Samstag, 30. Juni 2012

Noctambule III - Rückblick: Brids Jagdrausch

Dies ist ein Kapitel aus KayGees Noctambule Band Drei. Für eine Inhaltsübersicht zu bereits veröffentlichten Inhalten schaut doch bitte hier: Inhaltsübersicht Noctambule III

Nach zwei Wochen tauchte ein Wagen vor dem Haus auf. Agnes sprang auf, als sie das Geräusch hörte und schaute aus dem Fenster. Aufgeregt lief sie zur Amélie, stieß jedoch unterwegs gegen Brid, die verschlafen aus dem Zimmer taumelte.
"Was ist das schon wieder für ein Lärm?" maulte sie und wich leicht zurück vor der Helligkeit, die draußen herrschte. Agnes schob sie ins Zimmer zurück.



"Nathan und Lucie. Ich glaube, sie haben das Baby dabei." wisperte sie. "Du kannst so nicht auftauchen. Zieh wenigstens dein Kleid an! Und Armand muss drin bleiben, der arbeitet doch tagsüber." Brid ließ sich verwirrt zurückschieben und Agnes lief freudig zu der Kranken weiter, die neugierig zu Agnes schaute.
"Ist das mein Junge?" fragte sie hoffnungsvoll. Agnes nickte und strahlte sie an.
"Ja.. und er ist nicht alleine!" erklärte sie feierlich, während sie Amélie half, sich aufzusetzen. Agnes war froh, ihr morgens die Haare frisch gewaschen und geflochten zu haben. Jetzt bekam das faltige Gesicht sogar einen rosigen Schimmer und die blassblauen Augen leuchteten. Agnes strich die Bettdecke glatt und ordnete Amélies Nachthemd noch ein wenig.
"Gut siehst du aus!" erklärte sie zufrieden und schaute zur Tür. "Sie sind gleich da. Ich empfange sie schnell." informierte sie ihren Schützling und huschte hinaus, rasch noch selbst ihre Haare ordnend.
Nathan sprang gerade von dem Wagen herunter und ließ sich ein kleines, dick eingepacktes Bündel von seiner Frau reichen, das er wie einen zerbrechlichen Schatz im Arm hielt. Mit der freien Hand half er seiner Frau vom Wagen herunter, die sofort das Bündel wieder an sich nahm, als sie festen Boden unter den Füßen hatte. Agnes sah Nathan mit stolz geschwellter Brust und breitem Grinsen auf das Haus zustapfen. Sie riss die Tür auf und lief ihnen entgegen.
"Wir haben so sehr gehofft, dass es Euch gut geht!" rief sie freudig aus und warf einen ungeduldigen Blick in die warme Hülle aus Stoff. Verzückt blickte sie auf das kleine Gesicht und die winzigen Fäustchen.
"Wie schön!" flüsterte sie andächtig und tauschte einen strahlenden Blick mit der stolzen Mutter. "Ich bin so froh!" Lucie nickte lächelnd und ließ sich von Nathan in das Haus hinein führen. Sie gingen sofort in das Zimmer von Amélie, ohne allerdings die Tür zu schließen. Agnes hörte das freudige Krächzen der Alten und die leisen Stimmen der jungen Eltern. Lächelnd stand sie im Flur, als Brid leise die Tür öffnete und mit schnellem Blick den Flur entlang sah. Agnes hielt den Atem an. Sie hatte nicht nur das hastig übergeworfene Kleid Brids bemerkt, die unordentliche Frisur und die offenen Knöpfe am Mieder. Sie sah Brids hungrigen Blick und das kurze Aufblitzen ihrer scharfen Zähne.
"Nein!" Sie warf sich gegen ihre Freundin und schob sie zurück ins Zimmer. Brid machte einen Schritt zurück, sodass Agnes die Tür schließen konnte. Im dämmrigen Licht des abgedunkelten Zimmers sah sie Armand mit nacktem Oberkörper im Bett sitzen und wandte verlegten den Blick ab.
"Was heißt hier nein? Du hast mir doch gesagt, ich soll ein Kleid anziehen!" zischte Brid und öffnete witternd die Nase. Agnes hob beschwörend die Hände.
"Nicht in deinem Zustand! Du wirst sofort über die beiden herfallen! Das sind unsere Vermieter, Brid! Du darfst da nicht raus!" flüsterte Agnes und lehnte sich mit ausgebreiteten Armen gegen die Tür. Zu ihrem Schreck sah sie das Auffunkeln in Brids Augen und das bösartige Lächeln, mit dem sie nun das Mädchen musterte.
"Und ausgerechnet du willst mich davon abhalten?" schnurrte ihre samtige Stimme. Agnes wurde von einer eisigen Gänsehaut überrollt. Ihre Augen weiteten sich vor Schreck.
"Brid!" Armands dunkle Stimme war nicht laut, aber so scharf, dass Agnes zusammenzuckte. Jetzt erst sah sie, dass Armand aufgesprungen war und hinter Brid stand. Sie hatte die Bewegung nicht gesehen, allerdings sah sie nun einen Teil seiner nackten Hüfte und wurde dunkelrot.
Armands Hände hatten sich fest um Brids Oberarme geschlossen und sein Kopf neigte sich zu ihrem Ohr. Agnes sah die vorfallenden schwarzen Haare und das Funkeln in seinen schwarzen Augen, als er den Blick zu ihr hob.
"Komm wieder ins Bett. Du bist noch gar nicht richtig wach." raunte er leise in ihr Ohr. Brid blinzelte. Agnes begriff, dass Brid durch das schnelle Aufstehen und den Duft der jungen Menschen sofort in einen Jagdrausch gefallen war, der auch ihr gefährlich werden könnte. Dankbar starrte sie zu Armand, der Brid nun sanft zum Bett steuerte. Dabei versuchte sie verlegen, nur in seine Augen zu sehen.
"Geh einfach raus." raunte er ihr zu. Agnes ließ sich das nicht zweimal sagen. Völlig verwirrt floh sie aus dem Raum, stieß jedoch vor der Tür beinahe mit Lucie zusammen, die sie mit seltsamem Blick ansah.
"War das eben nicht deine Herrin, die ich da gesehen habe?" Agnes hielt die Luft an. Die Farbe wich aus ihrem Gesicht und sie begann zu stammeln.
"Ja. Sie.. sie ist etwas krank. Fieber. Nichts Ernstes." nun fing sie sich wieder und setzte ein Lächeln auf. "Ich will nur nicht, dass sie Amélie ansteckt oder vielleicht noch das Kind!" erklärte sie nun. Lucie musterte sie intensiv und blickte dann auf die geschlossene Tür. Agnes hatte heftiges Herzklopfen und fragte sich, was Lucie genau gesehen hatte. Den kurzen Moment, in dem Brid ihre Zähne gezeigt hatte? Fieberhaft überlegte Agnes nun, wie sie Lucie ablenken konnte.
"Bitte, darf ich das Kind noch einmal sehen?" Zu ihrer Erleichterung ließ Lucie sich darauf ein und ihr Gesicht hellte sich auf. Agnes schob Lucie sanft zurück ins Krankenzimmer, wo Nathan das Kind hoch hielt, damit Amélie es gut sehen konnte. "Ist es ein Junge oder Mädchen? Wie heißt es?" plapperte Agnes eifrig und seufzte erleichtert, als Lucie sich neben ihrem Mann niederließ.
Sie hörte aufmerksam zu, lobte die gesunde Gesichtsfarbe des Kindes und nahm rege an dem Gespräch der beiden Frauen über Kinderpflege teil, hatte sie doch selbst jüngere Geschwister groß gezogen. Doch sie blieb unruhig und riss sich immer wieder zusammen, wenn sie den seltsamen, beobachtenden Blick Lucies auf sich ruhen spürte.
Als die glücklichen Eltern ihren Besuch endlich beendeten und ab fuhren, atmete Agnes zittrig aus und lehnte sich an die Außenwand des Hauses, weil ihre Knie weich wurden.
"Gott sei Dank." murmelte sie und blickte in den blauen Himmel. Als sie ein letztes Mal dem Wagen hinterher sah, bemerkte sie, dass Lucie sich umgedreht und sie beobachtet hatte.

1 Kommentar:

  1. Dumme neugierige Lucie - Du findest doch nur sachen heraus, die du gar nicht wissen wolltest.

    Hoffentlich geht das gut und Armand hat Brid zu beschäftigen gewusst und weiss es jetzt auch noch. Für die Vampirin sollte es ein leichtes sein, die Kutsche einzuholen.

    Agnes sollte sich vielleicht besser auch noch ein wenig verkriechen, bis Brid in der Nachg Gelegenheit hatte, sich zu sättigen.

    Jedenfalls liegt da durchaus Ärger in der Luft. Hoffen wir mal, das es nicht dazu kommt.

    LG
    Joe

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