Freitag, 13. April 2012

Noctambule III - Onkel Matisse

Dies ist ein Kapitel aus KayGees Noctambule Band Drei. Für eine Inhaltsübersicht zu bereits veröffentlichten Inhalten schaut doch bitte hier: Inhaltsübersicht Noctambule III

Matisse Bellier quälte sich ächzend aus der Reisekutsche und half seiner müden Frau anschließend heraus, während der Kutscher und sein Gehilfe die Koffer und Taschen abluden und ins Haus schleppten.
Die Reise war lang und anstrengend gewesen, doch hoffte er inbrünstig, dass dies die letzte Fahrt zu seiner widerspenstigen Nichte sein möge. Er hatte sehr bewusst seine Frau mitgenommen, denn von Frau zu Frau würden sich etliche Dinge leichter besprechen lassen und er hatte hoffentlich einen Verbündeten gegen dieses schreckliche alte Weib, bei dem Miriam sich leider aufhielt.


Louis, der Butler, hielt bereits seit einiger Zeit mit steifer Haltung die Tür auf. Die vereinzelten Besuche hatten seine Herrin jedes Mal schlecht gelaunt zurück gelassen und da er nun einmal zu seiner Herrschaft hielt, konnte er diesen Mann langsam nicht mehr ausstehen.
Entsprechend kühl, wenn auch wohlerzogen und höflich, begrüßte er das Ehepaar und ließ es hinein.
"Madame hat zwei Zimmer für Euch richten lassen. Wenn Ihr mir bitte folgen wollt." bat er höflich und stelzte mit angemessenen Schritten in das Obergeschoss. Matisse und seine Frau Bellinda folgten ihm und zeigten sich angenehm überrascht über die großen, schönen Zimmer, die man für sie vorbereitet hatte. Kaum waren sie alleine, als Bellinda sich den Hut vom Kopf riss und der Länge nach auf das Bett fallen ließ.
"Himmel, was für ein herrlich großes Bett! Es ist viel größer als unseres, Matisse! Oh, wie freue ich mich darauf, hier drin zu schlafen!" Sie wälzte sich kichernd über die Decke und missachtete das missbilligende Schnalzen ihres Mannes.
"Ich bitte dich, Bellinda! Du bist sechsunddreißig Jahre alt und benimmst dich wie ein Backfisch!" protestierte er scharf. Seine Frau richtete sich auf und blickte ihn zerzaust an.
"Und du bist ein steifer, immer meckernder, alter Greis, Matisse Bellier!" Doch sie kletterte aus dem Bett und glättete ihr Reisekleid, während sie ihrem Mann einen schmollenden Blick zuwarf.
"Du kannst dich ja gerne in dein Zimmer zurückziehen, mein lieber Gemahl. Ich wünsche mich umzuziehen." verkündete sie schnippisch. Matisse deutete eine Verbeugung an und verließ den Raum durch die Zwischentür. Dort war Louis gerade dabei, den Koffer des Gastes zu leeren und die Garderobe zu glätten und abzubürsten.
"Benötigt Ihr Hilfe, Monsieur?" Matisse winkte ab und schüttelte mürrisch den Kopf.
"Danke, ich mache das immer alleine." murrte er und wartete ab, bis der eingebildete Butler sein Zimmer verlassen hatte. Nebenan hörte er gedämpft das Geschnatter seiner Frau und des Dienstmädchens, das sie gerufen hatte. Während er sich umzog, überlegte er seine nächsten Schritte. Sicherlich würde diese alte Schreckschraube mit seiner Nichte bereits unten in diesem herrlichen Salon auf ihn warten.
Die Kleine hatte es hier mehr als gut, während er noch immer darum bemüht war, sein geliebtes kleines Gut über Wasser zu halten. Die Welt war schon mehr als ungerecht. Zwar hatte der Schmuck seiner Schwester einen satten Betrag ergeben, der einige seiner Schulden abgedeckt hatte, doch war es wesentlich schwerer, die Anteile der Muschelfabrik nordöstlich der Stadt loszuwerden ohne dabei den Eindruck zu erwecken, seinem Mündel das Erbe unterschlagen zu wollen.
Umso mehr hatte es sich als Glücksfall erwiesen, dass sich ein Käufer für Miriams kleines Landgut in der Provence eingefunden hatte. Matisse konnte es noch immer kaum glauben, dass dieser Mann aus Lyon bereit war, seine Forderungen zu bezahlen ohne großartig diskutieren zu wollen.
Wie hieß er noch? Maurice.. Maurice .. Demours! Genau! Offenbar hatte der Mann zufällig bei einer Panne mit seiner Kutsche das Gut entdeckt und sich sofort in das idyllische kleine Anwesen verliebt. Noch war der Kauf nicht abgeschlossen, doch hoffte Matisse nach seiner Rückkehr auf ein gutes Geschäft.
Er zupfte sein Halstuch zurecht und räusperte sich leicht. Er war fertig und nun musste er nur noch Miriam davon überzeugen, genau das zu tun, was er wollte. Dann endlich konnte er seine restlichen Schulden begleichen und den wohlverdienten Ruhestand mit seiner Bellinda genießen, ohne sich Sorgen machen zu müssen und für Miriam war eine ganz ordentliche Mitgift sicher.
Er hoffte, dass diese Madame Dubrés seine Pläne nicht durchkreuzte. Diese alte Schabracke trug ihr Herz auf der Zunge und hatte Miriam offensichtlich in ihr Herz geschlossen. Doch setzte er hier auf Bellinda, die mit ihrer naiven Fröhlichkeit sicherlich Madame genug ablenken würde.
Leicht angespannt klopfte er an der Verbindungstür, um mit seiner Frau in den Salon zu gehen.
"Auf in den Kampf. Der Sieg sei mein!" murmelte er vor sich hin.

1 Kommentar:

  1. Sososo.. Armand greift also Miriam unter die Arme. Nicht ganz uneigennützig, denke ich, denn so ein abgelegenes Landgut, hat auch für eine junge Vampirfamilie schließlich gewisse Vorzüge.

    Kommen wir nun also zu Matisse. Er ist ja ziemlich gewieft und ei absoluter Gauner. Nein - ein Betrüger.
    Ich kann aus seiner Position in gewisser Weise nachvollziehen, dass er sich ungerecht behandelt fühlt vom Leben und diesen Makel ein wenig wettmachen will, indem er sich an seiner Aufgabe als Vormund gesund stößt. Doch das ändert nichts daran, dass er Miriam um ihr rechtmäßiges Geld bringt.

    Und ich kann mir leider lebhaft vorstellen, wie gering wohl die Aussichten einer Minderjährigen in dieser Zeit waren, zu ihrem Recht zu kommen. Tatsächlich könnte ich mir etliche Szenarien vorstellen in denen sie es noch wesentlich schlimmer trifft als so wie er das plant.

    Gut für Miriam, dass sie mit Amanda eine starke Verbündete an ihrer Seite hat. Und ich bin sicher, dass dia alte Dame erheblich zu abgebrüht ist, um sich von einer jungen Ehefrau ablenken zu lassen. Sie hat doch längst vermutet, dass Matisse nicht ganz aufrichtig bei der Sache ist. Also wird sie extrem auf der Hut sein.

    So - und jetzt wüsste ich gerne, wo unser lieber Sergej eigenlich ist. :)

    Liebe Grüße
    Joe

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