Montag, 29. April 2013

Leb wohl

Dies ist eine Fortsetzungsgeschichte. Für eine Inhaltsübersicht zu bisherigen Inhalten schaut doch bitte hier: Übersicht Nadja

"Ich wollte dich noch ein letztes Mal sehen.", sagte Nadja eiskalt. Sie zog sich den Stuhl heran und ließ sich darauf nieder. "Ein letztes Mal?", hakte Mykola etwas verdutzt nach. "Schatz, ich muss nicht sterben. Es ist nur eine Schusswunde.", sagte er beruhigend.

Der Polizist wurde etwas nervös. Er hatte nicht bedacht, dass die beiden Ukrainisch sprechen würden und er kein Wort verstand. Das Mädchen konnte dem Mann alles erzählen. Wurden hier gerade Nachrichten aus dem organisierten Verbrechen überbracht und das Mädchen war nur ein Bote? Doch jetzt traute er sich nicht mehr die Situation abzubrechen. Dennoch zog er sein Handy aus der Tasche und startete unauffällig das Aufnahmeprogramm. Vielleicht würde das ja mal wichtig werden.

"Du wirst irgendwann sterben. Nicht heute und nicht bald, vermutlich.", sagte Nadja und ihre Stimme hatte nichts von der Kälte verloren. Mykola begann zu dämmern, dass dies kein Versöhnungsbesuch war und er schluckte vernehmlich. "Ich bin schwanger, Mykola.", sagte Nadja und legte sich die Hände auf den Bauch. Sie lehnte sich etwas zurück und ließ ihn einen Blick auf den Bauch werfen. "Schwanger?", krächzte Mykola.

"Ja. In etwa fünf Monaten bekomme ich ein Baby und du wirst es niemals sehen! Du wolltest mich entführen. Du hast Mama mit einer Pistole bedroht und das sind nur die Aktionen der letzten paar Tage! Was vorher war noch gar nicht zu reden. Du wirst entweder hier im Knast landen oder in die Ukraine abgeschoben. Vielleicht auch erst das eine und dann das andere. Aber sei sicher, dass wir uns nicht mehr sehen werden!"

Völlig entgeistert starrte Mykola sie weiter an. "Du bist für mich gestorben!", zischte Nadja und erhob sich nun. "Ich wollte nur sicher gehen, dass du das weißt. Wag es nicht, mich je wieder anzurufen, zu besuchen oder sonstwie zu kontaktieren! Ich will dich nie wieder sehen! Ich werde heute Abend meinen Abschlussball feiern. Und es ist nicht nur der Abschluss der Schule sondern auch von einem Leben in dem ich einen Vater hatte. Leb wohl. Oder auch nicht. Ist mir egal!" Mit den letzten Worten erhob sie sich und ging aus dem Zimmer.

"Nadja!", rief Mykola ihr noch nach so sehr es möglich war. Der Hals war nach wie vor gereizt von der Intubation während der Operation und so zog sei Versuch nur einen ziemlich üblen Hustenanfall nach sich, der ihn gequält aufstöhnen ließ, weil das Schütteln den Schmerz in er Schulter neu entfacht. Nadja indes, rauschte einfach aus dem Zimmer. "Danke.", sagte sie zu dem Polizisten und nickte ihm freundlich zu. Der war nach wie vor viel zu verdutzt um sie aufzuhalten. Dann steuerte sie an Joe und Rutten vorbei Richtung Aufzug. "Gehen wir. Ich bin fertig!", verkündete sie eiskalt.

Etwas verdutzt folgten Rutten und Joe ihr in den Aufzug. Kaum, dass die Tür sich geschlossen hatte, presste sie sich an Joes Schulter und ein lautes Schluchzen entfuhr ihrer Kehle.

1 Kommentar:

  1. Jaaaaa, sowas tut schrecklich weh. In dem Moment, in dem man handelt, versteinert man erst einmal. Aber sobald man aus der Situation herausgeht, ist der Schmerz so groß, dass die Nähe eines geliebten Menschen den Staudamm aufbricht, der sich in all der Zeit angesammelt hat.

    Aber sie ist ihren Zorn und Schmerz an der richtigen Adresse los geworden und wird es verwinden. Ihre Worte waren richtig: Der Abschlussball ist ein besonderer Abschluss. Soll sie ihn feiern und genießen!

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