Donnerstag, 20. September 2012

Nicht untätig

Dies ist eine Fortsetzungsgeschichte. Für eine Inhaltsübersicht zu bisherigen Inhalten schaut doch bitte hier: Übersicht Nadja

Joe hatte versprochen zur Verhandlung auch zu kommen. Er wollte einfach Unterstützung signalisieren. Außerdem konnte es ja auch gut sein, dass Walter Pierce ihn als Zeugen hören wollte, wenn es um die bisherigen Lebensumstände der Familie in den USA ging. Allerdings wollte er morgens doch noch für ein paar Stunden ins Büro. So spontan einen ganzen Tag die Arbeit auszulassen, würde den Terminkalender zu sehr belasten. Für die Besprechung vor der Verhandlung traf man sich diesmal im Büro des Anwalts in der Innenstadt, unweit des Gerichtsgebäudes.

Nadja fuhr morgens mit Maria in die Innenstadt. Lelya würde selbst auch dorthin kommen, nachdem sie es hoffentlich geschafft hatte, sich auf der Arbeit diskret zu entschuldigen. Der Gerichtstermin war für elf Uhr angesetzt. Der Anwalt hatte gebeten, man möge sich doch bereits um neun an seinem Büro treffen um die letzten Kleinigkeiten zu besprechen. Pünktlich parkte Nadja ihren Wagen in einem Parkhaus in der Innenstadt und stieg mit Maria aus.

Marias patzige Laune vom Wochenende war einer unbeschreiblichen Aufregung gewichen. Sie plapperte in einem fort. Dabei erschuf sie in der einen Minute Horrorszenarien, wie sie alle in die Ukraine ausgewiesen würden und dort wieder in Armut leben mussten, und in der nächsten Minute erzählte sie, wie es sein könnte, wenn Mama und Papa sich wieder vertragen würden und man endlich wieder als Familie leben könnte. Nadja ging dieser Redeschwall fast noch mehr auf den Geist, als das zur Schau getragene Elend vom Wochenende, doch sie tröstete sich damit, dass es ihr selbst keine Gelegenheit ließ um ins Grübeln zu verfallen.

Walter Pierce hatte sein Büro in einer großen Kanzlei. Nadja und Maria wurden von einer Angestellten durch die modernen Büroräume geführt und schließlich in einem riesenhaften Büro platziert. "Warten Sie hier bitte, Mr Pierce wird gleich für Sie da sein.", erklärte die junge Frau. Dann rauschte sie ab. Das Büro strahlte das gleiche Chaos aus, wie schon die Kleidung des Anwalts beim ersten Treffen in Joes Haus. Auf dem Schreibtisch türmten sich Aktenberge und begruben den Computer fast unter sich. Auch der Rest des Büros sah nicht besser aus und Nadja begann sich zu fragen, wie der Mann in diesem Chaos wohl seine Akten wiederfand.

Wenigstens hatte der Anblick des Gebäudes Maria zum verstummen gebracht und sie saß mucksmäuschenstill auf dem Sofa neben Nadja. Wenig später kam Walter Pierce herein. Er trug einen Kaffeebecher aus Pappe in der Hand. Neben ihm ging Lelya und lächelte leicht, als sie ihre Töchter sah. "Guten Morgen zusammen.", meinte der Anwalt und genehmigte sich den letzten tiefen Schluck aus seinem Becher, den er danach achtlos in den Mülleimer pfefferte. "Guten Morgen.", kam es von Nadja und Maria zurück. "Dann wollen wir mal. Ich war am Wochenende nicht ganz untätig!", erklärte er und nahm am Schreibtisch platz.

1 Kommentar:

  1. Naja, von chaotischem Büro und knitterigem Anzug darf man sich nicht täuschen lassen. Da kann ein brilliantes Hirn dahinter stecken. Und immerhin wurde dieser Anwalt empfohlen.

    Ich kann mir gut vorstellen, dass Lelya sehr nervös ist. Vielleicht hat der Anwalt ja noch eine zundende Idee? Ich will irgendwie auf gar keinen Fall dass dieser Saukerl von Mykola Erfolg hat!
    LG Kay

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