Mittwoch, 28. Juli 2010

Strom

Dies ist eine Fortsetzungsgeschichte. Für eine Inhaltsübersicht zu bisherigen Inhalten schaut doch bitte hier: Übersicht Nadja

Joe hielt es nicht mehr aus. "Was ist denn zu Hause passiert?", fragte er aufgeregt. Er musste sich arg im Zaum halten um nicht aufzuspringen. Langsam, wie in Zeitlupe setzte Nadja sich wieder auf die Bettkante neben ihn und starrte geradeaus ins Leere. Einmal mehr, stand sie ohnmächtig vor einer Situation in der sie nichts machen konnte. "Ich weiß nicht ob ich dir das sagen möchte.", flüsterte sie leise.

Sie hatte Angst vor seiner Reaktion. Oder hatte sie Angst, er würde nicht reagieren? Sagen, dass sei nicht sein Problem? "Hast du so wenig Vertrauen zu mir?", fragte Joe etwas gekränkt.

Das hatte gesessen. Verblüfft starrte Nadja ihn an. Für eine Sekunde verschwanden sogar das fiese Gefühl und der Kloß im Hals. "Wieso vertrauen? Klar vertraue ich dir!", gab sie fast empört zurück. Joe schluckte. Hatte er sich erneut im Ton vergriffen? Er wollte doch nur wissen, warum seine Nadja so geweint hatte. Hatte er nicht das Recht, das zu erfahren? Er würde doch alles in seiner Macht stehende tun, um jedes Problem zu lösen, dass man ihm zutrug.

"Ich möchte doch nur wissen, warum du geweint hast.", sagte er leise. Und sofort spürte Nadja wieder die Trauer. Jetzt hatte sie auch noch Joe vor den Kopf gestoßen. "Tut mir leid. Ich fühle mich nur so..." Sie suchte nach dem richtigen Wort. "...nutzlos!", stieß sie dann hervor. "Ich sollte zu Hause sein und meiner Mama helfen. Und ich bin hier und fahre in einem Auto herum, das mir nicht gehört und lerne für eine Schule, die ich mir nie leisten könnte. Ich habe all das nicht verdient. Wenn ich nicht von zu Hause weggelaufen wäre, dann wäre jetzt nicht alles so schlimm und ich wäre zwar mit Ivan verheiratet. Aber meine Mama wäre bestimmt nicht geschieden, weil mein Papa nicht so böse geworden wäre und dann müsste sie jetzt nicht ohne Strom in der Wohnung sitzen."

Nadja hatte über ihren Vortrag fast das Luftholen vergessen und japste etwas. Sie hatte sehr schnell gesprochen und sich alles von der Seele geredet, was ihr in den vergangenen Stunden durch den Kopf gegangen war. Joe hatte zwar verstanden, was sie gesagt hatte, aber konnte nicht ganz folgen. "Sagst du es mir bitte nochmal? Langsam?", bat er ganz lieb und wollte sie an sich drücken. Doch sie versteifte sich. Entzog sich ihm sogar.

Verwirrt ließ er sie wegrücken. Zögerlich griff er nach ihrer Hand, als sie immer noch nicht antwortete. Fast widerwillig überließ sie ihm ihre Finger und starrte weiter auf den Teppich vor dem Bett. "Ich sollte nicht hier sein.", wiederholte sie nun langsam. "Und wo solltest du sein?", fragte Joe langsam. Diesmal wollte er alles mitbekommen. "Ich sollte bei meiner Mama sein.", sagte sie und nahm ihm nun auch die Hand wieder weg.

Joe fühlte sich gedemütigt. Warum ließ sie nicht zu, dass er sie tröstete? Warum entzog sie sich ihm? Was hatte er falsch gemacht? Zorn stieg in ihm auf. Warum machten Frauen immer alles so kompliziert. Es gab irgendein Problem mit dem Strom in der Wohnung von Nadjas Mama. Warum sagte sie nicht worum es ging und bat ihn es zu lösen? Wahrscheinlich war es irgendeine Lächerlichkeit, welche sich mit zwei Telefonaten erledigen ließ. Fest presste er die Lippen aufeinander.

"Du wärst aber nicht bei deiner Mama. Du wärst bei diesem Stinktier Ivan und würdest in seinem Bett schlafen!", polterte er schließlich los. Ein weiteres Mal, sah sie ihn fassungslos an. Dann stand sie auf und ging erneut ins Bad. Joe konnte nur hören, wie der Schlüssel von innen herumgedreht wurde. Danach war nur noch das Rauschen der Dusche zu hören. Nadja hatte sie aufgedreht, damit das Plätschern des Wassers ihre Schluchzer überdenken würde. Vom Gefühl der Hilflosigkeit zerfressen drückte sie sich an die Wand und sank langsam zu Boden, wo sie sich zusammenkauerte.

1 Kommentar:

  1. Ah, dass diese Teenys immer alles so dramatisch machen müssen.. der Kleinen gehört der Hintern versohlt, jawohl. Auch wenn ihr Grundgedanke ja liebevoll ist, vergisst sie ganz dabei, dass auch Joe liebevolle Gedanken hat. Aber dieser Stoffel hat ja auch keine Erfahrung mit Mädels. Achja *seufz* Sie wird nicht ewig im Bad hocken können. Da muss Joe schon mal energisch werden.

    Wenigstens ist nun klar, warum Mama ihr Handy nicht aufladen kann. Sie hätte der kleinen Schwester mal das Handy mit in die Schule geben sollen. Da gibts Strom zum Aufladen. Obwohl.. da wirds dann geklaut *grübel*

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