Sonntag, 15. April 2012

Noctambule III - Des Onkels Entscheidung

Dies ist ein Kapitel aus KayGees Noctambule Band Drei. Für eine Inhaltsübersicht zu bereits veröffentlichten Inhalten schaut doch bitte hier: Inhaltsübersicht Noctambule III

"Ich hoffe, die Reise war nicht zu unangenehm?" vergewisserte Madame sich nun höflich zurückhaltend. Matisse spürte Madames eigentliches Desinteresse ebenso wie seine Frau, die nun betroffen ihre Tasse wieder auf die Untertasse zurückstellte und verschreckt zu Miriam blickte.
Doch Matisse übernahm das Wort, da er das ungehobelte Benehmen dieses Weibsbilds bereits kannte.


"Ach nein, keineswegs. Die Straßen waren nicht zu aufgeweicht und die Pferde kamen gut voran. Allerdings bin ich froh, diesen doch recht harten Winter überstanden zu haben. Man wird ja nicht jünger, nicht wahr Madame?" Bellinda hielt die Luft an über diese letzten, doch sehr respektlosen Worte ihres Mannes und nahm sich vor, ihm auf dem Zimmer eine Standpauke zu halten.
Schließlich waren sie die Gäste und auf das Wohlwollen dieser beeindruckenden Frau angewiesen, wenn sie nicht in ein teures Hotel umsiedeln wollten. Doch Madame steckte diese Spitze ein, als habe sie keinerlei Bedeutung und nickte mit einem stummen Lachen.
"Wohl wahr. Doch wünsche ich nicht einmal meinem ärgsten Feind diese Gichtanfälle. Nicht, dass ich Feinde hätte. Es sind zwar wenige Freunde darunter, aber ein Feind würde Aufmerksamkeit verlangen und bisher gilt meine einzige Aufmerksamkeit meinem jungen Gast." Sie deutete lächelnd auf Miriam. "Und ich habe Eure Nichte lieb wie eine Tochter." Matisse lächelte dünn, hatte er doch die Drohung Madames deutlich vernommen, doch Bellinda strahlte beruhigt auf.
"Ihr seid so gütig, Madame!" hauchte sie gerührt und zupfte ihr Taschentuch aus dem kleinen Täschchen. Miriam seufzte und tätschelte beruhigend den Arm ihrer Tante.
"Meine Gemahlin hat Recht. Doch sind wir beide der Ansicht, dass wir Eure Großzügigkeit nicht über die Maßen beanspruchen sollten. Daher würde ich es gerne sehen, wenn du dich nicht allzu häuslich hier einrichtest, Miriam, sondern auf deine bevorstehende Eheschließung vorbereitest. Und davon merke ich leider nicht das Geringste."
Matisse leitete das Gespräch geschickt auf den Grund seines Besuches und nicht einmal der mahnende Blick seiner Frau hielt ihn davon ab, die doch immerhin der Meinung war, erst einmal das warme Essen abzuwarten, auf das sie sich so sehr freute. Doch nun war es zu spät und alle Augen richteten sich auf Miriam, die blass geworden wahr.
"Was genau willst du damit sagen, Onkel?" hauchte sie mit schmalen Lippen. Miriam spürte die beruhigende Hand ihrer Tante, ignorierte sie aber.
"Das weißt du sehr genau, Miriam! Monsieur Lechaivre berichtete mir bei seinem letzten Besuch enttäuscht, dass du nicht auf sein Werben eingehst und dich stattdessen eher abweisend verhältst." Seine Worte trafen Miriam wie eine kalte Dusche. Entgeistert riss sie die Augen auf und starrte ihren Onkel an.
"Er hat dich besucht?" fiepste sie kläglich. Niemand bemerkte, wie sich der Kopf von Madame Dubrés leicht senkte und Matisse zuwandte. So wirkte sie wie ein wütender Stier, der nun sein Ziel anvisierte. Doch Matisse schlug nur seine Beine übereinander, nachdem er sich ein Häppchen ausgesucht hatte und es zufrieden kaute. Die Stille während des Kauens war erdrückend.
"Selbstverständlich hat er mich besucht. Erst vor zwei Wochen, was mich dazu veranlasste, sofort bei Madame Dubrés um eine Besuchserlaubnis zu bitten. Er hat förmlich um deine Hand angehalten und ich habe sie ihm mit Freuden überreicht." verkündete er endlich.
Erneut wurde der Raum in tiefe Stille getaucht. Madames Blick wich nicht von Matisse, der dies konzentriert zu übersehen versuchte und seinerseits seinen Blick auf Miriam heftete. Bellinda hingegen erweckte den Eindruck, am Liebsten unter das Sofa zu krabbeln und starrte auf ihre Teetasse.
Miriam saß stocksteif auf dem vordersten Rand des Sofas und gaffte ihren Onkel sprachlos an. Jede Farbe war aus ihrem Gesicht gewichen und ihr Mund war leicht geöffnet.

1 Kommentar:

  1. Arme Miriam.

    Man muss mal überlegen, wie erbärmlich sich Lechaivre eigentlich verhält. "Onkel Matisse, die Miriam will nich mit mir spielen und ist immer gemein zu mir."

    Zu Selbstreflektion hat er ja noch nie geneigt.

    Nun ist Miriam also versprochen. Damti liegt der Hase also erstmal im Pfeffer. Doch ich glaube, dass es da jetzt erst richtig losgeht. Amanda wird sicherlich ihren Senf dazugeben. Und auch sie hat sicherlich ein paar Spitzen für Matisse übrig.
    Und auch Bellinda wird noch ihre Rolle zu spielen haben. Matisse verhält sich derzeit aber auch recht ungeschickt. Er steht allein als Mann in einem Raum und ihn umgben vier Frauen, von denen ihm nur seine Gattin wohlgesonnen ist, und die hat er auch noch gerade vergrätzt, indem er sich rüpelhaft gegenüber Madame verhaltn hat.

    Ich habe so eine leise Hoffnung, dass das eine Wendung nimmt, die so gar nicht in Matisse Sinne sein könte.

    Wo ist Sergej? :)

    Liebe Grüße
    Joe

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