließ, die an dem kleinen Tisch neben dem Fenster standen.
"Ist doch schon wieder gut. Es war doch nur der Schreck." beruhigte Miriam und löste sich aus Anyas Armen, um mit bewundernder Andacht über Anyas prallen Bauch zu streicheln, der sich beachtlich nach vorne wölbte.
"Geht es euch gut?!" Anya musste lächeln und genoss das Streicheln, das doch eher dem Kind galt als ihr selbst. Aber sie mochte Miriams Unbefangenheit, mit der sie sich über die Schwangerschaft freute. Miriam hatte noch nie eine Schwangere in direkter Umgebung erlebt und das Thema selbst gehörte eher in den Tabubereich, war hochprivat und zudem in der Regel hochnotpeinlich. Doch in diesem Fall war Miriams Neugier erlaubt, fast erwünscht und sie hatte Anya Löcher in den Bauch gefragt, bevor sie weggezogen waren, um eine neue Unterkunft für sich zu finden.
"Es strampelt und tritt, als wäre es ungeduldig, endlich auf die Welt zu kommen." meinte Anya zwinkernd und warf einen liebevollen Blick über die Schulter zu Armand, der die Beine ausgestreckt hatte und die beiden jungen Frauen mit gesenktem Kopf beobachtete.
"Aber das dauert doch noch eine Weile, oder nicht?" fragte Miriam, während sie mit der flachen Hand auf Anyas Bauch zu erfühlen versuchte, ob das Kind reagierte.
"Ein paar Wochen brauchen wir noch. Sechs Wochen genau." erklärte Anya ruhig und blickte wieder zu Armand, der sie immer noch betrachtete.

Miriams Augen leuchteten vor Freude über diesen Überraschungsbesuch. Sie wusste nichts davon, dass Sergej Armands Anwesenheit gespürt und ihn zu sich geführt hatte. Anya war nach wie vor nicht aufzuspüren, konnte aber im Gegenzug noch immer nicht selbst andere Vampire wahrnehmen.
In der Zeit des Wartens, bis das Licht in Madames Zimmer endlich erloschen und somit die Bahn frei für einen Besuch war, hatte Sergej die beiden Ankömmlinge von den letzten Erlebnissen informiert. Während Anya ein wütendes Fauchen ausgestoßen hatte, war Armand nachdenklich geworden und sein Blick, den er Sergej zugeworfen hatte, beinhaltete von Unbehagen bis Zorn fast alle Emotionen.
Nun unterbrach Sergej die andächtige Stille, die sich gerade ausgebreitet hatte, mit einem Räuspern. Die jungen Frauen sahen zu ihm auf, Anya schob sich neben Miriam auf die Bettkante und legte den Arm um deren schmale Taille, während Sergej sich neben Armand in den freien Sessel pflanzte.
"Miriam berichtete mir, dass Lechaivre versucht hat, Antworten von Miriam zu erzwingen." eröffnete Sergej das leise Gespräch und beobachtete, wie Armands Braue hochschnellte.
"Antworten auf welche Fragen?"
"Offenbar hatte er noch keine gestellt." Sergej antwortete für Miriam, um ihr die Erinnerungen zu ersparen, doch Miriam war bereits wieder mitten in der Szene im Salon und schlang fröstelnd die Arme um ihren Körper, sodass Anya sie in ihre Arme zog und an sich drückte.
"Nein. Ich bin aufgesprungen und wollte hinaus laufen, aber er war viel schneller und stärker." fiepste sie. Anya stieß ein missbilligendes Schnalzen aus und für einen kurzen Moment blitzten ihre scharfen Zähne auf, deren Anblick Miriam in eine gruselige Faszination stürzte.
"Wie sollst du in einem Kleid wohl auch schnell sein?" wandte sie ein und machte eine abwinkende Handbewegung. Miriam nickte, umklammerte aber den Arm Anyas, der sich um sie geschlungen hatte, wie einen rettenden Anker.
"Ich bin sicher, dass er mich über euch ausfragen wollte. Er sagte, er will keine Lügen mehr hören." Armand war bisher ruhig geblieben, hatte Miriam aber ununterbrochen beobachtet. Nun meldete er sich leise aus dem Sessel heraus, ohne seine bequeme Haltung zu verändern.
"Es wird langsam gefährlich für dich, hier zu sein." stellte er fest. Anya griff nach Miriams Hand und streichelte den Handrücken.
"Armand hat Recht. Wenn Lechaivre eine Möglichkeit findet, wird er seine Leute auf dich hetzen, weil er davon überzeugt ist, dass du eine Verbindung zu uns hast." Miriam schaute unsicher von einem zum anderen.
"Aber was soll ich den tun?"

1 Kommentar:

  1. Lechaivre wird demnächst erstmal überhaupt niemand mehr hetzen. Der liegt für eine Weile in seinem Haus und leidet.

    Was bedeutet das nun für Miriam. Nun - sicherlich ist sie nicht aus der Schusslinie. Aber ein paar Tage Zeit hat man sich schon verschafft.

    Und ich möchte nicht unerwähnt lassen: Was für eine schöne Familienzusammenführung da im Gange ist, in madames ehrwürdigem Haus. Wenn sie wüsste, was sich da nebenan ereignet...

    Ja was dann eigentlich? Die ach so bedrohlichen Vampire scheinen doch auf den zweiten Blick sehr nett. Und wenn sie wüsste, dass sie bereits mit einem überaus kultivierten Exemplar dieser Gattung zu abend gegessen hat, müsste sie ihre Meinung doch revidieren. Aber all das sind wohl Gedankenspiele.

    Liebe Grüße
    Joe

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