Freitag, 21. September 2012

Noctambule III: Himmel und Erde

Dies ist ein Kapitel aus KayGees Noctambule Band Drei. Für eine Inhaltsübersicht zu bereits veröffentlichten Inhalten schaut doch bitte hier: Inhaltsübersicht Noctambule III

"Und jetzt?" fragte Jocelyn Maurice. Der zuckte mit den Schultern und blickte sich um. Doch der Platz war leer und ruhig. In einiger Entfernung konnte er ein paar erhellte Fenster erkennen, doch die würden wohl bald verschwinden, weil die Bewohner der Häuser schlafen gingen.
"Wir warten." erklärte er stoisch. Jocelyn sprang wieder herunter und ging einige Schritte auf und ab. Die Bewegung tat ihr nach dem langen Sitzen gut und sie streckte sich, um die Wirbelsäule wieder zu straffen.


"Und jetzt?" fragte sie Maurice. Der zuckte mit den Schultern und blickte sich um. Doch der Platz war leer und ruhig. In einiger Entfernung konnte er ein paar erhellte Fenster erkennen, doch die würden wohl bald verschwinden, weil die Bewohner der Häuser schlafen gingen.
"Wir warten." erklärte er stoisch. Jocelyn sprang wieder herunter und ging einige Schritte auf und ab. Die Bewegung tat ihr nach dem langen Sitzen gut und sie streckte sich, um die Wirbelsäule wieder zu straffen.
"Und wenn sie nicht kommen? Woher wissen sie denn, dass wir da sind?" fragte sie im Plauderton. Maurice schnaufte leicht. Er hatte sich diese Frage selbst schon gestellt und war ein wenig ratlos. Er verbrachte höchst ungern die Nächte unter freiem Himmel und auch wenn sein Bett in den Klosterruinen wirklich nicht bequem gewesen war vermisste er es dennoch jetzt schon.
"Sie werden schon kommen. Wir warten einfach." wiederholte er fest und schlug den Kragen seiner Jacke hoch. Jocelyn hüpfte über den Boden, als würde sie ein imaginäres Hüpfspiel spielen. Maurice verfolgte ihre Sprünge mit verständnislosem Blick, bis er es nicht mehr aushielt.
"Was treibst du da bitte?" fragte er schließlich. Jocelyn hielt inne und warf ihm ein strahlendes Lächeln zu.
"Machst du mit? Ist ganz einfach!" Sie blickte sich um und hob einen kleinen Stock auf, mit dem sie Kästchen in den Boden kratzte. Maurice schaute mit steigendem Unbehagen zu. Als sie fertig war, winkte sie ihm zu.
"Komm her! Es ist ganz einfach!" rief sie. Maurice räusperte sich und warf kurze Blicke über die Schulter. Er konnte sich nicht helfen, das Gefühl, plötzlich von ganz Marseille beobachtet zu werden, wuchs mit jeder Sekunde.
"Ehm.. vielleicht machst du es erst einmal vor." Seine Stimme war ein wenig heiser vor Verlegenheit. Jocelyn nickte und sammelte einen Stein vom Boden auf. Sie warf ihn in den ersten Kasten vor ihren Füßen, raffte die Röcke und sprang über diesen Kasten hinüber in die anderen.
"Schau! Es heißt Himmel und Erde. In jeden Kasten darf immer nur ein Fuß und das Feld mit dem Stein muss übersprungen werden. Wer einen Fehler macht, scheidet aus." erklärte sie und erreichte den letzten Kasten ihrer Zeichnung. Sie drehte um und hüpfte zurück. Maurice nickte verstehend und blieb sitzen.
"Das ist aber doch kein Spiel für einen Mann in meinem Alter." warf er zaghaft ein und löste ein helles Lachen bei Jocelyn ein.
"Papperlapapp! Du bist doch fit! Komm schon! Das macht Spaß!" Sie warf ihm einen bettelnden Blick zu und da er weiterhin zögerte, machte sie einen Schmollmund. Maurice wand sich schrecklich herum. Aber noch immer kämpfte die Butlerwürde gegen die Zuneigung zu dem Wildfang vor sich.
Ein Räuspern ließ Joscelyn herumfahren.
"Ich würde es schon gerne sehen, Maurice. Mach doch mal." Aus dem Dunkel näherte sich eine sehr hohe Gestalt dem Lichtkreis der Fackel am Wagen. Als Jocelyn dahinter das Gesicht Anyas erkannte, quietschte sie freudig auf und stürmte los. Sie umarmte Anya jedoch sehr vorsichtig, als sie das Baby in dem Trageschal entdeckte und ihre Aufmerksamkeit wandte sich sofort dem Kind zu.
"Ist das schön, dich wieder zu sehen!! Oooooh.. das ist er!" Ihre Stimme wurde andächtig, als sie in die großen, staunenden Augen des Babys sah. Vorsichtig strich sie mit dem Zeigefinger über die Wange und löste ein kleines Glucksen aus, das sie sofort zum Strahlen brachte.
"Er mag mich!" hauchte sie leise und lächelte glücklich. "Ach Gott, ist der süß!"
Während die beiden Frauen über dem Kind die Köpfe zusammensteckten, trat Maurice auf Armand zu und machte einen Diener.
"Ich bin sehr froh, Euch zu sehen, Monsieur. Obwohl ich mir doch eine Rettung gewünscht hätte." meinte er schmunzelnd. Armand grinste kurz und wandte ihm den Kopf zu, nachdem er mit einigem Stolz Jocelyn und Raoul beobachtet hatte.
"Aber Maurice, das wäre die zweite Rettung aus einer heiklen Situation gewesen. Man darf es nicht übertreiben." Maurice seufzte übertrieben und straffte die Schultern.
"Das verstehe ich Monsieur. Ich bin hocherfreut, Euch und Madame in gesunder Verfassung zu sehen. Darf ich meine innigsten Glückwünsche zu eurem Stammhalter äußern?" Armand neigte dankend lächelnd den Kopf und schaute wieder zu den beiden jungen Frauen. Im gleichen Augenblick hob Anya den Blick, fing seinen ein und sandte ihm ein inniges Lächeln. Maurice bemerkte den kurzen Austausch der beiden und ihm wurde warm ums Herz. Noch nie hatte er so tiefe Gefühle bei Menschen erlebt, nicht einmal in seiner eigenen Ehe. Doch Armand unterbrach seine romantischen Gedanken rüde.
"Wir haben leider wenig Zeit. Ich bin dringend auf deine Hilfe angewiesen, Maurice. Jocelyn, ich bin sehr froh, dass du mitgekommen bist. Auch deine Hilfe könnte nötig sein." Er schob Jocelyn sanft von Anya fort, hob diese auf seine Arme und trug sie zu dem Karren. Eilig kletterte Maurice in den Laderaum und räumte das Gepäck zusammen, sodass Anya genug Platz zum Sitzen hatte. Sogar für Armand und seine langen Beine war noch Raum. Jocelyn kletterte schon auf den Kutschbock und schob die Plane leicht zur Seite, um in den Wagen zu sehen.
"Ist es bequem?" fragte sie fürsorglich.
"Ja." kam Armands Stimme aus dem Dunkel. "Fahrt nach Norden. Ich zeige euch den Weg. Dort werden wir auf Sergej stoßen und die weitere Vorgehensweise beraten. Unterwegs berichte ich euch, was geschehen ist." Maurice schloss die Plane am hinteren Ende des Wagens und mühte sich auf die Bank neben Jocelyn.
"Wir sind ganz Ohr, Monsieur! Und ich könnte schwören, dass Euer Bericht der Beginn eines weiteren Abenteuers für mein armes Butlerherz ist." meinte er und hörte Anyas leises Lachen. Alleine dafür hatte sich dieser Satz schon gelohnt, dachte sich Maurice schmunzelnd und trieb die Pferde an. Plötzlich war seine Haltung auf der harten Bank sehr aufrecht und gerade. Ihm war eingefallen, dass er stur behauptet hatte, man würde sie schon finden. Er hatte Recht gehabt. Auf seinen Herrn konnte man sich eben immer verlassen.

1 Kommentar:

  1. Da ist Maurice aber gerade noch mal so davon gekommen, ehe er Hüpfspiele machen musste. :)

    Jetzt frag ich mich aber schon, wie Armand wissen konnte, dass der Butler gerade da war :)

    Das Wiedersehen ist sehr herzlich und ich bin gespannt, wie der Plan nun lautet. Sie müssen Sergej aufsammeln und dann Miriam finden.

    So zielstrebig, wie Armand gerade ist, scheint er einen Plan zu haben. Ob in diesem Plan schon vorkommt, dass Yanis etwas ausgerastet ist und mit einer Armbrust lauert?

    Der zweite Spannungsbogen nimmt jedenfalls fahrt auf. Mir gefällt es!

    Und ich finde Maurice und Jocelyn sind ein total süßes Pärchen. Überhaupt ist Jocelyn, die ja zuletzt noch völlig ernst war, endlich etwas unbeschwert. Sie kann ihre Kindheit nachholen, welche ihr vorher ja verwehrt war.

    Hoffentlich kommt sie heil aus dem nächsten Abenteuer rund um die Vampire heraus.

    LG
    Joe

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