Sonntag, 4. Juli 2010

Gedanken

Dies ist eine Fortsetzungsgeschichte. Für eine Inhaltsübersicht zu bisherigen Inhalten schaut doch bitte hier: Übersicht Nadja

Nadja saß im bequemen Polstersessel des kleinen Privatflugzeuges. Sie starrte aus dem Fenster. Der Pilot flog eine Schleife über der Insel um die richtige Richtung einzuschlagen und Nadja konnte noch einmal einen Blick über ihre Heimat des letzten halben Jahres werfen. Langsam gewann das Flugzeug an Höhe und die Insel wurde kleiner und rückte mehr und mehr aus dem Blickfeld.

Nadja hatte immer noch Tränen in den Augen. Etwas geschafft lehnte sie sich zurück und schloss die Augen um die Tränen ein wenig aufzuhalten. Der Abschied von den Mädchen war wirklich herzzerreißend gewesen. Selbst die Gäste, die drum herum gestanden hatten, hatten sich dem nicht ganz entziehen können.

Nadja versank in ihren Gedanken. Vor nicht ganz einem Jahr hatte sie ihre Familie verlassen um ein neues Leben in Deutschland zu beginnen. So viele Dinge waren passiert seitdem. Sie dachte an Boris und die Zeit, die sie im Puff verbracht hatte und die unzähligen Male, die sie vergewaltigt worden war. Sie dachte an den geheimnisvollen Tom, der sie, ohne mit der Wimper zu zucken, für 25.000 Euro freigekauft hatte.

Sie dachte an die Zeit auf Arramoa und wie schön es war, dort Freundinnen gefunden zu haben. Und auch der Besuch bei ihren Eltern kam ihr in Erinnerung und wie sie von den Bodyguards vor der Zwangshochzeit mit Ivan gerettet worden war. Ihr Atem wurde schwer und sie drückte sich ein bisschen mehr in den Sitz. Ihr Vertrauen zu Joe war grenzenlos aber wieder einmal verließ sie das, was sie Heimat nannte. Und wer weiß, ob es dort so schön war, wie sie sich erhofft hatte.

Alle auf Arramoa hatten gewusst, dass sie gehen würden. Und diejenigen, mit denen sie mehr zu tun gehabt hatte, waren alle an den Flughafen gekommen. Sie hatten ein großes Transparent gemalt auf dem 'Viel Glück Nadja', stand. Allen musste sie versprechen sich zu melden und Nadja glaubte in dem einen und anderen kritischen Blick auch etwas Neid erkannt zu haben. Wenn alles so klappte, wie Joe und sie sich das vorstellten, dann würde sie nun endgültig ihren Traum leben.


Nadja entspannte sich wieder etwas und schaute wieder aus dem Fenster. Die Insel war aus dem Sichtfeld verschwunden und nur das blaue Meer war zu sehen. Delfine schossen durch das Wasser und tanzten über die kleinen Wellenkronen. Unwillkürlich musste sie lächeln. Das muntere Tanzen der Delfine sah wunderschön aus. Immer noch stieg das Flugzeug und die Delfine wurden kleiner, bis auch sie nur noch Pünktchen im Wasser waren.

Von den Gesprächen im Flugzeug hatte sie bisher nicht viel mitbekommen. Sie hatte einfach den Kopf zu voll um dort zuzuhören. Die Männer waren nicht wirklich gehemmt. Es kam öfter mal vor, dass Mädchen auf dem Rückflug im Flugzeug saßen. Und so richtig vulgäre Gespräche wurden schließlich ohnehin nicht geführt. "Nadja?", erklangt Thorstens Stimme und wie in Zeitlupe drehte sie den Kopf. "Träumst du?", fragte er amüsiert und setzte sich neben sie.

1 Kommentar:

  1. Hachja... Abschied macht immer so sentimental. Und Nadja wird sich einmal mehr undankbar fühlen, obwohl ihr alle Welt versichert hat, dass sie keinen Grund dafür hat.
    Ich stells mir aber auch schwer vor, da in fremden Markenklamotten zu sitzen, im Gepäck einen Koffer, der nicht mir gehört und in einem Flugzeug, für das ich nicht bezahlen musste.

    Und wohin flieg ich? Zu einem Mann, der mein Zimmer eingerichtet hat, meine Schule bezahlen wird und mein Essen.

    Nadja sollte gut in der Schule aufpassen, damit sie sich irgendwann mal erkenntlich zeigen kann mit ihrem Wissen.

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